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45. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC), 19. Jahrestagung der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC), 52. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie (ÖGPÄRC)

11.09. - 13.09.2014, München

Lappenüberleben durch frühzeitiges Engraftment nach AT-3-Mangel-assoziierter Pedikel-Thrombose

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Hanno Pototschnig - München, Deutschland
  • Hans-Günther Machens - München, Deutschland
  • Daniel Felix Müller - München, Deutschland
  • Yves Harder - München, Deutschland

Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen. Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen. Österreichische Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie. 45. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC), 19. Jahrestagung der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC), 52. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie (ÖGPRÄC). München, 11.-13.09.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. Doc306

doi: 10.3205/14dgpraec198, urn:nbn:de:0183-14dgpraec1980

Veröffentlicht: 3. September 2014

© 2014 Pototschnig et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Der frühzeitige Verschluss des Lappenstiels ist der Hauptgrund für einen Verlust eines mikrovaskulären Lappens. Ursächlich kommen u.a. Chirurgie-assoziierte (z.B. inadäquate Anastomosierungstechnik, Kompression oder Abknicken des Stiels) und Patienten-assoziierte (z.B. „zone of injury“, lokale Infetkion, Thrombophilie) Faktoren in Frage. Um das Risiko der frühen postoperativen Thrombosierung im Lappenstiels bestmöglichst zu minimieren, werden Patienten in der Regel hämodiluiert und/oder es erfolgt auf Basis von Heparin (niedermolekulares Heparin vs. unfraktioniertes Heparin) mindestens eine Thromboseprophylaxe. Klare Leitlinien existieren diesbezüglich jedoch nicht. Anhand einer Fallbesprechung diskutieren wir die relevante Literatur in Bezug auf mikrovaskuläre Lappen und Thrombophilie.

Falldarstellung: Ein 25-jähriger gesunder Mann ohne thromboembolische Ereignisse in seiner Vorgeschichte erlitt eine offene Trümmerfraktur des Os naviculare mit allschichtigem Weichteildefekt von 10cm x 6cm am rechten dorso-medialen Mittelfußes. Nach mehrfachen Debridements erfolgte 4 Wochen nach Trauma die Deckung des sterilen Defektes mittels kontralateral gehobenem, mikrovaskulärem anterolateralem Oberschenkellappen (ALT). Intraoperativ kommt es bereits zur Thrombosierung des arteriellen Lappenstiels, die erfolgreich revidiert wurde. Am 1. postoperativen Tag war eine Hämatomausräumung notwendig; intraoperativ wurde eine Thrombosierung des venösen Lappenstiels festgestellt und erfolgreich chirurgisch revidiert. Am 4. postoperativen Tag erfolgte aufgrund einer venösen Stauung des Lappens eine chirurgische Revision, anlässlich welcher ein Verschluss der Arterie und ein langstreckiger Verschluss der Vene festgestellt wurde, was die Lappenentfernung zur Folge hatte. 6 Tage später wurde der Defekt mittels eines weiter proximal über venöse Interponate anastomosierten ipsilateralen ALT-Lappen gedeckt. Bis zum 6. postoperativen Tag, an dem sich der Lappen blau verfärbt präsentierte, gestaltete sich der postoperative Verlauf komplikationslos. In der CT-Angiographie zeigte sich ein Verschluss des Stiels. Die klinisch eindeutig sichtbare Rekapillarisierung de Lappenhaut ermutigte uns den Lappen nicht zu revidieren. Es folgte eine problemlose Einheilung des faszio-kutanen Lappens. Dem Patienten wurde unmittelbar nach Trauma und während des ganzen Krankenhausaufenthaltes niedermolekulares Heparin zur Thromboseprophylaxe subkutan verabreicht. Retrospektiv wurde laborchemisch ein Antithrombin(AT)-3-Mangel festgestellt,welcher im 6 und 12 Monate follow-up bestätigt wurde.

Schlussfolgerungen: Nach mikrovaskulären Lappen treten die Thrombosierungen im Lappenstiel fast immer innerhalb der ersten 48 Stunden nach der Operation auf und sind in de Regel auf chirurgische Faktoren zurückzuführen. Wenngleich der erste Lappenverlust eine unzureichende Anastomosentechnik, ein ungenügendes Debridement des Defektes und/oder eine zu proximale Anastomosierung des Lappenstiels innerhalb der „zone of injury“ als Ursache haben kann, ist der postoperative Verlauf nach der zweiten Deckung sehr ungewöhnlich. Am sechsten postoperativen Tag ist sowohl der späte Lappenstielverschluss, wie auch das frühe „Lappenengraftment“ durch Neovaskularisation ungewöhnlich. Die um das 100-fach erhöhte Thromboseneigung bei AT-3-Mangel und der verringerte Blutfluss im Lappenstiel durch konkurrierende Neovaskularisation in den Lappen sind am ehesten als Ursache für den späten Lappenstielverschluss zu sehen. Erkrankungen mit erhöhter Thromboseneigung haben zwar eine relativ niedrige Prävalenz in der Gesamtbevölkerung. Mikrovaskuläre Lappenplastiken sind auch bei Thrombophilie-Verdacht nicht grundlegend kontraindiziert. Eine genaue präoperative Anamnese und ein Laborscreening sind zu empfehlen. Ist eine erhöhte intrinsische Thromboseneigung präoperativ bekannt, sollte der faszio-kutane Lappen mit rascherem „Engraftmentpotential“ dem muskulo-kutanen Lappen mit langer Abhängigkeit vom Lappenstiel vorgezogen werden.