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50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Plastische und Wiederherstellungschirurgie (DGPW)

Deutsche Gesellschaft für Plastische und Wiederherstellungschirurgie e. V.

11.10.-13.10.2012, Hannover

Plastisch-rekonstruktive Techniken in der Thoraxchirurgie

Meeting Abstract

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  • H. Rupprecht - Fürth

Deutsche Gesellschaft für Plastische und Wiederherstellungschirurgie. 50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Plastische und Wiederherstellungschirurgie (DGPW). Hannover, 11.-13.10.2012. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2012. Doc12dgpw40

doi: 10.3205/12dgpw40, urn:nbn:de:0183-12dgpw407

Veröffentlicht: 4. Dezember 2012

© 2012 Rupprecht.
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Gliederung

Text

Plastisch-rekonstruktive Verfahren haben in der Thoraxchirurgie die Morbidität und Mortalität signifikant reduziert. Bronchoplastische Operationen, vor allem die sog. Manschettenresektionen, kamen primär nur als Alternativmethode zum Einsatz, wenn eine massiv eingeschränkte Lungenfunktion bzw. schwere Herzinsuffizienz, eine notwendige Pneumonektomie nicht zuließ. Inzwischen gilt diese Op.-Technik als Standardverfahren bei Patienten mit einem nicht-kleinzelligen Karzinom im Stadium I–III A, mit annähernd gleichen Fünf-Jahresüberlebensraten – selbst nach neoadjuvanter Chemotherapie – wie mit konventionellen Resektionen. Prinzipiell unterscheidet man die zirkuläre Teilresektion des Hauptbronchus („Manschette“) inklusive des befallenen Lappenbronchus und dem dazugehörigen Lungenparenchym („Sleeve lobectomy“). Bei benigen oder niedrig-malignenTumoren (z.B. Carcinoid), entzündungsbedingten Strikturen (z.B. Tbc) sowie post-traumatischen bzw. postoperativen Stenosen, genügt die alleinige Resektion des befallenen Bronchussegmentes ohne Parenchymentfernung („Bronchial sleeve resection“). Sogar bei einem T 4-Stadium (tumoröse Infiltration der großen Gefäße) kann diese Technik noch unter kurativem Ansatz eingesetzt werden. Etwa bei einer oberen Bilobektomie mit Manschettenresektion, bei der bedingt durch die enge anatomische Nachbarschaft, das Lungenkarzinom gelegentlich die Pulmonalarterie infiltriert, so dass eine Angioplastik oder sogar ein prothetischer Ersatz der A. pulmonalis notwendig wird („Double sleeve resection“).

Im Gegensatz dazu, zeigen sog. T3-Karzinome der Lunge ein anderes „Infiltrationsverhalten“ und penetrieren von „innen“ die Thoraxwand oder das Sternum. Auch primäre Knochentumore (Chondro-,bzw. Osteosarkome) können die Brustwand befallen, wobei diese aber u.U. die Lunge von „aussen“ infiltrieren. Meistens liegen bei „isolierten“ Thoraxwandgeschwülsten die ossären Metastasen eines extrathorakalen Tumors (Mammakarzinom) vor. Nach Ausschluss einer Fern-metastasierung und ggf. nach einer neoadjuvanten Therapie, können diese Patienten einer kurativen Resektion zugeführt werden. Entscheidend ist dabei die großzügige „en bloc“-Resektion der gesamten Thoraxwand inklusive von anhaftendem Lungenparenchym. Die onkologisch notwendigen großen Defekte werden in der Regel durch Muskelschwenklappen (M. latissimus dorsi) gedeckt. Sind diese jedoch nicht mehr verwendbar (Kachexie, Rezidiveingriff etc.) kommt alternativ ein „Mehrstufen-Konzept“ zum Einsatz. Nach „en bloc“-Resektion des Tumors, wird der knöcherne Defekt in der Thoraxwand bevorzugt durch Goretex (Goretex Dualmesh®) rekonstruiert, da die hohe Elastiziät wieder „physiologische“ Atemexkursionen ermöglicht. Über eine Oberbauchlaparotomie bevorzugt jedoch über einen laparoskopischen Zugang, wird das Omentum majus von der großen Magenkurvatur abpräpariert und an der A. epiploica dextra gestielt. Das große Netz wird anschließend über einen subkutanen „Tunnel“ nach thorakal verlagert und am Goretexinterponat fixiert. Zur Beschleunigung der Wundgranulation werden Polyurethanschwämme (VAC) auf das mit einer Silikonfolie geschützte Omentum aufgetragen und mit einem Sog von 125 mm Hg angepresst. Nach intermittierenden „VAC-Wechseln“ im Abstand von 3 Tagen ist in der Regel nach 4 Wochen eine Deckung des eingeheilten Omentums mit einem Spalthautlappen möglich. Diese Alternativtechnik ist mit einem erheblich geringeren Zeitaufwand (z.B. bei Risikopatienten!) zu bewerkstelligen, verbunden mit einem verminderten Operationstrauma und geringeren postoperativen Schmerzen.

