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47. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC), 21. Jahrestagung der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC)

08.09. - 10.09.2016, Kassel

Der interessante Fall einer nicht-infizierten, größenprogredienten Gigantomastie nach geschlechtsangleichender Mammaaugmentation aufgrund eines ca. 12 kg schweren, sanguinolenten Serom-Silikon-Gemisches

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Lara Kasper - AGAPLESION Markuskrankenhaus, Plastische- und Ästhetische Chirurgie, Wiederherstellungs- und Handchirurgie, Frankfurt am Main, Deutschland
  • Shafreena Kühn - AGAPLESION Markuskrankenhaus, Plastische- und Ästhetische Chirurgie, Wiederherstellungs- und Handchirurgie, Frankfurt am Main, Deutschland
  • Ulrich Rieger - AGAPLESION Markuskrankenhaus, Plastische- und Ästhetische Chirurgie, Wiederherstellungs- und Handchirurgie, Frankfurt am Main, Deutschland
  • Ahmet Bozkurt - AGAPLESION Markuskrankenhaus, Plastische- und Ästhetische Chirurgie, Wiederherstellungs- und Handchirurgie, Frankfurt am Main, Deutschland

Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen. Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen. 47. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC), 21. Jahrestagung der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC). Kassel, 08.-10.09.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc172

doi: 10.3205/16dgpraec172, urn:nbn:de:0183-16dgpraec1721

Veröffentlicht: 27. September 2016

© 2016 Kasper et al.
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Gliederung

Text

Fallbericht: Eine 77-jährige Patientin wurde uns zur Abklärung einer einseitigen Gigantomastie mit grotesker Deformierung zugewiesen. Anamnestisch ergab sich eine Mann-zu-Frau Transsexualität mit einer initialen Mammaaugmentation im Jahr 1975 sowie nachfolgenden Implantatwechseln 1991 und 1993. Seit 2010 zeigte sich eine unilaterale Größenprogredienz rechts.

Inspektorisch imponierte eine circa Basketball-große Gigantomastie rechts mit sichtbarer Gefäßzeichnung und prall gespanntem Hautmantel. Beidseits waren periareoläre Zugangswege mit horizontaler Schnitterweiterung von 5 cm zu beiden Seiten erkennbar. Weitere Angaben zu den Vorbehandlungen konnten nicht ermittelt werden. Das enorme Gewicht der Brust zwang die Patientin in eine permanente Fehlhaltung. Wir erhoben rechts folgende Maße: Jugulum-Mamillen Abstand: rechts = 36 cm, links = 25 cm, Steglänge: rechts = 14 cm, links 4 cm; Brustumfang Höhe Mamille = 138 cm; Brustumfang Höhe Submammärfalte = 110 cm. Eine Sonographie und CT-Untersuchung ergaben eine teils solide, teils verflüssigte Raumforderung ohne Hinweis auf eine Malignität.

Zum Ausschluss einer Neoplasie (wie z.B. einem anaplastischen großzelligen Lymphom [ALCL]), erfolgte primär eine allschichtige Inzisionsbiopsie. Hierbei wurden nach Eröffnen der subpectoral gelegenen Kapsel bereits circa 4,5 l einer rot-braunen, gallertigen Flüssigkeit mit unklaren Gewebepartikeln entfernt. Die histopathologische Untersuchung lieferte keinen Anhalt für einen malignen Befund. Die mikrobiologischen Abstriche waren steril. Nachfolgend planten wir die einseitige Brustverkleinerung (inverted-T; wise pattern). Aufgrund der nicht ausreichend bekannten Voroperationen wurde eine superior-inferior-laterale MAK-Stielung gewählt. In diesem zweiten Eingriff entfernten wir erneut circa 7,5 l gallertige Flüssigkeit samt sanguinolenten, denaturierten Koagelpräzipitaten. Der M. pectoralis war druckbedingt ausgedünnt. Wir identifizierten eine subpektoral gelegene, rupturierte Implantatkapsel sowie einen verformten, dislozierten Silikonkern mit zusätzlicher Hüllschicht (540 cc, McGhan). Inspektorisch handelte es sich am ehesten um ein Zwei-Kammer-Silicon Implantat (z.B. das aufgrund einer erhöhten Rupturrate mittlerweile vom Markt genommene McGhan Style 153) oder um einen Permanent-Expander mit äußerer NaCl-Kammer.

Eine erneute Protheseneinbringung schloss sich aufgrund des erhöhten Infektions- und Fibroserisikos sowie der mangelhaften Compliance und Pflegesituation zur Vermeidung eines Rezidivs aus. Wir führten eine autologe Brustrekonstruktion durch den großflächig deepithelialisierten Hautmantel im Sinne einer Mastopexie mit kranio-kaudo-lateral gestieltem MAK-Komplex durch. Der postoperative Verlauf gestaltete sich regelrecht.

Ergebnis und Schlussfolgerung: Zusammenfassend stellten wir bei der Patientin eine größenprogrediente, unilaterale Gigantomastie durch ein zunehmendes, sanguinolentes Serom-Silikon-Gemisch auf dem Boden einer Implantatruptur mit Serombildung fest. Aufgrund des außergewöhnlich langen Zeitintervalls von mindestens 16 Jahren zwischen der Spätkomplikation und ihrer Behandlung, zeigt unser Fallbericht eindrücklich deren Langzeitverlauf.