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47. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 33. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh), 29. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR)

04.09. - 07.09.2019, Dresden

Muskuloskeletale Schmerzen und akute Oligoarthritis nach Beginn einer Venetoclax-Therapie bei myelodysplastischem Syndrom

Meeting Abstract

  • Matthias Braunisch - Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München, München, Germany
  • Lena Osswald - Medizinische Klinik und Poliklinik III., Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, München
  • Quirin Bachmann - Klinikum rechts der Isar, München
  • Uwe Heemann - Klinikum rechts der Isar, Nephrologie, München
  • Florian Bassermann - Medizinische Klinik und Poliklinik III., Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, München
  • Katharina S. Götze - Medizinische Klinik und Poliklinik III., Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, München
  • Philipp Moog - Klinikum Rechts der Isar, Nephrologie, Sektion Rheumatologie, München

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie. Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie. 47. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 33. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh), 29. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR). Dresden, 04.-07.09.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocFA.12

doi: 10.3205/19dgrh012, urn:nbn:de:0183-19dgrh0126

Veröffentlicht: 8. Oktober 2019

© 2019 Braunisch et al.
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Gliederung

Text

Vorgeschichte: Ein 80-jähriger Patient mit einem myelodysplastischen Syndrom mit Blastenexzess (MDS-EB2) erhielt im Rahmen einer Phase-1-Studie (NCT02966782) Venetoclax, einen neuen Bcl-2-Antagonisten, der in verschiedenen Zelltypen eine Apoptose induziert. Der Patient hatte zum Studieneinschluss keine rheumatologische Vorerkrankung.

Leitsymptome bei Krankheitsmanifestation: Am 2. Studientag traten zunächst selbstlimitierende Handgelenkschmerzen auf. Am 13. Studientag entwickelte der Patient jedoch akute persistierende starke Schmerzen im LWS-Bereich sowie in den Folgetagen eine akute Oligoarthritis (rechte Schulter, linkes Knie, rechtes MTP1-Gelenk). Außerdem entwickelten sich febrile Temperaturen.

Diagnostik: Eine Arthrozentese des linken Knies zeigte einen inflammatorischen Gelenkerguss (56,7 G/l Leukozyten, 99% polymorphkernige Zellen) mit Nachweis von intra- und extrazellulären Kalziumpyrophosphatkristallen. Eine Kultur der Gelenkflüssigkeit blieb steril. Röntgen und CT erbrachten eine Chrondrokalzinose betroffener Gelenke. Somit konnte die Diagnose einer Pseudogicht gestellt werden.

Therapie: Es erfolgte eine simultane Therapie mit Ibuprofen (1800 mg/d) und Colchicin (1,5 mg/d) sowie eine intraartikuläre Kniegelenksinjektion von 40 mg Triamcinolon. Als keine Besserung innerhalb der ersten 4 Tage eintrat, wurde Ibuprofen durch Prednisolon ersetzt.

Weiterer Verlauf: Nach initialer Besserung kam es jedoch noch unter 40 mg Prednisolontagesdosis zu einer erneuten akuten Kniegelenksarthritis und starken Nackenschmerzen. Im CT war ein „crowned dens“ Phänomen nachweisbar. Die Venetoclax- Therapie wurde abgebrochen und zusätzlich wurde Anakinra appliziert. Daraufhin stellte sich eine klinische Besserung ein. Anakinra musste jedoch bei rezidivierenden Pneumonien pausiert werden. Der Patient verstarb einige Wochen später aufgrund einer ambulant erworbenen Pneumonie.

Der klinische Verlauf sowie der pathophysiologische Zusammenhang suggerieren einen kausalen Zusammenhang zwischen der Venetoclax Therapie und dem Auftreten der Pseudogicht. Venetoclax induziert Apoptose über Bcl-2-Inhibition, welches u.a. in Chrondrozyten exprimiert wird. Da bisher kein Zusammenhang dieser Medikation mit der Pseudogicht beschrieben wurde, vermuten wir weitere unbekannte prädisponierende Faktoren, z.B. eine vorbestehende asymptomatische Chrondrokalzinose. Da Bcl2-Inhibitoren eine neue Medikamentenklasse sind, die bereits bei verschiedenen hämatoonkologischen Erkrankungen in der klinischen Testphase sind, sollte bei Patienten mit neuen muskuloskelettalen Beschwerden eine erhöhte Wachsamkeit im Hinblick auf eine Pseudogicht bestehen.