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47. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 33. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh), 29. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR)

04.09. - 07.09.2019, Dresden

Dermatologische Expertise gefragt

Meeting Abstract

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  • Melanie Huber - Justus-Liebig-Universität Gießen, Kerckhoff-Klinik GmbH, Rheumatologie u. klinische Immunologie, Osteologie, Physikalische Therapie, Bad Nauheim
  • Ingo Helmut Tarner - Justus-Liebig-Universität Gießen, Kerckhoff-Klinik GmbH, Rheumatologie u. klinische Immunologie, Osteologie, Physikalische Therapie, Bad Nauheim
  • Ulf Müller-Ladner - Justus-Liebig-Universität Gießen, Kerckhoff-Klinik GmbH, Rheumatologie u. klinische Immunologie, Osteologie, Physikalische Therapie, Bad Nauheim

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie. Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie. 47. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 33. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh), 29. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR). Dresden, 04.-07.09.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocFA.40

doi: 10.3205/19dgrh040, urn:nbn:de:0183-19dgrh0408

Veröffentlicht: 8. Oktober 2019

© 2019 Huber et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Eine 25-jährige Patientin stellt sich zur rheumatologischen Diagnostik bei rezidivierenden, verschiedenartigen Hauteffloreszenzen vor. Seit ca. 6 Jahren besteht eine Hydroxychloroquin-Therapie bei V.a. einen systemischen Lupus erythematodes mit Arthralgien als bisher einzige nicht-kutane Manifestation. Als Vorerkrankungen sind eine autoimmune Hypothyreose, ein Diabetes mellitus Typ I sowie eine abgelaufene thrombozytopenische Purpura bekannt.

Bei initialem V.a. eine Hand-Mund-Fuß-Erkrankung aufgrund von flächigen Erythemen (an Handinnenflächen und Fußsohlen) bilden sich zunehmend papelartige, z.T. flüssigkeitsgefüllte, nicht juckende Hauteffloreszenzen an der unteren Extremität sowie Perniones-artige Läsionen an den Zehen. Desweiteren liegt intermittierend eine geringe Schwellung um die Augen ohne livide Veränderungen vor. Insgesamt sind die Hauteffloreszenzen unabhängig von einer Sonnenlichtexposition entstanden. Begleitet wird das Auftreten der Effloreszenzen von starkem Krankheitsgefühl, Fatigue und wechselnden Arthralgien ohne eindeutige B-Symptomatik.

Methoden: Bei grenzwertig erhöhten, wechselnden CRP-Spiegeln und normwertiger BKS weist die Elektrophorese der Proteine eine Hypogammaglobulinämie auf. Bei nur grenzwertigem ANA-Nachweis in einer Titerstufe von 1:<160 ohne spezifische Subdifferenzierung zeigt sich laborchemisch dennoch ein deutlicher (mehrjähriger) C3-Complementverbrauch mit grenzwertig-niedrigem C4-Spiegel. Darüber hinaus sind immunserologisch keine Kryoglobuline, Anti-Phospholipid-Antikörper, ANCA oder Rheumafaktoren nachweisbar. Sonstige Kollagenose-typische Symptome wie Sicca-Symptomatik oder Schleimhautaphthen liegen nicht vor. Die Kapillarmikroskopie weist einzelne Scheitelektasien und Gefäßverzweigungen auf.

Ergebnisse: Histologisch wird per Hautstanzbiopsie am Oberschenkel eine Kapillaritis bzw. Perikapillaritis mit neutrophilen Infiltraten der Dermis ohne eindeutig spezifische Lupusveränderungen nachgewiesen. Es wird die Verdachtsdiagnose einer hypokomplementämischen neutrophilen urtikariellen Dermatose gestellt und eine Therapieumstellung auf Azathioprin 150 mg pro Tag vorgenommen.

Schlussfolgerung: Die neutrophile urtikarielle Dermatose (NUD), früher auch urtikarielle Vaskulitis oder neutrophilenreiche Urtikaria genannt, ist eine neue Entität im Kollektiv der neutrophilen Dermatosen (z.B. Pyoderma gangraenosum, Sweet-Syndrom) und tritt in der Hälfte der Fälle mit Complementverbrauch auf. Sie ist häufig mit autoimmunen als auch autoinflammatorischen Systemerkrankungen assoziiert (z.B. SLE, M. Still). Die Suche nach B-Symptomatik und humoraler Entzündungsaktivität ist deshalb unverzichtbar. Histologisch zeigt sich bei der NUD eine Immunkomplexvaskulitis, die neben anderen histopathologischen Phänomenen auch bei einem SLE auftreten und somit nicht als Unterscheidungskriterium dienen kann.