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Deutscher Rheumatologiekongress 2021, 49. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 35. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh), Wissenschaftliche Herbsttagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR)

15.09. - 18.09.2021, virtuell

Fallstricke bei der Diagnostik der SARS-CoV2-Infektion und COVID-19-Erkrankung – Erfahrungen aus einer rheumatologischen Schwerpunktpraxis

Meeting Abstract

  • Stephanie Werner - RHIO Düsseldorf – Rheumatologie – Immunologie – Osteologie, Düsseldorf
  • Hans-Eckhard Langer - RHIO Düsseldorf – Rheumatologie – Immunologie – Osteologie, Düsseldorf
  • Paul Höhenrieder - Universität Witten/Herdecke, Witten
  • René Chatelain - Universität Witten/Herdecke, Witten; Evangelisches Krankenhaus Düsseldorf, Düsseldorf

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie. Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie. Deutscher Rheumatologiekongress 2021, 49. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 35. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh), Wissenschaftliche Herbsttagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR). sine loco [digital], 15.-18.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocCO.18

doi: 10.3205/21dgrh018, urn:nbn:de:0183-21dgrh0189

Veröffentlicht: 14. September 2021

© 2021 Werner et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Einleitung: Die PCR-Diagnostik gilt als Goldstandard zur Diagnosesicherung einer Infektion mit SARS-CoV2 (severe acute respiratory syndrome coronavirus 2) und einer damit einhergehenden COVID-19-Erkrankung im Frühstadium. Die systematische Aufarbeitung von Krankheitsgeschichten von Patienten aus der rheumatologischen Routineversorgung und die Diskrepanz zwischen den typischen Symptomen einer COVID-19-Erkrankung, den Ergebnissen der PCR (polymerase chain reaction) als auch SARS-CoV2-Antikörpertests warf die Frage auf, ob die PCR möglicherweise überschätzt wird und der serologische Antikörpernachweis bei typischer Symptomatologie zu einem entscheidenden Informationsgewinn führen könnte. Ziel war es daher, im Rahmen einer retrospektiven Fallanalyse die Bedeutung der PCR und des Antikörpertests in einer Kohorte aus Patienten mit entzündlich-rheumatischer Erkrankung abzuschätzen.

Methoden: Im Zeitraum von März 2020 bis Dezember 2020 fanden sich n=35 Patienten mit der Diagnose einer SARS-COV2-Infektion. Alle klinischen Symptome als auch Befunde aus externen Laboren oder eingehenden Arztberichten (PCR-Ergebnisse, Antikörpertests oder Bildgebung) dieser Patienten wurden dokumentiert. Bei Patienten mit typischen Symptomen einer COVID-19-Erkrankung aber bisher noch nicht etablierter Diagnose wurde ein Antikörpertest (ELISA für SARS-CoV2 IgG, IgA, IgM, Euroimmun) vor Ort im Rahmen der rheumatologischen Verlaufskontrolle durchgeführt.

Ergebnisse: Bei n=15/35 (43%) wurde eine PCR durchgeführt, bei n=13/25 (39%) mit Beginn der ersten Symptome, bei 2 Patienten erst 2 Monate später. Bei n=7/13 (54%) der früh getesteten Patienten zeigte sich die PCR positiv. Bei den 2 spät getesteten Patienten war die PCR negativ.

Bei zwei initial negativ getesteten Patienten trotz typischer Symptome war die zweite PCR positiv.

In n=29/35 Patienten (83%) wurde ein SARS-CoV2-Antikörpertest im Rahmen der rheumatologischen Kontrolluntersuchung durchgeführt. Das Intervall zwischen den ersten Symptomen und dem Antikörpertest war im Mittel 98 Tage (Median 86, Range 4-283 Tage). Bei allen (100%) war dieser positiv und konnte die Diagnose einer COVID-19-Erkrankung bestätigen.

Der Antiköpertest war bei allen Patienten mit positiver PCR positiv.

SARS-CoV2 IgM-Antikörper waren in n=2/35 positiv (wobei 55 und 71 Tage nach Symptombeginn), n=8/29 (28%) nur IgG, n=9/29 (31%) IgG und IgA und n=12/29 (41%) nur IgA positiv. Bei diesen Patienten konnten auch im Verlauf keine IgG-Antikörper nachgewiesen werden.

Ein Teil der Antiköpertiter waren sehr hoch, ein anderer Teil jedoch sehr niedrig, teilweise gerade oberhalb des Normalwertes.

In n=13/35 (37%) Patienten wurde die Diagnose mit Beginn der ersten Symptome gestellt und zog somit Konsequenzen des Gesundheitsamtes mit sich.

Bei einem Großteil der Patienten n=22/35 (63%) wurde die Diagnose einer SARS-CoV2-Infektion erst retrospektiv gestellt. Nichtdestotrotz hatten sich 5/22 Patienten (23%) mit typischen klinischen Symptomen während der symptomatischen Phase selbstständig in Quarantäne begeben.

Bei n=12 Patienten konnten Titer-Verläufe erhoben werden. Bei n=7/12 (58%) wurde der Titer im Verlauf negativ (im Mittel nach 188 Tagen, Median 202, Range 51-296 Tagen). Bei n=5/12 (42%) blieb der Titer positiv (im Mittel 190 Tage, Median 191, Range 122-260 Tage). Der Wechsel des Titers war unabhängig von der Schwere der COVID-19-Erkrankung und der antirheumatischen Therapie.

Schlussfolgerung: Die PCR-Diagnostik gilt als Goldstandard zur Früh-Diagnose einer aktiven Infektion mit SARS-CoV2. Unsere Ergebnisse aus einer vergleichsweise kleinen Stichprobe von Patienten mit rheumatischen Erkrankungen vermitteln aber den Eindruck, daß die PCR nicht als Goldstandard gewertet werden sollte. Bei einem Großteil der Patienten ist entweder keine PCR erfolgt, oder sie war falsch negativ. Über eine ergänzende Antikörpertestung konnte die Diagnose jedoch etabliert werden, bemerkenswerterweise sehr häufig erst im Rahmen der rheumatologischen Verlaufskontrolle. Bei klinisch eindeutiger Symptomatologie scheint der zusätzliche Einsatz der Antikörpertests daher empfehlenswert.

Auch zeigte sich, ähnlich wie bei anderen Viruserkrankungen, dass bei manchen Patienten nur niedrige Antikörpertiter gemessen werden konnten und auch eine Serokonversion mit Entwicklung von IgG teilweise ausblieb, welches die Diagnostik zusätzlich erschwert.

Der nachgewiesene Abfall bzw. die Normalisierung der Antikörpertiter bei einem Teil der Patienten unterstützt die Empfehlung eine Impfung auch nach abgelaufener SARS-CoV2-Infektion durchzuführen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es bezüglich der Diagnostik der SARS-CoV2-Infektion und der COVID-19-Erkrankung einige Fallstricke gibt und noch ein erheblicher Bedarf an Forschung notwendig ist. Groß angelegte Antikörpertests könnten mehr Kenntnisse über die Erkrankung und die Dunkelziffer unentdeckter Infektionen ergeben.

Disclosures: Es liegt kein Interessenkonflikt vor.