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Defektdeckung bei Sternumosteomyelitis nach medianer Sternotomie: Evaluation der Ergebnisse und Komplikationen bei 239 Patienten
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Veröffentlicht: | 27. September 2011 |
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Einleitung: Schwere postoperative Wundheilungsstörungen bis hin zur kompletten Sternumdehiszenz stellen gravierende Komplikationen nach medianer Sternotomie dar. Die Inzidenz der Sternumosteomyelitis nach kardiochirurgischen Eingriffen wird in der Literatur mit 2 bis 5% angegeben, die Letalität dieses Krankheitsbildes mit 25%. In der vorliegenden Studie wurde retrospektiv der Krankheitsverlaufs von 239 Patienten mit Sternum- oder Rippenosteomyelitis nach Sternotomie evaluiert. Ziel war es prädisponierende Risikofaktoren im Rahmen der Schwere und Komplexität dieses Krankheitsbildes darzustellen. Außerdem werden die verschiedenen Therapieoptionen bezüglich der Komplikationen und des Outcomes ausgewertet.
Material und Methoden: In der Zeit von 01.2002 bis 10.2009 wurden insgesamt 239 Patienten mit Wundheilungsstörungen bei Sternumosteomyelitis nach kardiochirurgischen Eingriffen behandelt. Alter, Geschlecht Risikofaktoren, Vorbehandlung, zeitlicher Verlauf, Operationsverfahren, Komplikationen und Outcome wurden dokumentiert. Von 239 behandelten Patienten mit Sternumosteomyelisis waren 58% Männer, 42% Frauen. Das durchschnittliche Alter betrug 69,7 Jahre. 88% der Patienten hatten ein Bypass- Operation erhalten, 26% eine Herzklappenoperation und 15% beides. Bei 78% wurde als Bypass mindestens eine A. mamaria interna verwendet (2,6% beide). Die Patienten wurden im Durchschnitt 14 Wochen nach dem kardiochirurgischen Eingriff in der plastischen Chirurgie aufgenommen. 86% der Patienten waren mehrfach auswärts rethorakotomiert bzw. debridiert worden im Durchschnitt 1,7 mal.
Ergebnisse: Entsprechend der Ergebnisse der meisten Studien, welche sich mit den Risikofaktoren für das Auftreten von Wundinfekten nach kardiochirurgischen Eingriffen beschäftigen, war die Inzidenz der untersuchten Risikofaktoren in unserem Kollektiv wesentlich höher als bei kardiochirurgischen Patienten im Allgemeinen. Die erfassten Risikofaktoren waren wie folgt vertreten. Eine Adipositas lag bei 37% der Patienten vor, 64% litten an Diabetes mellitus, 25% an einer pAVK und 26% an einer COPD. 85% der Patienten hatten einen oder mehrere Risikofaktoren Die linksventrikuläre Ejektionsfraktion war bei 72% gut oder gering eingeschränkt (>50%) und nur bei 6,5% stark eingeschränkt (<40%).Die Defektdeckung erfolgte je nach Größe und Form des Defektes. Bei mittelgroßen Defekten mit ausreichendem Hautmantel wurde die Defektdeckung mittels M. pectoralis major angestrebt. Die Lappenplastik mittels M. latissimus dorsi bedeutet insgesamt eine größere Belastung des Patienten sowohl intraoperativ als auch im Bezug auf die Wundflächen. Indikation hierfür bestand bei sehr großen Defekten, fehlendem Hautmantel und Frauen mit sehr großem Brustvolumen. Zur Vermeidung einer Nekrose der Brust erfolgt die Präparation des Tunnels möglichst kranial unter Schonung der Perforatoren. Insgesamt wurden 57% der Patienten mittels Pectoralislappenplastik versorgt und 40% mittels gestieltem Latissimus dorsi. Die OP Dauer betrug im Mittel 168 Minuten. 81% der Patienten wurden vor der Defektdeckung mittels Vakuumtherapie behandelt. Die Komplikationsrate war insgesamt hoch. Die chirurgischen Komplikationen verteilten sich wie folgt: 14% Nachblutungen, 18% Fisteln, 27% Wundrandnekrosen, 32% Serome, 1,7% Lappentotalnekrosen und 20% Mammanekrosen bei den weiblichen Patienten. Als weiter Komplikationen traten bei 18% Pleuraergüsse, bei 10% Pneumonien, bei 12% Colitiden auf. 14% der Patienten erlitten eine Sepsis und 25% eine kardiopulmonale Dekompensation. Die Revisionsrate lag bei 39% und 22% der Patienten mussten aus anderen Gründen erneut operiert werden. 15% der Patienten verstarben während des stationären Aufenthalts, davon 50% aufgrund einer kardiopulmonalen Dekompensation und 25% an Multiorganversagen. Faktoren die signifikant mit einem letalen Behandlungsverlauf einhergingen waren Adipositas, Diabetes, eine linksventrikuläre Ejektionsfraktion unter 40%, die Häufung von Risikofaktoren, die Operation an einer Herzklappe, Häufung von Revisionen und Komplikationen, Langzeitbeatmung und kleine Defekte. Weder die Art der gestielten Lappenplastik noch die Operationsdauer hatten einen Einfluss auf die Letalität.
Schlussfolgerung: Chronische Osteomyelitiden der Thoraxwand erfordern ein radikales Debridement zur Entlastung des entzündlichen Prozesses und in der Folge eine Defektdeckung durch gut durchblutetes Gewebe. Zur Verbesserung der Versorgungsqualität und Senkung der Letalität ist ein interdisziplinäres Behandlungskonzept zwischen Kardiochirurgie und Plastischer Chirurgie aber auch Intensivmedizin und Internisten notwendig. Eine rasche und vor allem konsequente chirurgische Versorgung sollte die Grundlage jedes Behandlungskonzeptes darstellen. Trotz guter Kooperation mit den Herzzentern der Region werden die Patienten oft spät und nach mehreren erfolglosen Revisionen in der plastischen Chirurgie vorgestellt. Die Dunkelziffer der Letalität im nachstationären Bereich ist hoch. Im gezeigten Patientenkollektiv konnte eine Senkung der Letalität auf 15% nachgewiesen werden, welche wesentlich unter der in der Literatur angegebenen Werten liegt. Trotz der hohen Komorbidität dieser Patienten und der noch bestehenden Defizite in der Versorgungskette, kann eine rasche plastisch chirurgische Versorgung wesentlich zur Senkung der Letalität dieses Krankheitsbildes beitragen.