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44. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie, 30. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie, 26. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie

31.08. - 03.09.2016, Frankfurt am Main

Eine seltene Ursache einer schweren Pannikulitis

Meeting Abstract

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  • Christoph Fiehn - ACURA Rheumazentrum Baden-Baden, Baden-Baden

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie. Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie. 44. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh); 30. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh); 26. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR). Frankfurt am Main, 31.08.-03.09.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocFA.51

doi: 10.3205/16dgrh295, urn:nbn:de:0183-16dgrh2958

Veröffentlicht: 29. August 2016

© 2016 Fiehn.
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Gliederung

Text

Vorgeschichte: Die 58-jährige, in Russland lebende Patientin stellte sich zur Abklärung einer unklaren, episodisch auftretenden Entzündung des Fettgewebes an Oberschenkeln und Oberarmen vor.

Leitsymptome und Manifestationen: 2 Jahre vor der Vorstellung hatte sie plötzlich Schwellungen an Oberschenkeln und Oberarmen, Fieber bis 39C und Schüttelfrost bemerkt. Im Verlauf kam es zu subkutanen Schwellungen und Rötungen der betroffenen Extremitäten, welche episodisch verliefen. Im Weiteren zeigten sich – fotographisch dokumentiert – ulzeröse, teilweise fistulierende Veränderungen des Fettgewebes mit weißlichem Ausfluss und teilweise narbiger Defektheilung. Eine Therapie mit initial 60mg Prednison in absteigender Dosis führte zu keine Besserung. Stattdessen kam es zu einer massiven Superinfektion der Ulcera, so dass schließlich eine Amputation des linken Beins am Oberschenkel notwendig wurde. Histologisch zeigte das Fettgewebe eine schwere Pannikulitis mit ausgeprägter Verdickung der interlobulären Innenwände und Infiltration dieser und der Fettläppchen durch mononukleäre Zellen incl. neutrophilen Granulozyten, Histiozyten, leichten eosinophilen Entzündungsmassen und umgebenden granulomatösen Entzündungszonen.

Diagnostik: Zum Zeitpunkt der Vorstellung war die letzte Episode der Entzündung abgeklungen. Laborchemisch zeigte sich ein normales C-reaktive Protein, Blutbild und Blutchemie incl. Transaminasen und Lipase. ANCA, ANA und andere rheumaserologische Parameter waren negativ. Die Patientin war Raucherin und hatte Symptome einer leichten chronischen Bronchitis und in der Lungenfunktion eine leichte Obstruktion und Diffusionsstörung. Ansonsten hatte sie keine Vorerkrankungen und auch keine Symptome oder Befunde von Pankreatitiden. Im Vorfeld war bereits die Untersuchung des Gewebes auf Mycobakterien incl. Tbc negativ geblieben, eine CT-Thorax-Untersuchung, wie auch ein Oberbauchsonogramm hatten einen Normalbefund gebracht. Eine Untersuchung der Proteinelektrophorese zeigte eine Verminderung der Alpha-1-Fraktion auf 1,1% (Norm 2,0-4,5%). Eine daraufhin veranlasste Messung von Alpha-1-Antitrypsin im Serum zeigte einen verminderten Wert von 22 mg/dl (Norm 90-200). Eine molekulargenetische Untersuchung bestätigte die Diagnose eine hereditären Alpha-1-Antitrypsin-Mangel mit einer homozygote ZZ-Mutation des Gens.

Beurteilung und Verlauf: Hereditärer Alpha-1-Antitrypsinmangel kann in seltenen Fällen zu schweren Pannikulitiden führen. Die Häufigkeit soll bei 0,1% aller Patienten mit ZZ-Mutationen liegen. Diese Manifestation wird wahrscheinlich durch das Fehlen der hemmenden Wirkung von Alpha-1-Antitrypsin auf Gewebeproteasen, wie z.B. die neutrophile Elastase hervorgerufen, was zu autoinflammatorischen Vorgängen führt. Bei der hier beschriebenen Patientin waren die Pannikulitiden so schwer, dass eine Amputation des Beines am Oberschenkel notwendig wurde. Bis auf eine leichte, gering symptomatische obstruktive Lungenerkrankung hatte die Patientin ansonsten keine Manifestationen der genetischen Erkrankungen, auch keine Befunde welche für eine Leberzirrhose sprachen. In der Literatur wird die erfolgreiche Prophylaxe von entzündlichen Schüben durch Dapsone oder Colchicin beschrieben. Da die Patientin gerade in einer entzündungsfreien Episode war, wurde eine Therapie mit 2 x 500mg Colchicin p.o. begonnen, unter dem jedoch zunächst weiter, wenn auch mildere Episoden auftraten.