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44. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie, 30. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie, 26. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie

31.08. - 03.09.2016, Frankfurt am Main

Kachexie mit schwerer hepatischer Insuffizienz und Trizytopenie – Neoplasie, Tuberkulose oder doch „nur“ Sarkoidose?

Meeting Abstract

  • Ulf Butterweck - Universitätsklinikum Essen, St. Josef Krankenhaus, Klinik für Rheumatologie und klinische Immunologie, Essen
  • Lisa Vinnemeier-Laubenthal - Universitätsklinikum Essen, St. Josef Krankenhaus, Klinik für Rheumatologie und klinische Immunologie, Essen
  • Alexander Papenheim - Universitätsklinikum Essen, St. Josef Krankenhaus, Klinik für Rheumatologie und klinische Immunologie, Essen
  • Christof Specker - Universitätsklinikum Essen, St. Josef Krankenhaus, Klinik für Rheumatologie und klinische Immunologie, Essen

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie. Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie. 44. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh); 30. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh); 26. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR). Frankfurt am Main, 31.08.-03.09.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocFA.44

doi: 10.3205/16dgrh294, urn:nbn:de:0183-16dgrh2940

Veröffentlicht: 29. August 2016

© 2016 Butterweck et al.
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Gliederung

Text

Im Juni 2013 fiel im Rahmen vorbereitender Untersuchungen für eine familiäre allogene Stammzellspende eine generalisierte Lymphadenopathie und Hepatomegalie bei der damals 49-jährigen Patientin auf. In einer daraufhin erfolgten Lymphknotenbiopsie zeigen sich epitheloidzellige Granulome. Serologisch waren ACE und sIL-2R i.S. erhöht. Fünf Wochen lang erhält die Patientin unter der Diagnose einer Sarkoidose hochdosiert Prednisolon (100/80/60/40/20mg). Weil sich die Lymphadenopathie darunter nicht zurückbildete, wurde diese Diagnose wieder verworfen und es erfolgten umfangreiche infektiologische Untersuchungen, die aber auch ohne Befund blieben. Es wurde dann eine probatorische tuberkulostatische Therapie durchgeführt, ebenfalls ohne Effekt auf Leber oder Lymphknoten.

Bei zunehmender Kachexie und neu aufgetretener Trizytopenie wurde die Patientin im Folgejahr stationär in die Hämato-Onkologie unter Verdacht auf eine Hämoblastose eingewiesen. Hier konnte mittels Knochenmarkuntersuchung, Leberpunktion und Bildgebung kein Hinweis auf eine hämatologische Neoplasie gefunden werden. Es fiel aber eine progrediente hepatische Insuffizienz mit Aszites und Synthesestörung auf und in der Leberbiopsie wieder epitheloidzellige nichtverkäsende Granulome.

Uns wurde die Patientin dann zur Frage einer „immunologischen Systemerkrankung“ konsiliarisch vorgestellt.

Bei Übernahme standen eine ausgeprägte Kachexie (-40 kg in 18 Monaten), eine Lebersynthesestörung (Ascites, kompromittierte Gerinnung, Eiweißmangel, Cholinestase 1600 U/l) und eine Trizytopenie (Leuko 1.700/µl, Thrombozyten 104.000/µl, Hb 9,1 g/dl) im Vordergrund. Komplizierend war die Patientin polymikrobiell, u.a. mit MRSA besiedelt.

Wir werteten die Leber- und Knochenmarkinsuffizienz als Folge einer Organ-Sarkoidose und begannen eine Therapie mit i.v. Prednisolon (zunächst 50mg/d). Erst nach ca. 3 Wochen zeigte sich eine deutliche Besserung des Allgemeinbefindens der Patient mit Rückgang der hepatischen Insuffizienzzeichen und einer Normalisierung des Blutbildes, so dass dann auch eine steroidsparende Therapie mit Methotrexat eingeleitet wurde. Hierunter gelang eine weitere, schrittweise Reduktion des Prednisolon über die nächsten 10 Monate auf jetzt 5mg/d, wobei sich der lösliche IL-2-Rezeptor i.S. auch erst nach 10-monatiger Therapie normalisiert hatte (initial >7500 U/ml).

Besonders bemerkenswert bei diesem Fall einer Sarkoidose waren die schweren Organmanifestationen bei nahezu normalen unspezifischen Entzündungszeichen (was evtl. durch die schwer gestörte hepatische Syntheseleistung bedingt war) und das Fehlen weiterer „klassischer“ Manifestationen wie Hautveränderungen, Erythemata nodosa, Knochenveränderungen, mediastinaler Lymphadenopathie oder einer entzündlichen Beteiligung der Speicheldrüsen. Der komplizierte Verlauf war retrospektiv vor allem der nicht konsequenten Initialtherapie bei richtiger Diagnose geschuldet.