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Zunehmende Diskrepanz zwischen Arzturteil zur Krankheitsaktivität und patientenberichtetem Gesundheitszustand von 2000 bis 2012
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Veröffentlicht: | 12. September 2014 |
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Einleitung: Die Kerndokumentation hat im vergangenen Jahrzehnt für die rheumatoide Arthritis eine kontinuierliche Verbesserung der Krankheitskontrolle (DAS28) gezeigt [1]. Diese wurde jedoch nicht im selben Umfang von Verbesserungen in den vom Patienten beurteilten Skalen begleitet. Wir haben daher untersucht, ob und wie sich das Verhältnis von Arzt- und Patienteneinschätzung bei verschiedenen Diagnosen in der letzten Dekade verändert hat.
Methoden: Es wurden Patienten der Kerndokumentation der regionalen kooperativen Rheumazentren der Jahre 2000 bis 2012 ausgewertet, für die sowohl Arzt- als auch Patientenselbsteinschätzung vorlagen. Für die Diagnosen rheumatoide Arthritis (RA), ankylosierende Spondylitis (AS), Psoriasis-Arthritis (PsA), systemischer Lupus Erythematodes (SLE) und Polymyalgia rheumatica (PMR) wurde die Patienteneinschätzung des allgemeinen Gesundheitszustandes mit der vom Arzt beurteilten Krankheitsaktivität, beide gemessen auf numerischen Ratingskalen 0-10, unter Berücksichtigung von Geschlecht, Alter und Krankheitsdauer verglichen.
Ergebnisse: Im Jahr 2000 waren Patientenurteile bei den einzelnen Krankheitsbildern im Mittel um 0.9-1.6 Punkte schlechter als die zugehörigen Arzteinschätzungen. Bis 2012 erhöhten sich diese Unterschiede um 0.4-1.2 auf 1.6-2.6 Punkte. 2000 wurden Patientenurteile, die mindestens um einen Punkt schlechter als das Arzturteil ausfielen, bei 62-65% der Patienten mit RA, AS, PsA und PMR, und bei 53% der Patienten mit SLE gefunden. Zwischen 2000 und 2012 erhöhten sich diese Anteile schlechterer Selbsteinschätzung um 12-16% für alle Diagnosen außer AS (7%)(Tabelle 1 [Tab. 1]). Mit Ausnahme von AS hatten männliche Patienten stärkere Anstiege divergierender Punktwerte über die Zeit. Patienten im Alter bis 40 Jahre zeigten eine höhere Übereinstimmung mit dem Arzturteil als ältere Patienten. Größere Diskrepanzen gehen sowohl mit steigendem Alter als auch längerer Krankheitsdauer einher und reflektierenu.a. die zunehmende Belastung durch Komorbidität. Allerdings scheint der allgemeine Anstieg der Raten über die Zeit nicht von Alter oder Krankheitsdauer beeinflusst zu sein.
Schlussfolgerung: In der letzten Dekade haben die Abweichungen zwischen Patienten- und Arzturteil über alle Diagnosen hinweg zugenommen. Diese Entwicklung scheint veränderte Erwartungshaltungen angesichts effektiverer Therapien und anspruchsvollerer Therapieziele, die gestiegene Bedeutung der allgemeinen Lebensqualität in der öffentlichen Wahrnehmung sowie – in Zeiten von fast universellem Internetzugang – auch den besser informierten Patienten zu reflektieren. Diese Veränderungen sollten berücksichtigt werden, wenn die Entwicklung von Patientenselbsteinschätzungen über längere Zeiträume bewertet wird.