Artikel
Was erwartet uns noch unter Immun-Checkpoint-Inhibitor-Therapie?
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 8. Oktober 2019 |
---|
Gliederung
Text
Einleitung: Immun-Checkpoint-Inhibitoren (ICI) durchbrechen die immunologische Toleranz gegen körpereigene Gewebe. Dadurch wird eine immunologische Reaktion gegen Tumorzellen möglich, gleichzeitig können durch Reaktionen gegen gesundes Gewebe autoimmune Phänomene entstehen, die klinisch relevante Nebenwirkungen der ICI darstellen. Diese Autoimmunreaktionen können gegen sämtliche körpereigene Gewebe gerichtet sein. Daher ist das klinische Spektrum der Nebenwirkungen von ICI vielfältig und die Manifestationen entsprechen nur selten denen bekannter Autoimmunerkrankungen. Im Falle von Arthritiden als Folge einer unerwünschten autoimmunen Reaktion ist bisher hauptsächlich ein peripherer, mono- bis polyarthritischer Befall beschrieben worden [1], [2]. Hier berichten wir über zwei vornehmlich axiale Manifestationen einer durch ICI-getriggerten Arthritis.
Patient 1, männlich, 59 Jahre: Metastasiertes malignes Melanom, Therapie: Nivolumab (PD-1-AK).
Leitsymptome: Steifigkeit mit schmerzbedingter Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule mit nächtlichem Auftreten und Morgensteifigkeit.
Diagnostik: KU: Eingeschränkte HWS-Beweglichkeit. MRT-HWS/BWS: Kontrastmittelaufnahme des atlantoaxialen Gelenks, der Facettengelenke sowie der costovertebralen Gelenke (Abbildung 1 [Abb. 1]).
Diagnose: Nivolumab-induzierte Polyarthritis der kleinen Wirbelgelenke (Art. zygapophysiales, Art. costovertebrales).
Therapie: Prednisolon 10 mg/d und Etoricoxib 60 mg/d.
Verlauf: Befundbesserung mit Rückgang der Schmerzsymptomatik und deutlicher Verbesserung der Bewegungseinschränkungen.
Patient 2, weiblich, 52 Jahre: Vorgeschichte: Dünndarm-Karzinom, zuletzt: Pembrolizumab (PD-1-AK).
Leitsymptom: Bewegungsabhängige Rückenschmerzen im Bereich der HWS und LWS ohne anamnestische Hinweise auf einen entzündlichen Rückenschmerz.
Diagnostik: KU: Kein Klopfschmerz der WS, Lasègue- und Mennell-Test negativ. MRT-HWS: Bandscheibenprotrusion HWK 4/5+5/6, MRT-ISG: Linksseitiges Knochenödem (Abbildung 2 [Abb. 2]). Labor: HLA-B27 negativ.
Diagnose: Pembrolizumab-induzierte Sakroiliitis links.
Therapie: Etoricoxib 60 mg/d.
Verlauf: Gutes klinisches Ansprechen auf NSAR (Abbildung 2 [Abb. 2]).
Diskussion: Arthritiden unter ICI sind bereits mehrfach in der Literatur beschrieben worden. Hinweise auf einen vornehmlich axialen Befall (z.B. einer Spondyloarthritis oder Sakroiliitis) finden sich dagegen in der Literatur bisher nicht [3]. Die beiden dargestellten Fallberichte zeigen die seltene Manifestation von entzündlichen Gelenkveränderungen mit axialem Befall nach ICI.
In beiden Fällen erinnert die Klinik an einen SpA-ähnlichen Verlauf als Ausdruck von Autoimmunphänomenen, getriggert durch ICI, wenngleich die typischen SpA-Parameter weitestgehend fehlten (periphere Arthritis, Uveitis, Daktylitis, Psoriasis, CED, HLA-B27 bei Patient 2 negativ, bei Patient 1 ausstehend). Die Diagnose einer AS sui genere darf aber in beiden Fällen nicht gestellt werden und die Therapie muss sich daher pragmatisch an den klinischen Manifestationen orientieren. Die eingeleitete Therapie orientierte sich an den Empfehlungen der American Society of Clinical Oncology (ASCO) und National Comprehensive Cancer Network (NCCN). In beiden Fällen konnte ein gutes klinisches Ansprechen auf die eingeleitete Therapie erzielt werden.
Literatur
- 1.
- Lidar M, Giat E, Garelick D, et al. Rheumatic manifestations among cancer patients treated with immune checkpoint inhibitors. Autoimmunity Reviews. 2018;17(3):284-289.
- 2.
- Leipe J, Christ LA, Arnoldi AP, et al. Characteristics and treatment of new-onset arthritis after checkpoint inhibitor therapy. RMD Open. 2018;4:e000714. DOI: 10.1136/rmdopen-2018-000714
- 3.
- Benfaremo D, Manfredi L, Luchetti MM, Gabrielli A. Musculoskeletal and Rheumatic Diseases Induced by Immune Checkpoint Inhibitors: A Review of the Literature. Curr Drug Saf. 2018;13(3):150-164. DOI: 10.2174/1574886313666180508122332