Die chirurgischen „Tools“ Omentum und „VAC“, haben sich auch in der septischen Thoraxchirurgie bewährt und erheblich zur Komplikations-, und Letalitätssenkung, beigetragen. Schwere intrathorakale Infektionen (Pleuraempyem, Lungenabszess) sind oft mit den herkömmlichen Spül-Saugdrainagen nicht zu beherrschen. Liegt die Ursache bei einer Bronchusinsuffizienz nach einer Lungenresektion, scheitern bei einer massiv eitigen Pleurahöhle („Kloake“) häufig Muskellappenplastiken (z.B. M. serratus, Zwerchfell) zur Bronchusstumpfdeckung, da diese nach wenigen Tagen nekrotisch werden. Eine Sanierung ist nur noch durch ein Omentuminterponat mit seiner hohen lymphatischen „Potenz“ (Granulozyten) und seines relativ großen Volumens möglich, welches des weiteren eine Tamponade der Thoraxhöhle und „Abdichtung“ des Bronchuslecks, ermöglicht. Zusätzlich eingebrachte schwarze Polyurethanschwämme pressen durch den angelegten Sog (125 mm Hg) das Omentum gegen die Insuffizienz und provozieren damit ein rascheres „Verkleben“. Außerdem lassen sich die Abszessmembranen damit schneller evakuieren und die Granulation beschleunigen, wobei dadurch auch die Wundhöhle wesentlich rascher „schrumpft“ und dafür ausgedehnte Rippenresektionen – im Gegensatz zu früher – nicht mehr nötigt sind.

Die Vakuumtherapie hat auch bei sternalen Wundinfektionen (Sternumosteomyelitis) signifikant zur Prognoseverbesserung bei dieser potentiell lebensbedrohlichen Komplikation (Mediastinitis), beigetragen.

Nach Debridement von Nekrosen und Knochensequestern, verwenden wir ebenfalls bevorzugt schwarze Polyurethanschwämme mit einem Sog von 125 mm Hg und führen damit die übliche „offene“ Behandlung (Wundtamponade mit aseptischen Lösungen) in einem „geschlossenen“ System durch. Auf diese Weise erfolgt eine raschere Wundreinigung und bedingt eine bessere Lebensqualität für den Patienten (Geruchsneutralität!). Bei einer Sternumdehiszenz bewirkt das „VAC®“ eine Reduktion der Scherkräfte, sodass sich der knöcherne Thorax rascher stabilisiert und durch Verbesserung der Lungenfunktion pulmonale Komplikationen vermindert werden. Bei sauberen Wundverhältnissen wird bei einer Osteomyelitis ein Muskellappen (z.B. M. pectoralis) interponiert oder auch Omentum, welches sich bei tiefen, irregulären Defekten als biologisches „Füllmaterial“ besonders gut eignet.

Insgesamt betrachtet, haben plastisch-rekonstruktive Maßnahmen bei thorakalen Prozessen die Prognose und die Lebensqualität deutlich verbessert.