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Wirkt sich forciertes Flüstern auf die Stimmfunktion aus?
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Veröffentlicht: | 20. August 2024 |
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Gliederung
Zusammenfassung
Hintergrund: Häufig wird angenommen, dass Flüstern die Stimmfunktion beeinträchtigen könnte, was zu einer weitverbreiteten Empfehlung führt, Flüstern nach phonochirurgischen Eingriffen zu vermeiden. Bislang konnte jedoch nicht geklärt werden, inwieweit Flüstern die Stimmfunktion und die Schwingungsmuster der Stimmlippen beeinflusst.
Material und Methoden: 10 stimmgesunde Probanden (5 Männer, 5 Frauen) wurden angewiesen, 10 Minuten lang forciert den Text des Tapferen Schneiderleins der Gebrüder Grimm bei einem Schallpegel von 70 dB(A), gemessen bei einem Mikrofonabstand von 30 cm zum Mund, zu flüstern. Vor und nach der Flüsterbelastung wurde der Dysphonia Severity Index gemessen. Ferner wurden Aufzeichnungen von Hochgeschwindigkeits-Videolaryngoskopie (HSV), Elektroglottographie und Audiosignalen während einer ausgehaltenen Phonation auf dem Vokal /i/ (250 Hz für Frauen und 125 Hz für Männer) analysiert.
Ergebnisse: Die Prä-Post-Analyse ergab nur geringfügige Veränderungen nach der Flüsterbelastung. Zu diesen Veränderungen gehörten ein Anstieg der minimalen Intensität, ein Anstieg des aus der Glottiswellenform abgeleiteten Offenquotienten und des Glottal-Gap-Index. Es wurden jedoch keine statistisch signifikanten Änderungen hinsichtlich Harmoinic-to-Noise-Ratio, Glottal-Noise-Excitation Rate oder im elektroglottographischen Offenquotienten beobachtet.
Fazit: Insgesamt deutet die Studie an stimmgesunden Probanden darauf hin, dass die Auswirkungen auf die Stimmfunktion infolge einer forcierten Flüsterbelastung nur gering sind.
Text
Einleitung
Die akustische Energie der Stimmerzeugung entsteht vor allem durch eine periodische Unterbrechung des transglottischen Luftflusses durch die schwingenden Stimmlippen. Hierbei erzeugt der Aufprall der Stimmlippen aufeinander Stress, der besonders bei der Heilung nach phonochirurgischen Interventionen vermieden werden sollte. Anstelle der normalen Phonation nutzen Patienten häufig Flüstern zur Kommunikation. Da Flüstern jedoch im Verdacht steht, eine Fehlfunktion der Stimmerzeugung hervorzurufen, raten viele Phoniater vom Flüstern generell ab. Die Auswirkungen des Flüsterns auf die stimmliche Funktion sind allerdings bislang nicht hinreichend verstanden.
Methoden
In der vorliegenden prospektiven Studie wurde davon ausgegangen, dass bei forciertem Flüstern ein größerer Einfluss auf die Stimmfunktion zu erwarten ist. Vorversuche zeigten, dass ein Flüstern über 70 dB(A), gemessen im Abstand von 30 cm, durch Probanden als belastend wahrgenommen wurde. Für die Studie wurden 10 stimmlich gesunde ProbandInnen (5 männlich, 5 weiblich) gebeten – analog zu einem Stimmbelastungstest – den standardisierten Text des „Tapferen Schneiderleins“ (Gebrüder Grimm) für 10 Minuten mit einer Lautstärke von 70 dB(A) zu flüstern.
Vor und nach der Belastung durch forciertes Flüstern wurde der Dysphonia Severity Index erhoben. Außerdem erfolgte die Analyse eines ausgehaltenen Tones (Vokal /i/ bei 250 Hz für Frauen und 125 Hz für Männer) nach simultaner Aufnahme der transnasalen Hochgeschwindigkeitslaryngoskopie (HSV), Elektroglottographie (EGG) und Audio-Signalen mit einer Abtastrate von 20.000 Hz. Aus den HSV-Daten wurde nach Segmentierung der Glottis die Glottal Area Waveform (GAW) extrahiert.
Ergebnisse
Das Ausmaß der Untererfüllung des 70 dB(A) variierte stark. Für die ausgehaltene Phonation auf dem ausgehaltenen Vokal /i/ zeigte sich keine statistisch signifikante Änderung des SPL bei gegebener Grundfrequenz. Jedoch wies der Offenquotient eine statistische Tendenz zu einem Anstieg nach der Flüsterbelastung auf (p=0.1). Es erhöhte sich der Glottal Gap Index statistisch signifikant. Hinsichtlich der Relative Average Perturbation (RAP) zeigten sich divergierende Ergebnisse. Während sich bei der RAP aus der GAW und dem EGG-Signal nach der Intervention geringere Werte nachweisen ließen, zeigte sich eine Erhöhung der RAP aus dem Audio-Signal. Sowohl die Unterschiede für den Amplitude Perturbation Quotient als auch für Cepstral Peak Prominence erreichten keine statistische Signifikanz. Werte, die das Signal-Rausch-Verhältnis darstellen, wie die Harmonic-to-Noise Ratio sowie die Glottal-to-Noise Excitation Ratio, erwiesen sich nach dem Flüsterbelastungstest als nicht signifikant unterschiedlich.
Abbildung 1 [Abb. 1]
Fazit
Insgesamt deutet die Studie an stimmgesunden Probanden darauf hin, dass die Auswirkungen einer einmaligen Belastung durch forciertes Flüstern auf die Stimmfunktion nur gering sind. Der Effekt von langzeitigem Flüstern auf die Stimmfunktion muss jedoch weiterhin offenbleiben.