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Cutis oder Subcutis, das ist die Frage
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Veröffentlicht: | 4. September 2017 |
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Ein 55-jähriger Patient stellt sich wegen einer akut aufgetretenen Umfangsvermehrung mit Induration und Rubor des rechten Oberschenkels vor, die sich im Verlauf auch auf den linken Oberschenkel ausdehnen. Trotz eingeschränktem Allgemeinzustand und subfebrilen Temperaturen werden Arthralgien, Arthritiden, Myalgien sowie sonstige auf eine systemische Erkrankung hinweisende Symptome verneint. Eine Wunde hätte zu keinem Zeitpunkt bestanden.
Bei Aufnahme sind die Entzündungsparameter (CRP 1,5 mg/dl, Leukozyten 14.000/ul) bei normwertiger Creatininkinase erhöht. Nach Ausschluss einer tiefen Venenthrombose sowie eines möglichen stenosierenden Abdominalprozesses ist eine intravenöse Antibiose bei V.a. ein Erysipel erfolglos. Die weiterführenden Untersuchungen (CT, MRT) weisen eine Hyperperfusion des subkutanen Fettgewebes im gesamten Becken, des rechten Oberschenkels und lokalisiert im linken Oberschenkel bei Aussparung des Glutealbereichs nach. Die nicht-verdickten Faszien weisen deutliche Flüssigkeitsansammlungen auf, zudem ein peri- und intermuskuläres Enhancement. Die entsprechenden laborchemischen Untersuchungen sind negativ: ANA, ANCA, Lipase, Immunglobuline, Komplement und Eiweißelekrophorese. Computertomographisch werden Lymphadenopathien (DD Sarkoidose, Lymphome) und solide Organtumore ausgeschlossen. Nach Ausschluss einer Fasziitis ergibt sich die Differenzialdiagnose einer Pannikulitis.
Die entsprechende Oberschenkelbiopsie weist mit dem typischen entzündlichen, nekrotisierenden Prozess im subkutanen Fettgewebe und perivaskulären Entzündungsinfiltraten auf eine Panniculitis nodularis nonsupportiva febrilis et recidivans (Pfeifer-Weber-Christian-Syndrom) hin. Laborchemisch bestätigt sich als zugrundeliegende Ursache ein Alpha-1-Antitrypsin-Mangel (AAT-Mangel) mit homozygoter Mutation bei ZZ-Phänotyp. Nach hochdosiertem Steroidstoß mit decrescendo-Schema, begleitender NSAR-Therapie, täglicher Krankengymnastik und Lymphdrainage kommt es rasch zu einem klinischen und laborchemischen Ansprechen. Im Weiteren erfolgt bei nachweisbarem beginnendem Lungenemphysem eine kontinuierliche AAT-Substitutionstherapie mit intravenösem Prolastin (1650 €/Woche), die bei dem genannten Patienten zu einer kompletten Remission der Pannikulitis und Stabilisierung der Lungenfunktion führt.
Alpha-1-Antitrypsin ist einer der wichtigsten Proteaseinhibitoren im Serum und inaktiviert mehrere Serinproteasen (z.B. Elastase, Proteinase 3). In Abhängigkeit der Mutation (autosomal-rezessiv) sind Organmanifestationen wie chronische Hepatitis, Leberzirrhose, Lungenemphysem mit Bronchiektasien sowie (seltener) systemische Vaskulitiden beschrieben. Die neutrophile Pannikulitis, die sich nur bei 0,1% aller Patienten mit ZZ-Phänotyp zeigt, ist meist schwer ausgeprägt und kann auch isoliert auftreten. Sie stellt somit eine sehr seltene Ursache einer Pannikulitis dar. Eine entsprechende AAT-Substitution kann mögliche Organschäden bzw. deren Fortschreiten bei konsequenter Abstinenz von Nikotin und hepatotoxischen Noxen in Abhängigkeit des zugrundeliegenden Krankheitsstadiums verhindern.