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47. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 33. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh), 29. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR)

04.09. - 07.09.2019, Dresden

Keine Bestätigung eines erhöhten Risikos für idiopathische Fazialisparese unter Tocilizumab

Meeting Abstract

  • Anja Strangfeld - Deutsches Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ), Programmbereich Epidemiologie, Berlin
  • Yvette Meißner - Deutsches Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ), Programmbereich Epidemiologie, Berlin
  • Martin Schäfer - Deutsches Rheuma-Forschungszentrum, Programmbereich Epidemiologie, Berlin
  • Lisa Baganz - Deutsches Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ), Programmbereich Epidemiologie, Berlin
  • Matthias Schneider - Poliklinik, Funktionsbereich & Hiller Forschungszentrum für Rheumatologie, UKD, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
  • Elke Ursula Wilden - Praxis, Köln
  • Silke Zinke - Praxis Dr. Zinke, Berlin
  • Angela Zink - Deutsches Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ), Programmbereich Epidemiologie, Berlin

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie. Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie. 47. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 33. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh), 29. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR). Dresden, 04.-07.09.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocEV.20

doi: 10.3205/19dgrh102, urn:nbn:de:0183-19dgrh1026

Veröffentlicht: 8. Oktober 2019

© 2019 Strangfeld et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Spontanmeldungen über insgesamt 14 Fazialisparesen haben den Pharmakovigilanz-Ausschuss PRAC der europäischen Arzneimittelbehörde EMA kürzlich veranlasst, in einem Signalverfahren ein potenziell erhöhtes Risiko idiopathischer Gesichtsnervenlähmungen unter Tocilizumab-Therapie zu prüfen. Ziel dieser Analyse war, dieses Signal bei Patienten des deutschen Biologika-Registers RABBIT zu verifizieren und in Relation zu anderen DMARD-Therapien zu setzen.

Methoden: Untersuchung idiopathischer Fazialisparesen bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA), die zwischen 01/2007 und 04/2018 mit dem Neubeginn eines DMARDs in RABBIT eingeschlossen wurden, sowie Berechnung DMARD-stratifizierter unadjustierter Inzidenzraten.

Ergebnisse: In mehr als 11 Jahren wurden in RABBIT 20 Fazialisparesen bei insgesamt 11.963 RABBIT-Patienten gemeldet, von denen drei aufgrund ihrer Ursache (z.B. Schlaganfall) ausgeschlossen wurden. Von den 17 verbleibenden Lähmungen wurden drei unter Tocilizumab-Therapie berichtet. Die resultierende Inzidenzrate von 0,47 pro 1.000 PJ (95% KI: 0,10; 1,14) war höher als bei Patienten, die csDMARDs erhielten (0,21/1.000 PJ, 95% KI: 0,04; 0,51), unterschied sich aber nicht von der Inzidenzrate anderer Biologika-Therapien (Tabelle 1 [Tab. 1]). Die Gesamtinzidenz für idiopathische Fazialisparesen bei Patienten, die synthetische oder biologische DMARDs erhielten, betrug 0,37 (95% KI: 0,22; 0,57) und lag damit etwas höher als die Inzidenz in der Allgemeinbevölkerung (20-30 Fälle pro 100.000 Personen [1]). Alter und Geschlecht waren bei RABBIT-Patienten mit und ohne idiopathische Fazialisparese vergleichbar (Tabelle 2 [Tab. 2]), aber Patienten mit idiopathischer Fazialisparese hatten eine längere Krankheitsdauer, häufiger Gelenkerosionen und vorherige Biologika-Therapien. Ihre körperliche Funktionsfähigkeit war geringer, und sie hatten mehr Komorbiditäten. Bei einem Patienten mit idiopathischer Fazialisparese unter Therapie mit Rituximab (Original) wurde ein Sjögren-Syndrom als Komorbidität gemeldet, das mit einem erhöhten Risiko für Neuropathien verbunden ist.

Schlussfolgerung: Die Gesamtinzidenz idiopathischer Fazialisparesen bei RA-Patienten mit DMARD-Therapie ist selten aber etwas höher als die Inzidenz in der Allgemeinbevölkerung. Ein erhöhtes Risiko für Patienten unter Tocilizumab im Vergleich zu Patienten unter anderen Biologika konnte jedoch nicht bestätigt werden. Die Inzidenz idiopathischer Fazialisparesen ist unter Biologika im Vergleich zu csDMARDs erhöht. Dies könnte durch eine höhere Krankheitslast verursacht sein. Die geringe Fallzahl idiopathischer Fazialisparesen ist jedoch ein limitierender Faktor bei der Analyse und Interpretation dieser Ergebnisse.

Finanzierung: RABBIT wird gemeinsam von AbbVie, Amgen, Bristol-Myers Squibb, Celltrion, Hexal, Lilly, MSD Sharp & Dohme, Pfizer, Roche, Samsung Bioepis, Sanofi-Aventis und UCB unterstützt. Die Studienleitung am DRFZ hat volle akademische Freiheit.


Literatur

1.
Murthy JMK, Saxena AB. Bell’s palsy – treatment guidelines. Ann Indian Acad Neurol. 2011 Jul; 14(Suppl1): S70-S72.