gms | German Medical Science

45. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC), 19. Jahrestagung der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC), 52. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie (ÖGPÄRC)

11.09. - 13.09.2014, München

Bakterielle Biofilme und Kapselkontrakturen bei Patientinnen mit Mammaimplantaten – Lehren aus einer trinationalen Multicenter-Studie

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Ulrich Rieger - Frankfurt am Main, Deutschland
  • Gabriel Djedovic - Frankfurt am Main, Deutschland
  • Reno Frei - Universitätsspital Basel, Labormedizin, Basel, Deutschland
  • Gerhard Pierer - Innsbruck, Österreich
  • Andrej Trampuz - Charite Universitätsmedizin, Zentrum für Muskuloskeletale Chirurgie, Berlin, Deutschland

Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen. Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen. Österreichische Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie. 45. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC), 19. Jahrestagung der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC), 52. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie (ÖGPRÄC). München, 11.-13.09.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. Doc73

doi: 10.3205/14dgpraec209, urn:nbn:de:0183-14dgpraec2092

Veröffentlicht: 3. September 2014

© 2014 Rieger et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Gliederung

Text

Hintergrund: Die Kapselfibrose ist eine gefürchtete Komplikation sowohl nach ästhetischen als auch nach rekonstruktiven Brusteingriffen. Die Ätiologie ist bislang ungeklärt, aber bakterielle Biofilme auf den Implantatoberflächen werden als mögliche Ursache für eine Low-Grade Infektion und konsekutive Kapselfibrose angenommen. Konventionelle Bakterienkulturen sind in bis zu 30% der Fälle falsch negativ. Durch unsere Arbeitsgruppe wurde bereits gezeigt, dass die Sonikationsdiagnostik von explantierten Implantaten den Biofilmnachweis durch Ablösung der Keime von der Implantatoberfläche signifikant verbessert. Ein statistischer Zusammenhang zwischen der Kapselkontraktur und Biofilmen auf Implantatoberflächen konnte von unserer Arbeitsgruppe ebenfalls gezeigt werden.

Patienten und Methoden: In dieser Multicenter Studie wurden explantierte Brustimplantate von Patienten von 2007 bis 2012 prospektiv analysiert und in einer Datenbank erfasst. Eingeschlossen wurden dabei alle Implantattypen, die aus ästhetischer und aus rekonstruktiver Indikation eingebracht wurden. Untersucht wurden permanente Implantate, aber auch Expanderprothesen. Alle Implantate wurden in Ringerlösung bei 40kHz für 5 Minuten sonifiziert, die resultierende Sonikationsflüssigkeit wurde kultiviert und die jeweilige Bakterienspezies identifiziert und quantifiziert. Erfasst und analysiert wurden demographische Patientenangaben, Komorbiditäten, Grad der Kapselfibrose nach Baker und Implantatcharakteristika, sowie die Implantatlage (sumuskulär, subglandulär, subkutan).

Ergebnisse: Insgesamt konnten 121 Brustimplantate von 84 Patientinnen in die Studie eingeschlossen werden. 50 Mammaprothesen wurde zu rekonstruktiven Zwecken verwendet, 48 aus ästhetischer Indikation und 23 Implantate waren sog. Expanderprothesen. Insgesamt konnten bei 49% aller sonifzierten Implantate Biofilme auf der Implantatoberfläche nachgewiesen werden. Der Nachweis von Biofilmen auf den Implantatoberflächen korrelierte statistisch signifikant (p< 0,001) mit dem Ausprägungsgrad der Kapselfibrose nach Baker, d.h. je ausgeprägter die Kapselfibrose, desto höher der prozentuale Anteil an Biofilmen auf den Implantatoberflächen. Der Anteil von eindeutig nachgewiesenen Biofilmen stieg von 11% bei der Baker Grad I (2 von 11 Implantaten) Kapselkontraktur bis hin zu 60% bei den Baker Grad IV (27 von 45) Kapselfibrosen. Der Anteil von Biofilmen auf explantierten Expanderprothesen lag mit 52% (12 von 23 Implantaten) ähnlich hoch wie bei den klinisch stark ausgeprägten Kapselfibrosen. Die am häufigsten isolierten bakteriellen Spezies waren Propionibacterium acnes (auf 25 Implantaten) und koagulase-negative Staphylokokken (auf 21 Implantaten).

Schlussfolgerungen: Die mikrobiologischen Kulturen nach Sonikation wiesen insgesamt in ca. 50% der explantierten Mammaimplantate bakterielle Biofilme auf den Implantatoberflächen nach. Die Expanderprothesen wiesen ähnlich hohe Kontaminationsraten auf wie die schweren Kapelfibrosen, bei im Wesentlichen vergleichbarem Keimspektrum. Die Rekonstruktion mit Expanderprothesen könnte somit aufgrund der vermehrten transkutanen Manipulation während des Füllungsprozesses als Risikofaktor für die Ausbildung von Biofilmen und konsekutiver Kapselfibrose angesehen werden. Insgesamt unterstützen die vorliegenden Ergebnisse die Hypothese, dass bakterielle Biofilme eine Rolle in der Pathogenese der Kapselfibrose-/kontraktur spielen.