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Deutscher Rheumatologiekongress 2020, 48. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 34. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh)

09.09. - 12.09.2020, virtuell

IgG4-assoziierte Erkrankung mit ungewöhnlicher Erstmanifestation

Meeting Abstract

  • Elke Riechers - Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Rheumatologie und Immunologie, Hannover
  • Roland Jacobs - Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Rheumatologie und Immunologie, Hannover
  • Lea Donota Priester - Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Augenklinik, Mainz
  • Andreas Kreft - Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Institut für Pathologie, Mainz
  • Katharina Ponto - Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Augenklinik, Mainz
  • Torsten Witte - Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Rheumatologie und Immunologie, Hannover

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie. Deutscher Rheumatologiekongress 2020, 48. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 34. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh). sine loco [digital], 09.-12.09.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. DocFA.17

doi: 10.3205/20dgrh083, urn:nbn:de:0183-20dgrh0838

Veröffentlicht: 9. September 2020

© 2020 Riechers et al.
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Gliederung

Text

Vorgeschichte: Ein 47-jähriger Patient stellte sich 3/2019 wegen seit 4-5 Jahren bestehender Augenlidschwellung rechts erstmalig in der Augenklinik der Universitätsklinik Mainz vor. Eine Schwellung im Bereich der rechten Tränendrüse wurde festgestellt. Eine Magnet-Resonanz-Tomographie bestätigte dies, zusätzlich bestand eine ödematöse Schwellung der Mm. rectus superior et lateralis. Eine Sarkoidose und endokrine Orbitopathie wurden ausgeschlossen. Laborchemisch fiel ein anhaltend leicht erhöhter Serum-IgG4-Spiegel auf (2,28g/l (Norm 0,05-1,4g/l)), weshalb 9/2019 eine Biopsie erfolgte. Intraoperativ zeigte sich ein gelblich-fester Tumor in der Tränendrüsenloge mit Adhärenz an die Drüse. Die weitere Behandlung erfolgte ab 11/2029 in unserer Klinik.

Eigenanamnese: Asthma bronchiale, Allergie gegen Hausstaub und Gräser. Polyposis der Nasennebenhöhlen, operativer Reduktion 2018. Arterielle Hypertonie.

Untersuchungsbefund/physical examination: Reizlose indolente Schwellung im Bereich der rechten Tränendrüse, Xanthelasmen am rechten Oberlid.

Leitsymptom bei Krankheitsmanifestation: IgG4 Syndrom, Tränendrüsenschwellung, Polyposis der Nasennebenhöhlen, Plasmablasten mit erhöhtem CD3+CD20+ T-Zell-Anteil

Diagnostik: PE-Tränendrüse, Immun-Histopathologie: Mehrherdige lymphoide Aggregate mit Ausbildung von Keimzentren. Daneben Histiozyten, teils als Riesenzellen mit schaumig transformiertem Zytoplasma und umgebender Fibrose. Die Immun-Histopathologie zeigte vermehrte IgG4-Positivität in den Plasmazellen (bis >50/HPF). Keine Venolitis nachweisbar.

Histopathologische Aufbereitung des OP-Präparat der NNH-Polypen von 2018: Vermehrter Nachweis von IgG4-positiven Plasmazellen.

Labor 11/2019

BSG 4mm/h, CRP 1,3mg/l, IgG4 5,18g/l (=42,7%) bei Gesamt-IgG von 12,12g/l, zirkulierende Plasmablasten 797/ml (Norm 1-635/ml (Wallace et al.)), Anteil der CD3+CD20+-T-Zellen 4,26% (Norm 2-3%), ANA 1:160 gesprenkelt. Negativ waren ENA-Antikörper-Screening, anti-DNA, c-ANCA, p-ANCA und Rheumafaktor. Komplement C3 und C4 normwertig.

Therapie: Eine Behandlung beginnend mit 60mg Prednisolon/Tag besserte die Beschwerden zunächst.

Weiterer Verlauf: Ab 20mg Prednisolon/Tag wieder Zunahme der Augenlidschwellung, zusätzlich Entzündung der Sinus frontalis. Bei letztmaliger Vorstellung 2/2020: Serum-IgG4 noch leicht erhöht (1,73g/l =21,36%); zirkulierende Plasmablasten (1201/ml) und Anteil an CD3+CD20+ T-Zellen (4,3%) weiterhin deutlich erhöht, deshalb Therapievorschlag mit Rituximab, wozu sich der Patient noch nicht durchringen konnte.

Kommentar: IgG4 assoziierte Erkrankungen stellen sowohl diagnostische als auch therapeutische medizinische Herausforderungen dar. Bei nicht ausreichendem therapeutischem Ansprechen auf Glukokortikosteroide ist die Therapie mit Rituximab eine gute Therapieoption [1], [2], [3]. Sie würde auch die bei dem Krankheitsbild meist erhöhten CD3+CD20+ T-Zellen depletieren.

Die Infiltrationen der Nasenschleimhaut und Polypen mit IgG4+ Plasmazellen wurden bei chronischen Rhinosinusitiden bereits beschrieben [4]. Bei unserem Patienten scheint sie das erste Symptom der IgG4-assoziierten Erkrankung zu sein.

Disclosures: Die Autoren haben in Bezug auf den Inhalt keine Interessenkonflikte.


Literatur

1.
Wilk E, Witte T, Marquardt N, et al. Depletion of functionally active CD20+ T cells by rituximab treatment. Arthritis Rheum. 2009;60(12):3563-71.
2.
Wallace ZS, Mattoo H, Carruthers M, et al. Plasmablasts as a biomarker for IgG4-related disease, independent of serum IgG4 concentrations. Ann Rheum Dis. 2015;74(1):190-5.
3.
Wallace ZS, Deshpande V, Stone JH. Ophthalmic manifestations of IgG4-related disease: single-center experience and literature review. Semin Arthritis Rheum. 2014;43(6):806-17.
4.
Ota Y, Ishikawa F, Sato T, et al. A case of refractory chronic rhinosinusitis with anti-desmoglein 3 IgG4 autoantibody. Allergol Int. 2017;66(4):634-6.