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Der Patient im Fokus: Libidoverlust unter Anti-TNF alpha-Therapie? Therapieentscheid am Rande von Leitlinien und Empfehlungen bei rheumatoider Arthritis (RA) in klinischer Remission
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Veröffentlicht: | 29. August 2016 |
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Einleitung: Nach der S1-Leitlinie der DGRh ist das primäre therapeutische Ziel die Remission (DAS 28 < 2.6) [1]. Objektivierbare Indikatoren für Lebensqualität bilden jedoch häufig nicht auch die subjektive Lebenszufriedenheit ab. Sexualität ist ein wichtiger Bestandteil der Lebensqualität.
Wichtigster Prädiktor für Lebenszufriedenheit ist, neben der finanziellen Absicherung, die sexuelle Gesundheit [2]. Die gängigen Fragebogen zu „patient related outcomes“ (HAQ und FFBH) enthalten keine Fragen zur Sexualität.
90% der Mediziner und Therapeuten ist bewusst, dass Sexualfunktionsstörungen ein großes Problem für Rheumatiker darstellen, über 70% der Befragten thematisieren dies nicht [3]. Einschränkungen in diesem Lebensbereich können einen erheblichen Einfluss auf Lebensqualität, Compliance und Therapieadhärenz haben.
Kasuistik: 58-jähriger Patient, ED seropositive RA 07/12, DAS 28: 5,2.08/12 Einleitung Methotrexat 20 mg p.o. 03/13 Kombinationstherapie mit Leflunomid p.o.Bei persistierender Polyarthritis 06/13 Beginn einer Kombinationstherapie mit Certolizumab 200 mg/s.c./14 tägig und MTX 20 mg/s.c./wöchentlich.
Nach drei Monaten Remission (DAS 28 2,52),nach 6 Mon. erstmals Frage nach einem möglichen Einfluss des Medikamentes auf die Libido. Seit Beginn der Anti-TNF-Therapie bemerke er einen zunehmenden Libidoverlust. Dies belaste inzwischen seine Ehe.Im Verlauf des folgenden Jahres stabiler Verlauf der RA. Bei WV in 11/14 unverändert Libidoverlust. Zwischenzeitlich Psychotherapie und Paartherapie mit der Ehefrau, ohne Erfolg. Der Patient wirkte subdepressiv. Aufgrund des engen zeitlichen Zusammenhangs und des immensen Leidensdrucks des Patienten, schließlich, trotz des stabilen Krankheitsverlaufs der RA, Wechsel des Therapieregimes.
Verlauf: Seit Dezember 2014 erfolgt Therapie mit RoActemra s.c.. Bei der WV nach drei Monaten zeigte sich die RA weiter in stabiler Remission. Ein halbes Jahr nach Umstellung stellte sich ein, im gesamten Habitus veränderter Patient vor: Er wirkte gelöst und fröhlich und berichtete, dass sich seine Lebenszufriedenheit deutlich gesteigert habe, er könne wieder eine normale Sexualität empfinden und sei sehr dankbar dafür. Inwieweit ein tatsächlich kausaler Zusammenhang zwischen der medikamentösen Therapie und der Libidostörung vorliegt ist nicht klar.
Schlussfolgerung: Die Prävalenz von Sexualfunktionsstörungen bei Patienten mit rheumatoider Arthritis ist hoch. Funktionsstörungen können Folge der Erkrankung oder auch der Therapie sein. Ein wichtiger Bestandteil der Lebensqualität ist die Erhaltung oder Wiederherstellung der Sexualität, dies wird jedoch zu selten im Arzt-Patient-Gespräch thematisiert und in den gängigen Erhebungsbögen nicht erfasst. Signalisierung von Gesprächsbereitschaft und Verbesserung des Krankheitsverlaufs kann helfen die Lebensqualität und Zufriedenheit zu verbessern und positiven Einfluss auf Compliance und Therapieadhärenz nehmen.