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Wie groß ist das Bedürfnis von Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen nach Information und Partizipation bei therapeutischen Entscheidungen – und wovon wird es beeinflusst?
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Veröffentlicht: | 4. September 2017 |
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Einleitung: Die Beteiligung von Patienten an therapeutischen Entscheidungen gilt als Grundprinzip der medizinischen Versorgung. Das individuelle Bedürfnis nach Information und Partizipation wurde bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen jedoch bislang selten untersucht.
Bisherige Studien bei verschiedenen Krankheitsgruppen belegten, dass weibliche, jüngere und höher gebildete Patienten ein höheres Bedürfnis nach partizipativer Entscheidungsfindung hatten als männliche, ältere und Patienten mit einer geringeren Schulbildung. Die Überprüfung dieser Befunde für die genannte Zielgruppe ist ein Studienziel und Gegenstand dieses Beitrags.
Methoden: In der 1. Studienphase dieser explorativen Studie (DRKS00011517) wurden insgesamt 753 Patientinnen und Patienten mit rheumatoider Arthritis (59 %), Spondyloarthritiden (27 %), Kollagenosen (26 %) oder Vaskulitiden (4 %) einmalig zu ihrem Autonomiebedürfnis (Autonomie-Präferenz-Index; API) sowie soziodemografischen, gesundheitsbezogenen und versorgungsrelevanten Aspekten postalisch (n=363 Mitglieder der Deutschen Rheuma-Liga Sachsen-Anhalt) oder online (n=390; Zugang über Internetforen) befragt.
Ergebnisse: Stichprobe: 88 % Frauen, Alter M=52 [±15] Jahre, 47 % erwerbstätig, 18 % EM-Rentner, 21 % Altersrentner, Krankheitsdauer M=15 [±12] Jahre, 67 % weitere chronische Erkrankungen.
Die Studienteilnehmer berichteten ein sehr hohes Informationsbedürfnis (M=92,7; SD=10,4; Range: 0-100), das sich für einzelne Subgruppen kaum unterschied, aber ein sehr unterschiedlich ausgeprägtes Partizipationsbedürfnis (M=50,0; SD=24,4; Range: 0-100). Dieses war für jüngere und weibliche Patienten, für Erwerbstätige sowie Personen mit höherem Schulabschluss und höherem Einkommen stärker ausgeprägt. Teilnehmer der Onlinebefragung hatten ein um 16 Skalenpunkte (95%-KI: [12,3-19,0]) höheres Partizipationsbedürfnis als Teilnehmer der postalischen Befragung. Die Diagnosen Sjögren-Syndrom und Juvenile Arthritis gingen ebenfalls mit einem höheren Beteiligungswunsch einher. Altersrentner und Personen, die zuletzt eine Anstellung als Arbeiter hatten, berichteten dagegen ein geringeres Partizipationsbedürfnis. Weitere Faktoren, die mit einem geringeren Wunsch nach Beteiligung an therapeutischen Entscheidungen einhergingen, waren: Diagnose rheumatoide Arthritis, weitere chronische Erkrankungen, mehr Medikamente, Vertrauen in den behandelnden Rheumatologen, mehr behandelnde Ärzte und Schwierigkeiten, medizinische Informationen zu verstehen.
Schlussfolgerung: Die Ergebnisse belegen das sehr stark ausgeprägte Bedürfnis aller Patienten, Informationen zu ihrer Erkrankung und anstehenden therapeutischen Entscheidungen zu erhalten. Dagegen gestaltet sich das Bedürfnis, in diese Entscheidungen einbezogen zu werden, für verschiedene Patientengruppen sehr unterschiedlich. Inwiefern die Berücksichtigung dieses Bedürfnisses Effekte auf die Patientenzufriedenheit, die Therapietreue und das Behandlungsergebnis hat, sollen die Ergebnisse der zweiten Studienphase zeigen.