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Die Modulation der neuronalen Synchronisation zum Sprachrhythmus durch den familiären musikalischen Hintergrund
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Veröffentlicht: | 20. August 2024 |
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Gliederung
Zusammenfassung
Hintergrund: Während der auditiven Verarbeitung, beispielsweise beim Hören von Musik oder Gesprochenem, synchronisiert sich die Gehirnaktivität mit dem rhythmischen Signal. Für erwachsene Hörer wurde gezeigt, dass das Ausmaß dieser Synchronisation mit dem Erfolg des Sprachverständnisses einhergeht. In bisherigen Entwicklungsstudien wurde nachgewiesen, dass die neuronale Synchronisation mit dem Sprachsignal auch mit Synchronisationsmustern im Verhalten, der audiomotorischen Taktsynchronisation (Tap to beat), zusammenhängt. Darüber hinaus belegen erste Befunde einen Einfluss des familiären musikalischen Hintergrundes auf die neuronale Synchronisation. Die aktuelle Studie hat zum Ziel, diese verschiedenen Befunde für eine Gruppe von Kleinkindern zu evaluieren und die neuronalen und behavioralen Maße der Synchronisation mit den rhythmischen Eigenschaften von Sprache und Musik zum musikalischen Umfeld der Kinder in Beziehung zu setzen.
Material und Methoden: In einer EEG-Studie mit Silbenfolgen wurde bei 2- bis 4-jährigen Kindern (n=42) die neuronale Synchronisation auf den Silbenrhythmus über die Sprache-Gehirn-Kohärenz erfasst. Zusätzlich wurde die Taktsynchronisation der Kinder ermittelt, während sie zu zwei vorgegebenen Metronom-Taktfolgen trommelten (100 und 120 bpm). Mittels standardisierter Elternfragebögen wurden die musikalische Exposition der Kinder im familiären Umfeld und die musikalischen Fertigkeiten der Eltern erhoben. In multiplen Regressionsanalysen wurde überprüft, welche individuellen und familiären Variablen die neuronale Synchronisation der Kinder mit dem Sprachsignal signifikant vorhersagten.
Ergebnisse: Die Ergebnisse der multiplen Regression zeigen, dass die Sprache-Gehirn-Kohärenz durch das Alter der Kinder (adj. p<0.05), die elterliche Initiation musikalischen Verhaltens (adj. p<0.05) und die elterliche Gesangsfähigkeit (adj. p<0.05), jedoch nicht durch die Taktsynchronisation der Kinder vorhergesagt wird.
Diskussion: Der fehlende Zusammenhang zwischen der neuronalen Synchronisation auf das Sprachsignal und die Taktsynchronisation der Kinder lässt sich möglicherweise durch die Schwierigkeit der Erfassung audiomotorischer Fähigkeiten im Vorschulalter erklären und sollte bei älteren Kindern wiederholt werden. Der Zusammenhang zwischen dem musikalischen Verhalten der Eltern und der neuronalen Synchronisation bestätigt die Bedeutung von musikalisch-rhythmischem Input im familiären Kontext für die frühkindliche Sprachentwicklung.
Text
Hintergrund
Während der auditiven Verarbeitung, beispielsweise beim Hören von Musik oder Gesprochenem, synchronisiert sich die Gehirnaktivität mit dem rhythmischen Signal [1], [2], [3]. Für erwachsene Hörer wurde gezeigt, dass das Ausmaß dieser Synchronisation mit dem Erfolg des Sprachverständnisses einhergeht [4]. In bisherigen Entwicklungsstudien wurde nachgewiesen, dass die neuronale Synchronisation mit dem Sprachsignal auch mit Synchronisationsmustern im Verhalten, der audiomotorischen Taktsynchronisation (Tap to beat), zusammenhängt [5], [6]. Darüber hinaus belegen erste Befunde einen Einfluss des familiären musikalischen Hintergrundes auf die neuronale Synchronisation [7]. Die aktuelle Studie hat zum Ziel, diese verschiedenen Befunde für eine Gruppe von Kleinkindern zu evaluieren und die neuronalen und behavioralen Maße der Synchronisation mit den rhythmischen Eigenschaften von Sprache und Musik zum musikalischen Umfeld der Kinder in Beziehung zu setzen.
Material und Methoden
In einer EEG-Studie mit Silbenfolgen wurde bei 2- bis 4-jährigen Kindern (n=42) die neuronale Synchronisation auf den Silbenrhythmus über die Sprache-Gehirn-Kohärenz erfasst. Zusätzlich wurde die Taktsynchronisation der Kinder ermittelt, während sie zu zwei vorgegebenen Metronom-Taktfolgen trommelten (100 und 120 bpm – siehe Methoden in [8]). Mittels standardisierter Elternfragebögen wurden die musikalische Exposition der Kinder im familiären Umfeld (Music@Home [9]) und die musikalischen Fertigkeiten der Eltern (Gold-MSI [10]) erhoben. In multiplen Regressionsanalysen wurde überprüft, welche individuellen und familiären Variablen die neuronale Synchronisation der Kinder mit dem Sprachsignal signifikant vorhersagten.
Ergebnisse
Die Ergebnisse der multiplen Regression zeigen, dass die Sprache-Gehirn-Kohärenz durch das Alter der Kinder (adj. p<0.05), die elterliche Initiation musikalischen Verhaltens (adj. p<0.05) und die elterliche Gesangsfähigkeit (adj. p<0.05), jedoch nicht durch die Taktsynchronisation der Kinder vorhergesagt wird (Abbildung 1 [Abb. 1]), jedoch nicht durch die Taktsynchronisation der Kinder (Abbildung 2 [Abb. 2]).
Diskussion/Fazit
Der fehlende Zusammenhang zwischen der neuronalen Synchronisation auf das Sprachsignal und die Taktsynchronisation der Kinder lässt sich möglicherweise durch die Schwierigkeit der Erfassung audiomotorischer Fähigkeiten im Vorschulalter erklären und sollte bei älteren Kindern wiederholt werden. Der Zusammenhang zwischen dem musikalischen Verhalten der Eltern und der neuronalen Synchronisation bestätigt die Bedeutung von musikalisch-rhythmischem Input im familiären Kontext für die frühkindliche Sprachentwicklung.
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