Artikel
Seltene Grunderkrankung bei Erythema nodosum
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 8. Oktober 2019 |
---|
Gliederung
Text
Vorgeschichte: Nach unauffälliger Neugeborenen-Periode (40. SSW, eutrophes weibliches Neugeborenes) fielen mit 9 Monaten druckdolente, knotige Effloreszenzen an den Streckseiten der Extremitäten sowie gluteal auf. Entzündungswerte, Infektionsserologie, Abdomen-Sonografie und Röntgen-Thorax waren unauffällig. Bioptisch wurde eine septale Pannikulitis gesichert. Bei Symptomprogredienz unter topischen Steroiden erfolgte im Alter von 11 Monaten eine systemische Steroid-Therapie mit gutem klinischen Ansprechen. Eine Woche nach Ausschleichen der Steroide trat erneut eine Pannikulitis auf.
Leitsymptome: Bei Vorstellung wurden rezidivierende Fieberschübe bis 40 °C, eine wechselnde Ausprägung der Pannikulitis, intermittierende Arthralgien, sowie ein Perzentilenknick beobachtet. Im Weiteren kam es zu Hepato-Splenomegalie und Hämatomneigung.
Diagnostik: Laborchemisch zeigten sich moderate Entzündungswerte (CRP 2.9 mg/dl, Serum-Amyloid-A 122 mg/l, BSG 28 mm/h) sowie steigende Transaminasen (GOT 261 U/l, 97 U/l, LDH 442 U/l) und eine Panzytopenie (ANC 500/µl, TC 49.000/µl, Hb 8 g/dl). Im FACS imponierte eine schwere Lymphopenie mit reduzierter Absolutenzahl für T-, B- und NK-Zellen. Immunpathologie (ANA, ANCA, ENA, Zöliakie), Stoffwechsel- und Immundefektdiagnostik, neurometabolische Diagnostik, Virusserologien und molekulargenetische Untersuchungen (CANDLE, AIRE, APECED) waren im Alter von 3 3/12 Jahren unauffällig. Die Interferon-Signatur war geringgradig erhöht. Wiederholte Knochenmarkspunktionen/-stanzen blieben ohne Anhalt für hämato-onkologische Erkrankungen. Die Bildgebung zeigte eine progrediente Hepato-Splenomegalie mit im Verlauf inhomogenem Leberparenchym. Histologisch imponierte eine ungewöhnliche sinusoidal homogen verteilte Fibrose mit zwei kleinen Granulomen unklarer Signifikanz. In den Hautbiopsien fand sich eine persistierende, neutrophilenreiche, lobuläre Pannikulitis, die zur Wiederholung der Interferon-Signatur führte. Im Alter von 4 Jahren zeigte sich zweimalig eine sehr stark erhöhte Interferon-Signatur (Score 590, Referenzbereich <12,49). Die Trio-Exom-Analyse detektierte zwei de novo compound heterozygote Frameshift-Veränderungen in IFNLR-1.
Therapie und Verlauf: Die Symptomkontrolle war unter 4-wöchentlichen Immunglobulingaben (2015 - 2018) fluktuierend, eine initiale Azathioprin-Therapie (12/2015 - 02/2016) wurde aufgrund von Nebenwirkungen beendet.
Mit der Diagnose einer Interferonopathie wurde ein individueller Heilversuch mit dem Janus-Kinase-Inhibitor Baricitinib 1 mg/Tag oral gestartet. Nach 2,5 Monaten unter Baricitinib kann ein sehr gutes Therapieansprechen mit steigendem Aktivitätslevel, afebrilem Zustand und deutlich regredientem kutanen Befund konstatiert werden.
Diskussion: Dieser Fall lässt auf eine bisher unbekannte Rolle von IFNL für die Regulation der Interferon-Achse schließen. Dies ist einer der ersten Berichte zum Einsatz von JAK-Inhibitoren bei unklaren Interferonopathien im Kindesalter. Engmaschiges Behandlungsmonitoring ist unerlässlich.