gms | German Medical Science

Deutscher Rheumatologiekongress 2020, 48. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 34. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh)

09.09. - 12.09.2020, virtuell

Raynaud-Syndrom bei Hodentumor

Meeting Abstract

  • Philipp Dittert - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie, Berlin
  • Udo Schneider - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie, Berlin
  • Robert Biesen - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie, Berlin
  • Gerd-Rüdiger Burmester - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie, Berlin
  • Martin Krusche - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie, Berlin

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie. Deutscher Rheumatologiekongress 2020, 48. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 34. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh). sine loco [digital], 09.-12.09.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. DocFA.37

doi: 10.3205/20dgrh101, urn:nbn:de:0183-20dgrh1015

Veröffentlicht: 9. September 2020

© 2020 Dittert et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Vorgeschichte: Anfang September 2019 hatte sich der bis dahin vollständig gesunde, 26-jährige Patient wegen einer schmerzhaften Schwellung des linken Skrotalfaches in der Urologie vorgestellt. Bei palpatorisch und sonografisch Malignom-verdächtigem linken Hoden und deutlich erhöhten Tumormarkern (AFP und ß-HCG) erfolgte eine linksseitige Orchieektomie. Histologisch wurde ein germinaler Mischtumor diagnostiziert (TNM: pT2 V1 L0 R0). Im Staging-CT 01/2020 bestand der Verdacht auf eine paraaortale Lymphknotenmetastase und bei ansteigenden Tumormarkern wurde eine Chemotherapie nach dem BEP-Schema begonnen (3 Zyklen á 21 Tage, Tag 1-5: Cisplatin 20 mg/m² KOF und Etoposid 100 mg/m<up>² KOF, Tag 1, 8 und 15: Bleomycin 30 mg).

Leitsymptom bei Krankheitsmanifestation: Wenige Stunden nach der ersten Chemotherapie-Infusion fielen dem Patienten kalte, livide und schmerzhafte Fingerkuppen auf. Nach der Aufnahme zum 3. Chemotherapie-Zyklus erfolgte konsiliarisch eine rheumatologische Untersuchung (44. Tag nach Chemotherapie-Beginn), bei der ein Raynaud-Syndrom bei Raumtemperatur, eine Sklerodaktylie beidseits (mRSS 5) mit beginnenden PIP-Kontrakturen und Ulzerationen an den Digiti I-III links und dem Digitus II rechts gesehen wurde. Die Chemotherapie wurde nach dem 2. Chemotherapie-Zyklus (kumulativ 180 mg Bleomycin) ausgesetzt und der Patient in die Rheumatologie übernommen.

Diagnostik: Die weitere körperliche Untersuchung, das kardiopulmonalen Staging sowie eine Duplexsonografie der Hand- und Unterarm- gefäße waren unauffällig. Die Kapillarmikroskopie erbrachte einzelne rarefizierte Felder, Megakapillaren und Ektasien mit Einblutungen im Sinne eines aktiven Musters. Der ANA-Test zeigte ein nukleolär-homogenes Muster mit einem Titer von 1:5120 und die ENA-Differenzierung war positiv für Anti-Pm-Scl100- und Anti-Centromer-Antikörper. Wir diagnostizierten eine Bleomycin-induzierte systemische Sklerose.

Therapie: Bei symptomatischem Raynaud-Syndrom und digitalen Ulzerationen erfolgte die parenterale Gabe von Ilomedin über 7 Tage. In Abstimmung mit den Kollegen der Urologie wurde die Chemotherapie bei normwertigen Tumormarkern beendet.

Weiterer Verlauf: Bleomycin kann als seltene Nebenwirkung eine systemische Sklerose induzieren. Tierexperimentell wird Bleomycin in Mäusen [1] und Ratten [2] zur Induktion einer systemischen Sklerose verwendet. In der Literatur sind fünf Fälle von Bleomycin-induzierter systemischer Sklerose mit positiven ANA Antikörpern beschrieben, die klinisch im Verlauf überwiegend rückläufig waren (3 von 5 Fällen [3]).

Auch bei dem hier geschilderten Fall war die Sklerodermie und das Raynaud-Syndrom nach dem Absetzen der Chemotherapie rückläufig und die Ulzerationen zeigten eine gute Heilungstendenz.

Disclosures: Keine Interessenkonflikte


Literatur

1.
Yamamoto T, Takagawa S, Katayama I, Yamazaki K, Hamazaki Y, Shinkai H, Nishioka K. Animal Model of Sclerotic Skin. I: Local Injections of Bleomycin Induce Sclerotic Skin Mimicking Scleroderma. Journal of Investigative Dermatology. 1999;112(4):456-62. DOI: 10.1046/j.1523-1747.1999.00528.x Externer Link
2.
Mountz JD, Downs Minor MB, Turner R, Thomas MB, Richards F, Pisko E. Bleomycin-induced cutaneous toxicity in the rat: Analysis of histopathology and ultrastructure compared with progressive systemic sclerosis (scleroderma). The British Journal of Dermatology. 1983;108(6):679-86. DOI: 10.1111/j.1365-2133.1983.tb01080.x Externer Link
3.
Inaoki M, Kawabata C, Nishijima C, Yoshio N, Kita T. Case of bleomycin-induced scleroderma: Letters to the Editor. The Journal of Dermatology. 2012;39(5):482-4. DOI: 10.1111/j.1346-8138.2011.01301.x Externer Link