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Das kapillarmikroskopische Sklerodermiemuster bei nicht-rheumatologischen Erkrankungen: Interferon beta als wichtige Differentialdiagnose des sekundären Raynaud-Phänomens
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Veröffentlicht: | 29. August 2016 |
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Einleitung: Die Nagelbett-Kapillarmikroskopie ist das wichtigste Untersuchungsverfahrenzur Unterscheidung des primären und sekundären Raynaud-Phänomens (RP).Einkapillarmikroskopisch pathologischerBefund mit „Sklerodermiemuster“[2] gilt als spezifisch für eine systemische Sklerose (SSc), kann aber auch beianderen Kollagenosen wie z.B. Dermatomyositis odersystemischer Lupus erythematodesvorkommen [4].
Fallbericht: Ein 45-jähriger Mann mit einem schweren RP seit 3-4 Jahrenwurde uns von den angiologischen Kollegen mit der Verdachtsdiagnose einerSSc aufgrund eines typischen kapillarmikroskopischen Befundes und dem Nachweis von antinukleären Antikörpern (ANA) zugewiesen. Es erfolgte einerheumatologische Anamnese,klinische Untersuchung, Labordiagnostik undVideo-Kapillarmikroskopie der Finger II bis V beidseits.
Ergebnisse: Im immunologischen Labor wurden positive ANA mit einem Titer von 1:320 bestätigt, jedoch keine spezifischen Antikörper nachgewiesen. In der Kapillarmikroskopie zeigte sich ein „Sklerodermiemuster“ dominiert von vielen Riesenkapillaren und HämorrhagienalsMerkmale eines „active SSc pattern“ [2].
Anamnestisch und in der klinischen Untersuchung lagen keine weiteren Anhaltspunkte für eine SSc oder andere Kollagenose vor. In der Vorgeschichte war eine seit ca. 25 Jahren bekannte Multiple Sklerose zu erheben, welche mit Interferon beta, Fampridin (Kaliumkanalblocker) und 5 Kortisonstößenvon je1g i.v.alle 3 Monate behandelt wurde.
Unter Diagnose eines am ehestenInterferon beta-assoziierten sekundären RP wurde eine Behandlung mit Amlodipin begonnen, welche bei peripheren Ödemen abgesetzt werden musste. Bei Exacerbation der Symptomatik im Winter wurde eine Ilomedin-Infusionstherapie durchgeführt. Im Verlauf erfolgte ein Therapieversuch mit Phosphodiesterase-Hemmern, auf welche der Patient sehr gut ansprach. Über den bisher 3-jährigen Verlauf waren keine erneuten Ilomedin-Infusionen notwendig und haben sich keine Anhaltspunkte für eine Kollagenose entwickelt.
Schlussfolgerung: Liegt kapillarmikroskopisch ein klassisches„Sklerodermiemuster“ vor, sollten auch bei Nachweis von ANAneben rheumatologischen Erkrankungen andere mögliche Ursachen des sekundärenRP differentialdiagnostisch in Erwägung gezogen werden. Während für Interferon alpha zahlreiche Fallberichte vorliegen, ist eine Assoziation mit Interferon beta selten, aber bekannt [3]. Kapillarmikroskopische Veränderungen sind bisher nicht bekannt gewesen. Ineinem Fallwurde einÜbergang in eineSSc vorbeschrieben [1], so dass eine Verlaufsbeobachtung notwendig erscheint.
Literatur
- 1.
- Airo’ P, Scarsi M, Rossi M, Mondini M. Onset and enhancement of systemic sclerosis after treatments for multiple sclerosis. Rheumatol Int. 2008 May;28(7):703-7.
- 2.
- Cutolo M, Sulli A, Pizzorni C, Accardo S. Nailfold videocapillaroscopy assessment of microvascular damage in systemic sclerosis. J Rheumatol. 2000 Jan;27(1):155-60.
- 3.
- Linden D. Severe Raynaud's phenomenon associated with interferon-beta treatment for multiple sclerosis. Lancet. 1998 Sep 12;352(9131):878-9.
- 4.
- Nagy Z, Czirják L. Nailfold digital capillaroscopy in 447 patients with connective tissue disease and Raynaud's disease. J Eur Acad Dermatol Venereol. 2004 Jan;18(1):62-8.