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45. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC), 19. Jahrestagung der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC), 52. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie (ÖGPÄRC)

11.09. - 13.09.2014, München

Fulminanter Verlauf einer durch Achromobacter xylosoxidans hervorgerufenen Sepis bei Verbrennungspatienten

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Alexandra Schulz - Köln, Deutschland
  • Julian Kricheldorff - Köln, Deutschland
  • Sonja Kästner - Köln, Deutschland
  • Erhan Demir - Köln, Deutschland
  • Paul Ch. Fuchs - Klinikum Köln Merheim, Klinikum der Universität Witten / Herdecke, Klinik für Plastische Chirurgie, Handchirurgie – Schwerbrandverletztenzentrum, Köln, Deutschland
  • Walther Perbix - Kliniken der Stadt Köln, Krankenhaus Merheim, Klinik für Plastische und Ästhetische Chirurgie, Handchirurgie, Schwerbrandverletztenzentrum, Köln, Deutschland

Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen. Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen. Österreichische Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie. 45. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC), 19. Jahrestagung der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC), 52. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie (ÖGPRÄC). München, 11.-13.09.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. Doc153

doi: 10.3205/14dgpraec266, urn:nbn:de:0183-14dgpraec2665

Veröffentlicht: 3. September 2014

© 2014 Schulz et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Achromobacter xylosoxidans ist eine Bakterien-Gattung aus der Familie der Alcaligenaceae, die zur Ordnung der Burkholderiales gehört. Es handelt sich um ein aerobes, gram-negatives, nicht fermentierendes, stäbchenförmiges Bakterium, das durch peritriche Geißeln beweglich ist und ubiquitär im Boden und Wasser vorkommt. Erstmalig beschrieben wurde Achromobacter xylosoxidans 1991 durch Yauuchi und Ohyama. Es werden heute zahlreiche Arten zur Gattung Achromobacter gerechnet. Trotz niedriger intrinische Pathogenität führt eine Infektion mit Achromobacter Subspecies bei immunkompromittierten Patienten zu schweren Infektionen. In der Literatur finden sich Fallberichte zu fulminanten Infektionen bei Patienten mit Malignom, Leber- und Knochenmark-Transplantation, Neutropenie, Diabetes mellitus, Nierenversagen, zystischer Fibrose, HIV-Infektion, IgM-Defizit sowie bei Neugeborenen. Verursacht werden im Rahmen der Infektion primäre Bakteriämien, Pneumonien, Meningitiden, Endokarditiden, Cholecystitiden, Pyelonephritiden, Osteomyelitiden, Lymphadenitiden und Keratitiden. Beschrieben ist eine Letalität von circa 30%. Resistenzen zeigt der Keim in der Regel gegen Aminoglykoside, Ampicillin, Aztreonam, Chinolon und gegen die meisten Cephalosporine. Letal verlaufende Infektionen von Verbrennungspatienten mit Achromobacter Species als Sepsiserreger wurden bisher in der Literatur nicht beschrieben.

Klinischer Fall: Nach einem Arbeitsunfall auf einer Baustelle nahmen wir im Juni 2012 einen 29 jährigen männlichen Patienten mit Starkstromverletzung und Sturz aus 2-3 m Höhe auf unsere Schwerstverbranntenintensivstation auf. Eintrittspforten der Starkstromverletzung waren die linke Axilla mit Oberarm, Austrittspforte waren das mediale rechte obere Sprunggelenk und das rechte Bein. Der Patient wies neben einem chonischen Nikotinabusus keine weiteren Vorerkrankungen auf. Wir stellten Verbrennungen von 35% der KOF (1% 2a gradig, 5,25% 2b, 22,75% 3gradig, 6% 4gradig) mit ausgedehnten Muskelnekrosen bei Aufnahme fest. Der ABSI Score betrug 8 Punkte. Es bestand ferner ein Kompartmentsyndrom aller vier Extremitäten, eine nichtdislozierte Bogenfraktur HWK 6 und eine Ellenbogenluxation links. Der Patient erhielt auf unserer Schwerstverbranntenintensivstation eine intensivmedizinische Komplextherapie mit Langzeitbeatmung sowie ab dem 10. Tag eine Nierenersatztherapie bei akutem Nierenversagen. Wir führten wiederholt ausgedehnte operative Eingriffe zur Nekrektomie und Defektdeckung durch Spalthauttransplantate und freie sowie lokale Lappenplastiken durch. Bei Aufnahme zeigten die Wundabstriche eine Besiedlung mit Bacillus spezies und Pseudomonas aeruginosa. Am 6. Tag wurde der Patient bei Nachweis eines multiresistenten Pseudomonas aeruginosa (3-MRGN) isolationspflichtig. Am 9. Tag erfolgte der erste Nachweis von Achromobacter xylosoxidans im Wundabstrich bei steigendem Infektlabor. Im weiteren Verlauf gelang der Nachweis von Achromobacter denitrificans ebenfalls im Wundabstrich. Unter laufender antibiotischer Therapie nach Antibiogramm kam es zu einem Nachweis des Achromobacters in zuletzt allen Abstrichen (tracheal, Wunde, perianal, Nasen-Rachen) und in der Blutkultur bei weiter ansteigendem Infektlabor und einer fulminanten Pneumonie. Am 29. Tag verstarb der Patient im septischen Multiorganversagen durch multiresistente Keime (3MRGN, Achromobacter xylosoxidans und denitrificans) in Weichteilen, Atemsystem und Blutkultur mit Dysfunktion vieler Organsysteme (Lunge, Kreislauf, Niere, Gerinnung, Leber, Stoffwechsel). Analyse Retrospektiv konnten wir in unserem Verbrennungsregister n=16 Fälle von schwerstverbrannten Patienten identifizieren, bei denen Achromobacter in den Wund-, Tracheal- und Nasen-Rachen -Abstrichen nachgewiesen werden konnte und zu therapiewürdigen Infektionen mit teils letalem Ausgang führte.

Fazit für die Praxis: Bisher wurde Achromobacter als Sepsiserreger nur bei immunsuppremierten Patienten beschrieben. Wir konnten aktuell eine letal verlaufende Sepsis mit alleinigem Achromobacternachweis in allen Abstrichen bei einem Verbrennungspatienten beobachten. In der Vergangenheit konnten schwere Verläufe von Infektionen mit Nachweis von Achromobacter bei schwerstverbrannten Patienten bereits in unserer Einheit beobachtet werden. Trotz niedriger intrinische Pathogenität ist eine Infektion mit Achromobacter aus unserer Erfahrung daher auch bei Verbrennungspatienten als Ursache für schwere Infektionen in die Differenzialdignostik miteinzubeziehen und frühzeitig zu behandeln.