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Eine „unmögliche“ Entzündung großer Venen bei einer 30-jährigen Patientin begleitet von Hauterscheinungen, Parotitis und OSG-Arthritis
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Veröffentlicht: | 9. September 2020 |
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Vorgeschichte: Die 30-jährige vorher immer gesunde Frau erleidet Anfang 2019 nach Kinderwunschbehandlung mit Clomifen einen Frühabort.
Leitsymptom bei Krankheitsmanifestation: Im April 2019 erscheinen erstmalig Ekzem-artige, juckende Effloreszenzen am Stamm und im August 2019 kommt es zusätzlich zu einer leicht schmerzhaften Schwellung der Parotiden und Glandulae submandibularis mit moderater Mundtrockenheit begleitet von leichten Augenrötungen. Eine anhaltende Schwellung des rechten Sprunggelenkes ist nur wenig schmerzhaft aber deutlich sichtbarer als im linken Sprunggelenk. Einen Monat später beklagt die Patientin ungewöhnlich häufigen Harndrang und bemerkt erstmalig deutlich verhärtete und teils druckschmerzhafte Venen an Armen, Beinen und dem Hals.
Diagnostik: Die laborchemische Diagnostik zeigt eine deutliche Akute-Phase-Reaktion mit einem 10-fach erhöhtem CRP, veränderten Knochenstoffwechselparameter (Calcium, aktiviertes Vitamin D erhöht, Parathormon vermindert), einem fast 2-fach erhöhten sIL2R (ACE normal) und eine negative Autoimmunserologie (ANA, RF, ACPA, ANCA´s und APLAK). Ein Röntgen der Lunge und eine Sonographie des Abdomens erbringen Normalbefunde. Die Entzündungs-empfindliche Bildgebung mittels Sonographie, MR-Angiographie und PET-CT dokumentieren eine ubiquitäre Phlebitis der großen Venen unter Aussparung der Vena cava und Entzündungen der Parotiden und der Glandulae submandibularis. Biopsien der Hautveränderungen und einer Kubitalvene erbringen den Nachweis einer ausgeprägten granulomatösen Entzündungsreaktion mit vielen mehrkernigen Riesenzellen vom Langhans-Typ, so dass in Zusammenschau aller Befunde eine Sarkoidose mit Vaskulitis der großen Venen diagnostiziert wird. Eine Entzündung der großen Venen ist in der Chapel Hill Klassifikation für Vaskulitiden nicht aufgeführt und in der Literatur bisher nicht vorbeschrieben.
Therapie: Unter Prednisolon 75 mg i.v. mit zügiger Reduktion kommt es innerhalb von 48 Stunden zu einem klinisch vollständigen Rückgang der tastbaren Venenverhärtungen und der Speicheldrüsenschwellungen. Bei 7-monatiger Krankheitsdauer und perspektivischem Kinderwunsch wird zusätzlich mit Azathioprin 75 mg/d begonnen. Bei widersprüchlichen Befunden hinsichtlich einer Thrombose / Thrombophlebitis und erhöhtem Thromboserisiko erfolgte eine orale Antikoagulation mit Rivaroxaban für 3 Monate.
Weiterer Verlauf: Die Patientin ist im März 2020 unter Monotherapie mit Prednisolon 10 mg/d in laborchemischer und klinischer Remission. Azathioprin wurde im Februar 2020 von der Patientin bei Kinderwunsch und Wohlbefinden beendet.
Disclosures: Keiner der Autoren gibt Konflikte mit den Daten an.