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44. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie, 30. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie, 26. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie

31.08. - 03.09.2016, Frankfurt am Main

Perforationen des unteren Darmtraktes sind unter Tocilizumab-Therapie häufiger als unter anderen Biologika- und csDMARD Therapien und präsentieren sich mit untypischen Symptomen

Meeting Abstract

  • Anja Strangfeld - Deutsches Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ), Programmbereich Epidemiologie, Berlin
  • Adrian Richter - Deutsches Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ), Programmbereich Epidemiologie, Berlin
  • Britta Siegmund - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Gastroenterologie, Infektiologie und Rheumatologie, Berlin
  • Peter Herzer - Internistisch-rheumatologische Schwerpunktpraxis, München
  • Karin Rockwitz - Praxis, Goslar
  • Winfried Demary - Gemeinschaftspraxis Dres. von Hinüber/Demary, Hildesheim
  • Martin Aringer - Universitätsklinikum „Carl Gustav Carus“ an der Technischen Universität Dresden, Medizinische Klinik III, Rheumatologie, Dresden
  • Angela Zink - Deutsches Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ), Programmbereich Epidemiologie, Berlin
  • Joachim Listing - Deutsches Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ), Programmbereich Epidemiologie, Berlin

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie. Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie. 44. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh); 30. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh); 26. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR). Frankfurt am Main, 31.08.-03.09.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocRA.36

doi: 10.3205/16dgrh251, urn:nbn:de:0183-16dgrh2510

Veröffentlicht: 29. August 2016

© 2016 Strangfeld et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: In randomisierten klinischen Studien (RCTs) wurden unter Tocilizumab (TOC) im Vergleich zur Kontrollgruppe höhere Raten von Perforationen des unteren Darmtraktes (LIP) beobachtet. Die klinische Relevanz dieses Ergebnisses blieb unklar, da die Datenlage zur Inzidenz von LIP bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) insgesamt und unter verschiedenen Therapien schlecht ist.

Methoden: Ausgewertet wurden Daten des deutschen RABBIT-Registers mit N=14.300 RA-Patienten. Diese wurden seit 2001 mit dem Beginn eines Biologikums oder einer weiteren konventionellen (cs)DMARD-Therapie eingeschlossen. Alle bis Mai 2015 aufgetretenen Ereignisse, die mit einer Perforation assoziiert sein könnten (inklusive Hämorrhagien des Magen-Darm-Traktes) wurden berücksichtigt (n=137) und anhand von Epikrisen/spezifischen Nachfragen validiert (AS). Eine zweite Validierung der Ereignisse erfolgte extern durch eine Gastroenterologin (BS). Beide Reviewer waren gegenüber der Therapieexposition verblindet.

Nur gesicherte, nicht-traumatische und nicht-iatrogene Perforationen des unteren Darmtraktes gingen in die Analyse ein. Zur Berechnung der Therapieexposition wurde ein drei-Monats-Fenster verwendet.

Ergebnisse: Insgesamt waren 36 LIPs unter Beobachtung (48,102 Patientenjahre) aufgetreten: 31 Kolon/Sigma, 4 Appendix vermiformis, 1 terminales Ileum. 27/36 Patienten erhielten Glukokortikoide, 12 Patienten mit Dosierung >7,5mg/d.

In der multiplen Cox-Regression waren höheres Alter (HR 1.5 [95%CI 1.3,1.8] je 5 Jahre), und Glukokortikoide (HR 1.3 [1.2,1.4] pro 5mg/d Dosissteigerung) mit einem höheren Risiko für LIP assoziiert. Unabhängig davon ging die Therapie mit TOC (Referenz: csDMARDs) mit einem 5-fach höheren Risiko für LIP einher (HR 5.2 [2.4,11.6]). Therapien mit anderen Biologika waren nicht mit einem erhöhten LIP-Risiko assoziiert.

Bei 1/11 Patienten mit LIP unter TOC war dem Rheumatologen eine vorbestehende Divertikulitis bekannt. Die Symptome, mit denen sich LIP-Patienten unter TOC-Therapie vorstellten, waren untypisch für Perforationen: akute und lokalisierte Schmerzen waren eher selten, diffuser Abdominalschmerz wurde häufiger berichtet. Das meist vollständig unterdrückte oder nur leicht erhöhte CRP war als diagnostisches Kriterium für Divertikulitis/Perforation nicht aussagekräftig.

Als direkte Folge der LIP verstarben 11(31%) der Patienten: 3/12 unter TNF-Inhibitoren, 2/11 unter csDMARD-Exposition und 6/11 Patienten unter TOC.

Abbildung 1 [Abb. 1]

Schlussfolgerung: Das in RCTs berichtete Signal eines erhöhten Risikos von Perforationen des unteren Intestinaltraktes unter TOC zeigte sich auch in Beobachtungsdaten. Patienten sollten auf das erhöhte Risiko von Darmperforationen und ein untypisches Erscheinungsbild mit fehlender CRP-Erhöhung hingewiesen werden.

Finanzierung: RABBIT wird gemeinsam durch AbbVie, Bristol-Myers Squibb, Celltrion, Hospira, MSD Sharp&Dohme, Pfizer, Roche und UCB unterstützt.