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46. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC), 20. Jahrestagung der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC)

01.10. - 03.10.2015, Berlin

Innovative Strategien zur Funktionsrekonstruktion an der oberen Extremität bei Halsrückenmarkschädigung (Tetraplegie)

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Andreas Gohritz - Schweizer Paraplegikerzentrum Nottwil, Schweiz

Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen. Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen. 46. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC), 20. Jahrestagung der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC). Berlin, 01.-03.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc035

doi: 10.3205/15dgpraec035, urn:nbn:de:0183-15dgpraec0351

Veröffentlicht: 28. September 2015

© 2015 Gohritz.
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Gliederung

Text

Eine hohe Querschnittslähmung kann jeden von uns plötzlich aus dem Leben reissen. Die chirurgische Wiederherstellung der Ellenbogen- und Handgelenkstreckung sowie einer kontrollierten Greifform kann Autonomie, Mobilität und Selbstwertgefühl in ca. 70% verbessern.

Dieser Beitrag stellt innovative Konzepte zur Rekonstruktion der Arm-und Hand-Funktion dar, die unsere Gruppe in insgesamt 16 Studien während der letzten 5 Jahre erarbeitet hat.

Ergebnisse:

1.
Kombinierte einzeitige Verfahren: Im Gegensatz zur traditionellen Trennung von Beuger- und Streckerphasen verbessert die einzeitige Kombination von insgesamt 5-7 Einzeleingriffen (sog. Alphabet-Operation) die aktive Finger- und Daumenbeugung, passive Finger- und Daumenstreckung und intrinsische Funktion der Mm. lumbricales in einem Schritt. Greifkraft und -funktion waren größer, Patientenzufriedenheit höher und Reha-Zeiten kürzer als in der Vergleichsgruppe.
2.
Sofortige Nachbeübung: Die aktive und passive Nachbehandlung beginnt am 1. postoperativen Tag, dies motiviert die Patienten sehr und vermeidet Adhäsionen und Bewegungsdefizite.
3.
Stabile Seit-zu-Seit-Naht: Sofortige geschützte Bewegung wird möglich aufgrund besonders stabiler Seit-zu-Seit-Sehnennähte, die eine grössere Reissfestigkeit und bessere Gleiteigenschaften haben als die Pulvertaft-Verflechtung.
4.
Nerven-Transfers: Transfers von verzichtbaren Axonen des N. axillaris, N. musculocutaneus und N. radialis von oberhalb der Rückenmarkschädigung können die Nachbehandlung im Vergleich zur Muskelumlagerung verkürzen, aktive anstatt passive Funktionen ermöglichen und neue Perspektiven eröffnen für Patienten, die nicht von klassischen Verfahren profitieren können (z. B. Patienten ohne steuerbare Muskeln an Unterarm und Hand).
5.
Besondere Patientengruppen: Zuverlässig gute Ergebnisse konnten auch bei nicht-traumatischer Tetraplegie, Patienten über 60 Jahren sowie bei Rekonstruktion mehr als 10 Jahre nach der Rückenmarkverletzung erreicht werden.

Zusammenfassend ist die chirurgische Funktionsverbesserung an Arm und Hand bei Tetraplegikern ist eine innovative und sehr effektive Form der Handchirurgie, deren Bekanntheits- und Nutzgrad aber leider gering ist. Die vorgestellten neuen Ansätzen können helfen, die Gebrauchsfähigkeit von Arm und Hand bei diesen extrem eingeschränkten Patienten zuverlässig zu verbessern, sind aber auch für andere Patienten (z. B. nach peripheren Nervenverletzungen) nutzbringend.