Artikel
Eine benigne Erkrankung mit letalem Verlauf
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 4. September 2017 |
---|
Gliederung
Text
Vorgeschichte: Bei einem 86-jährigen Patienten waren seit zwei Monaten Schmerzen, eine zunehmende Hörminderung und eine Otorrhoe am rechten Ohr und im Verlauf eine Änderung der Stimmlage, Schluckbeschwerden, eine Zungenmotilitätsstörung und Probleme beim rechtsseitigen Lidschluss aufgetreten. Eine B-Symptomatik bestand nicht. An Vorerkrankungen waren eine langjährige chronische Niereninsuffizienz und ein Z.n. Myokardinfarkt bekannt.
Diagnostik: Vom Neurologen wurde ein Ausfall der Hirnnerven IX-XII diagnostiziert. Mittels MRT-Diagnostik wurden ein ausgedehnter raumfordernder Prozess im Bereich der rechten Occipitalcondyle mit Beteiligung der umgebenden Weichteile und des rechten parapharyngealen Gewebes (inklusive Ummauerung der V. jug. interna und A. carotis interna) sowie eine Verschattung des rechten Mastoids nachgewiesen. Labordiagnostisch fanden sich eine CRP-Erhöhung (2,4 mg/dl), eine geringe Anämie, Leukozytose und Thrombozytose; die ANA und ANCA waren negativ. Bei der histopathologischen Untersuchung eines Clivusbiopsats fand sich kollagenfaserreiches Gewebe und im Nasenschleimhautbiopsat ein hyperplastisches lymphoepitheliales Gewebe mit herdförmiger chronisch-granulierender Entzündung; Hinweise bezüglich Malignom, Vaskulitis oder Pilzinfektion ergaben sich nicht. Nach interdisziplinärer Falldiskussion erfolgte eine immunhistochemische Nachuntersuchung des Biopsatmaterials. Hierbei fand sich ein Befund vereinbar mit einer IgG4-assoziierten Erkrankung (reichlich CD38-exprimierende Plasmazellen innerhalb des dichten lymphoplasmazellulären Infiltrates mit partieller Koexpression von IgG und IgG4; IgG4/IgG-Ratio: 50%; absolute Zahl an IgG4-positiven Plasmazellen in den verschiedenen HPF´s: 50-80). Der IgG- sowie der IgG4-Serumspiegel waren jeweils normwertig. In einem Ganzkörper-F-18 FDG-PET/CT fanden sich bis auf den Lokalbefund keine weiteren Manifestationen.
Therapie und weiterer Verlauf: Nach Beginn einer Prednisolon-Therapie (initial 1 mg/kg/Tag) waren die Schmerzen zunächst rückläufig. Da die Bildgebungskontrolle jedoch einen unveränderten Befund ergab, wurde eine Rituximab-Therapie (2 x 1 g) eingeleitet. Im Verlauf entwickelte der Patient eine progrediente rechtsseitige Facialisparese, weswegen eine Hochdosispulssteroidtherapie erfolgte. Hierunter stabilisierte sich die Hirnnervenausfallssymptomatik. Nach sechs Monaten erfolgte ein erneuter Rituximab-Zyklus. Im Verlauf beklagte der Patient neben einer Allgemeinzustandsverschlechterung ein zunehmendes HWS-Instabilitätsgefühl, als deren Ursache sich bildgebend eine progrediente Densarrosion bei weiterhin floridem Lokalprozess fand. Eine Strahlentherapie und eine Abatacept-Therapie wurden erwogen. Leider verstarb der Patient plötzlich beim Frühstücken noch vor Wechsel des Therapieregimes.
Schlussfolgerung: Unser Patient litt an einer sehr seltenen Schädelbasismanifestation einer IgG4-assoziierten Erkrankung und war auf Steroide und Rituximab therapierefraktär.