gms | German Medical Science

47. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC), 21. Jahrestagung der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC)

08.09. - 10.09.2016, Kassel

Die plastisch-chirurgische Deckung von infizierten Knie-TEPs ersetzt nicht den orthopädisch-chirurgischen Prothesenkomponentenwechsel

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Haydar Kuekrek - Klinikum Rechts der Isar TUM, Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie, München, Deutschland
  • Iris Tinwald - Klinikum Rechts der Isar TUM, Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie, München, Deutschland; Klinikum Planeg, München, Deutschland
  • Max Eder - Klinikum Rechts der Isar TUM, Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie, München, Deutschland
  • Hans-Guenther Machens - Klinikum Rechts der Isar TUM, Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie, München, Deutschland
  • Laszlo Kovacs - Klinikum Rechts der Isar TUM, Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie, München, Deutschland

Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen. Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen. 47. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC), 21. Jahrestagung der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC). Kassel, 08.-10.09.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc064

doi: 10.3205/16dgpraec064, urn:nbn:de:0183-16dgpraec0645

Veröffentlicht: 27. September 2016

© 2016 Kuekrek et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Nach Knie-TEP-Implantation kann es durch das Prothesenmaterial zu schwer eradizierbaren Infektionen mit Weichteildefekten kommen. Im Falle von Früh- und Spätinfekten mit Weichteildefekten gibt es aktuell keine eindeutige Therapie-Leitlinie. Ziel dieser Arbeit war es anhand der retrospektiven Auswertung von Patientendaten aus dem Klinikum Rechts der Isar zwischen 2001 und 2011 mit der Diagnose einer Knie-TEP-Infektion einen Algorithmus zur Maximierung des Therapieerfolgs mit Infektsanierung und Prothesenerhalt zu erarbeiten.

Eingeschlossen wurden alle Patienten mit einer infizierten Knie-TEP, welche nicht ausschliesslich konservativ mit Antibiose oder mit einer reinen Arthroskopie therapiert wurden. Für die Datenerhebung wurden die Krankenakten der Patienten, der Zentralcomputer des Klinikums sowie eine Fotodokumentation der Abteilung für Plastische Chirurgie und Handchirurgie herangezogen. Das Patientenkollektiv wurde nach Art des Therapieschemas in interdisziplinär behandelte Patienten der Gruppe A, die neben der orthopädisch-chirurgischen Therapie auch eine plastische Deckung erhielten, und in rein orthopädisch-behandelte Patienten der Gruppe B unterteilt. Das Auftreten eines Infekts innerhalb von 6 Wochen nach TEP-Implantation wurde als Frühinfekt und nach 6 Wochen als Spätinfekt definiert. Es wurde ein Zeitraum von 24 Monaten nach TEP-Implantation auf die Durchführung eines Prothesenkomponentenwechsels und das Auftreten von Major-Komplikationen untersucht.

In der Gruppe A konnten 30 Patienten und in der Gruppe B 50 Patienten eingeschlossen werden. In den Gruppen gab es keine Unterschiede bezüglich Altersverteilung, Geschlechtsverteilung, BMI oder Riskofaktoren. In der Gruppe A wurden etwa zu gleichen Anteilen Patienten mit Früh-und Spätinfekten behandelt, wohingegen in der Gruppe mehr Patienten mit Spätinfekten behandelt wurden(ca. 70%). Von 24 Patienten mit einem Weichteildefektstadium 2 oder höher der Gruppe A, die eine plastische Deckung erhielten, wurde nur bei 20% der Patienten ein Prothesenkomponentenaustausch durchgeführt, wohingegen bei den rein-orthopädisch-chirurgisch therapierten Patienten bei etwa 70% der Patienten signifikant häufiger ein Austausch stattfand(p=0.001). Der durchgeführte Prothesenkomponenaustausch wurde unabhängig von der Anzahl der Voroperationen signifikant häufiger in der Gruppe B durchgeführt. Von den Patienten, die einen Spätinfekt hatten in beiden Gruppen, wurde trotz des Spätinfekts in der Gruppe A nur bei 21% der Patienten neben der plastisch-chirurgischen Deckung auch ein Prothesenkomponentenaustausch durchgeführt. Von den rein orthopädisch-chirugisch therapierten Patienten mit Spätinfekt erhielten hingegen 74% signifikant häufiger einen Prothesenkomponentenaustausch. Die Häufigkeit des Auftretens von Major-Komplikationen war zwar in der Gruppe A insgesamt höher durch die Summierung von Lappen-und Prothesenkomplikationen, jedoch war bei Betrachtung der reinen orthopädischen Prothesenkomplikationen das Verhältnis zu den einzelnen Gesamtpopulationen gleich hoch in beiden Gruppen. Von den Patienten mit Major-Komplikationen in der Gruppe A hatten die Patienten mit einem Prothesenkomponentenaustausch mit 15% am seltensten und die ohne einen Prothesenkomponentenaustausch mit 85% am häufigsten Komplikationen. In der Gruppe waren dies bei den Patienten mit Prothesenkomponentenaustausch 75% und ohne Prothesenkomponentenaustausch 25% der Patienten.

Aufgrund unserer Ergebnisse können wir feststellen, dass Patienten mit einem Knie-Protheseninfekt - sowohl Früh- als auch Spätinfekt - ab einem Weichteildefektstadium 2 durch die Kombination aus plastisch-chirurgischer Deckung und orthopädisch-chirurgischem Prothesenkomponentenaustausch optimal therapiert waren und die niedrigste Komplikationsrate im Verlauf hatten. Die Komplikationsrate der ein orthopädisch-chirurgisch therapierten Patienten mit einem Prothesenkomponentenaustausch lässt sich vermutlich durch eine plastische Deckung ab Weichteildefektstadium 2 verringern.

Wir empfehlen daher bei Patienten mit einem Protheseninfekt ab einem Weichteildefektstadium 2 durch die Durchführung eines Prothesenkomponentenaustauschs neben der plastisch-chirurgischen Deckung. Bei Spätinfekten in den Weichteildefektstadien 0 und 1 sollte wie bisher in den Therapieempfehlungen beschrieben zur Eradikation des Biofilms ein Prothesenkomponentenaustausch erfolgen. Bei Frühinfekten bis zu 6 Wochen nach TEP-Implantation sollte in den Stadien 0 und 1 nur in begründeten Fällen ein Prothesenkomponentenaustausch erfolgen.