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43. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen e. V. (DGPRÄC), 17. Jahrestagung der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen e. V. (VDÄPC)

13.09. - 15.09.2012, Bremen

Technik der arterialisierten venösen Lappenplastiken bei Defekten an der Hand und den Fingern

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker H. Fansa - Klinikum Bielefeld Mitte, Plastische Chirurgie, Bielefeld, Germany
  • L. Walle - Klinikum Bielefeld Mitte, Plastische Chirurgie, Bielefeld, Germany

Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen. Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen. 43. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC), 17. Jahrestagung der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC). Bremen, 13.-15.09.2012. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2012. DocFV12

doi: 10.3205/12dgpraec023, urn:nbn:de:0183-12dgpraec0234

Veröffentlicht: 10. September 2012

© 2012 Fansa et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Arterialisierte venöse Lappenplastiken wurden erstmals experimentell 1981 (Nakayama et al.) und später klinisch 1987 von Yoshimura et al.beschrieben. Sie haben vor allem bei Defekten an der Hand und an den Fingern ihre Indikation. Aufgrund ihrer „unphysiologischen“ Durchblutung gelten Sie allerdings als unsicher und werden selten angewandt.

Methoden: Seit 2005 führen wir die arterialisierte venöse Lappenplastik bei entsprechenden Defekten der Hand und der Finger durch (bisher 10 Fälle). Der Wundgrund sollte nicht infiziert oder komplett avaskulär sein. Voraussetzung ist eine nah am Defekt liegende Arterie zum Anschluß, sowie die Möglichkeit mindestens einer venösen Abstromanastomose.

Es existieren mehrere Klassifikationen zur Einteilung der Lappenplastiken (Chen at al. 1991; Woo et al. 2007; Goldschlager et al 2012), die sich vor allem nach dem Verlauf und der Anzahl der Venen richten. OP-Technisch sind folgende 4 arterialisierte Lappenplastiken möglich:

  • Der Einstrom in die arterialisierte Vene kann wie beim venösen Interponat mit den Venenklappen laufen (ortho- oder antegrad, d.h. normale venöse Flußrichtung).
  • Oder aber gegen die Klappen (retrograd). Der venöse Abstrom muss allerdings immer orthograd verlaufen.
  • Der Einstrom kann orthograd verlaufen, aber es erfolgen innerhalb des Lappensystems Ligaturen zur Aufhebung des perfusionsbedingten AV-Shunts. Damit kann das Blut über das Kapillarsystem in den ablaufenden Schenkel laufen, und wird nicht vom AV-Shunt Druck im Gewebe gehalten. Dies kann mit Technik 1 kombiniert werden.
  • Eine Sonderform ist die Verwendung der venösen Lappenplastik als Durchflußlappen ohne venösen Abstrom.

Ergebnisse: Mit den o.g. OP-Techniken waren wir in der Lage, die arterialisierte venöse Lappenplastik erfolgreich einzusetzen. In einem Fall kam es zum Verschluss einer abströmenden Vene, so dass die Lappenplastik nach dem 6. Tag verloren wurde. Alle anderen Lappenplastiken heilten primär. Bevorzugt wird der beugeseitige Unterarm als Hebeareal. Ist dieser zu adipös oder lassen sich die Venen nicht adäquat darstellen, wird der Fußrücken in Betracht gezogen. Unter einer Blutsperre von 80 mmHG lassen sich die Venen am Unterarm darstellen und der Lappen entsprechend der Gegebenheiten im Defektareal planen. Wird der Einstrom gegen die Klappen geplant, sollte der Stiel so kurz sein, dass die erste Klappe mit Sicherheit im Lappen liegt. Der venöse Ausstrom sollte immer mit den Klappen verlaufen. Die arterialisierte Vene sollte vom Durchmesser kleiner als die abströmende Vene sein. Bei großen Lappenflächen, sollten mehrere abströmende Venen angeschlossen werden, von denen eine nicht primär vom AV-Shunt gespeist wird. Für Defekte an den Fingern eignet sich die Anordnung mit zwei parallelen Venen, die eine als arterialisierter Einstrom, die andere als Abstrom.

Die Lappenplastik sollte innnerhalb der ersten 30 min nach arteriellem Anschluss rosig sein, meist schwellen die Lappenplastiken noch etwas an, bleiben aber bei intakten Anastomosen in Turgor und Schwellung im normalen Rahmen. Die Abschwellung benötigt länger als bei normalen physiologisch durchbluteten kutanenen Lappenplastiken (etwa 14–21 Tage). In seltenen Fällen kann es zu kleineren Heilungsstörungen am Wundrand kommen, die konservativ beherrscht werden. Antikoagulation erfolgt mit niedermolekularem Heparin in prophylaktischer Dosierung und 100 mg ASS/d.

Diskussion: Arterialisierte venöse Lappenplastiken eignen sich gut für Defekte an der Hand und Fingern. Die Vorteile gegenüber homodigitalen, cross-finger oder Fernlappenplastiken entsprechen denen freier Lappen und sind (1) Vermeidung weiterer Hebeareale in Nachbarschaft des verletzen Bereichs, (2) Vermeidung einer temporären Syndaktylie und (3) die frühe Beübung. Zudem entsprechen sie der dünnen, gut formbaren Textur der dorsalen Handhaut. Anhand von verschiedenen klinischen Beispielen werden die notwendigen operativen Schritte erläutert, um eine primäre Lappenheilung zu erzielen.