gms | German Medical Science

Deutscher Rheumatologiekongress 2020, 48. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 34. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh)

09.09. - 12.09.2020, virtuell

Infektanfälligkeit und Asthma – zwei Seiten derselben Medaille?

Meeting Abstract

  • Lea Winau - Rheumaeinheit, Klinikum der Universität München, München
  • Jonas Feist - Rheumaeinheit, Klinikum der Universität München, München
  • Alla Skapenko - Rheumaeinheit, Klinikum der Universität München, München
  • Hendrik Schulze-Koops - Rheumaeinheit, Klinikum der Universität München, München

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie. Deutscher Rheumatologiekongress 2020, 48. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 34. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh). sine loco [digital], 09.-12.09.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. DocFA.42

doi: 10.3205/20dgrh106, urn:nbn:de:0183-20dgrh1062

Veröffentlicht: 9. September 2020

© 2020 Winau et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Vorgeschichte: Eine 32-jährige Patientin stellte sich im März 2020 in unserer Ambulanz zur Abklärung einer vermehrten Infektanfälligkeit vor. Die Patientin sei bereits im Kindesalter häufig an Infekten der oberen Atemwege sowie seit dem 12. Lebensjahr an rezidivierende Zystitiden erkrankt. Folglich erhielt sie mehrfach antibiotische Therapien. Des Weiteren wurden verschiedene operative Maßnahmen, wie eine Tonsillektomie 1995 und wiederholte Polypektomien (2003, 2007 und 2012), durchgeführt. Auch im Erwachsenenalter litt die Patientin unter wiederholten Infektionen, hierzu zählen eine Pyelonephritis 2017 sowie zwei Lobärpneumonien im linken Oberlappen 2017 und im rechten Unterlappen 2019.

Zudem ist bei der Patientin eine allergische Diathese mit einem Asthma bronchiale, einer Pollinosis saisonalis sowie einer Allergie gegen Hausstaubmilben und Katzenhaare bekannt. Eine Hyposensibilisierung gegen Baum-, Gräser- und Roggenpollen ist bereits abgeschlossen, eine weitere Hyposensibilisierung gegen Schimmelpilze werde aktuell noch durchgeführt.

Bei der Patientin seien folgende Vorerkrankungen bekannt: angeborener zyanotischer Herzfehler (asymptomatisch seit dem 22. LJ), Bandscheibenprotrusionen (LWK 4/5, HWK 5/6 und 6/7), Z.n. Fraktur des Os Zygomatikum, Diabetes mellitus Typ II).

Leitsymptom bei Krankheitsmanifestation: Es bestand eine Infektanfälligkeit mit dem Fokus auf respiratorische Infekte sowie Harnwegsinfekten seit dem Kindesalter sowie eine atopische Erkrankung mit einem Asthma bronchiale.

Diagnostik: In den nach der erhobenen Anamnese mit Fokus auf den vorangegangenen Infekten erfolgten Laboruntersuchungen zeigte sich auf Ebene der zellulären Immunantwort eine normwertige Anzahl der B- und T-Zellen. Die Testung der IgG-Impftiter zeigte sich ebenfalls unauffällig mit ausreichendem Impfschutz gegen Tetanus-Toxid, Diphterie-Toxid, Pneumokokken und Hämophilus Influenza Typ B. Die Funktion der B- und T-Zell Interaktion war folglich normal. Serologisch fanden sich keine Hinweise auf eine akute, chronische oder abgelaufene Hepatitis B oder C, sowie kein Nachweis von HIV-Antikörpern und dem HIV-p24-Antigen. IgG, einschließlich der Subklassen, sowie IgA zeigten sich normwertig. Lediglich das IgM zeigte sich mit 0,33 g/l wiederholt erniedrigt (in der externen Voruntersuchung 0,29g/l).

Diagnose: Selektive IgM-Defizienz

Therapie und Weiterer Verlauf: Eine selektive IgM-Defizienz äußert sich meist in einer Symptomzusammenstellung von rezidivierenden respiratorischen sowie Harnwegsinfekten. Nach der Definition der European Society for Immunodeficiencies (ESID) müssen abgesehen vom IgM alle anderen Laborparameter hinsichtlich eines Immundefektes (Lymphozyten, IgG und IgA sowie die Impftiter) normwertig sein. Häufig besteht eine Assoziation zu atopischen Erkrankungen. In Zusammenschau der Befunde ergibt sich somit der Verdacht auf eine selektive IgM-Defizienz, die die vermehrte Infektanfälligkeit und die allergische Diathese ausreichend erklärt. Im Zusammenhang der allergischen Diathese zeigt sich zusätzlich noch eine massive IgE-Erhöhung ohne Zeichen einer Eosinophilie.

Die therapeutischen Optionen einer selektiven IgM-Defizienz sind limitiert. Die Substitution von Immunglobulinen zeigte nach aktueller Literaturrecherche in einigen Fällen einen zufriedenstellenden klinischen Nutzen mit einer reduzierten Anzahl von Infekten. Da Immunglobulin-Präparate nur relativ wenig IgM erhalten eine relative kurze ca. 10-tägigen Halbwertszeit haben, sahen wir die klinische Indikation zur Immunglobulin-Substitution nicht gegeben.

Eine konsequente Therapie der atopischen Manifestation könnte ebenfalls zu einer Reduktion der pulmonalen Infekte beitragen.

Des Weiteren gilt eine konsequente Früherkennung von Infekten mit antibiotischer Therapie zu gewährleisten. Impfungen sollten nach den aktuellen STIKO-Empfehlungen bei Immundefizienz einschließlich einer Influenza-, sequenziellen Pneumokokken- und Meningokokken- Impfung erfolgen.

Disclosures: nothing to declare