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Diagnose: „Plexiformes Neurofibrom“ oder „Vom bösen Geist besessen“ – ein plastisch chirurgisches Problem in Westafrika
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Veröffentlicht: | 28. September 2015 |
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Problem: Riesiger Gesichtstumor eines 10J. Jungen in Sierra Leone, mit Deformität von Stirn/Auge/Nase/Wange/Mund linksseitig & Sehverlust li. Hierdurch bedingte Hänseleien, Stigmatisierung und Ausgrenzung in der Schule und privatem Umfeld.
Einleitung: Ein plexiformes Neurofibrom ist ein gutartiger Nervenscheidentumor des peripheren Nervensystems. ~10% der Fälle entarten maligne. Eine Behandlung ist schwierig, wenn große Ausmaße erreicht und Gewebegrenzen überschritten werden. Erfolgt die Behandlung spät, sind Entstellungen, neurologische und funktionelle Defizite möglich. In Westafrika herrscht ein Mangel an medizinischer Expertise zur Behandlung solcher Tumore. Vorherrschende Armut, Unwissenheit und Irrglaube, führen zu Stigmatisierung, Ausgrenzung und Isolation der Betroffenen.
Methode: Epifasziale Resektion von 3,5 kg Tumor der li. Gesichtshälfte inkl. Auge (funktionslos) unter Aussparung der restlichen gesichtsdefinierenden Strukturen (Nase/Mund/Ohr). Defektdeckung durch Stirnrotationslappenplastik. Statische Aufhängeplastik des Mundwinkels, des Nasenflügels sowie in situ Fixierung des Ohrs. Defektdeckung präaurikulär mit Spalthauttransplantat.
Ergebnis: Deutliche Gewichtsreduktion des Kopfes mit verbesserter Kopfhaltung. Gute Gesichtssymmetrie in Bezug auf Nasenflügel, Mundwinkel, Lippen und Ohren. Verständliche Artikulation, orale Kompetenz und problemlose Nahrungsaufnahme sowie nasale Atmung waren postoperativ möglich. Vollständig eingeheiltes und unauffälliges Spalthauttransplantat. Eine Augenprothese wurde im Verlauf angepasst. Die deutliche Reduktion der Gesichtsdeformität ermöglichte eine Wiedereingliederung des Jungen in die Schule und in sein soziales Umfeld.
Zusammenfassung: In Westafrika erreichen gutartige Tumore aufgrund vorherrschender Armut und mangelhafter medizinischer Versorgung oft riesige Ausmaße. Oft bedeutet ein gutartiger Tumor einen langen Leidensweg für die Betroffenen, der neben ästhetischer Beeinträchtigung und funktionellen Ausfällen oft von Ablehnung, Ausschluss vom öffentlichen Leben sowie Ausgrenzung aus der Gemeinschaft geprägt ist. Die Behandlung und Rehabilitation solcher Patienten sollte daher neben der körperlichen Wiederherstellung der Betroffenen und einer Aufklärung der im nächsten Umfeld lebenden Freunde und Verwandten auch auf eine soziale Reintegration in die Gesellschaft fokussieren.