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39. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP)

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

28.09. - 01.10.2023, Köln

Ernährungsstatus von Kopf-Hals-Tumor-Patienten im Verlauf der onkologischen Therapie

Vortrag

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  • author presenting/speaker Almut Goeze - Universitätsklinikum Marburg, KHNO, Abt. für Phoniatrie und Pädaudiologie, Marburg, Deutschland
  • corresponding author Eugen Zaretsky - Universitätsklinikum Marburg, KHNO, Abt. für Phoniatrie und Pädaudiologie, Marburg, Deutschland
  • author Uta Lehner - Universitätsklinikum Marburg, KHNO, Abt. für Phoniatrie und Pädaudiologie, Marburg, Deutschland
  • author Christiane Hey - Universitätsklinikum Marburg, KHNO, Abt. für Phoniatrie und Pädaudiologie, Marburg, Deutschland

39. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Köln, 28.09.-01.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocV27

doi: 10.3205/23dgpp47, urn:nbn:de:0183-23dgpp473

Veröffentlicht: 20. September 2023

© 2023 Goeze et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Hintergrund: Bei Kopf-Hals-Tumor-Patienten besteht ein erhöhtes Risiko auf Mangelernährung. Die vorliegende Studie untersucht daher den Ernährungsstatus von Kopf-Hals-Tumor-Patienten anhand der prozentualen Gewichtsänderung und des BMI vor und vier Wochen nach Beginn der onkologischen Therapie. Zudem wird das Risiko auf Mangelernährung mit dem Fragebogen „Nutritional Risk Screening“ (NRS) ermittelt, das von der European Society for Clinical Nutrition and Metabolism (ESPEN) empfohlen wird.

Material und Methoden: Von 2015 bis 2022 wurden 67 Kopf-Hals-Tumor-Patienten (prätherapeutisches Alter M = 63 ±8 Jahre, 78% männlich) mit NRS vor und 4 Wochen nach Therapiebeginn getestet. Änderung im BMI und Gewicht zu den Zeitpunkten 1) Ernährungszustand vor Erkrankungsbeginn, 2) prätherapeutisch (Testsitzung 1) und 3) 4 Wochen nach Therapiebeginn (Testsitzung 2) wurden statistisch geprüft. Zudem wurden der NRS-Untertest „Störung des Ernährungszustands“ (NRS-E) und NRS-Gesamtscore (NRS-G) vor und 4 Wochen nach onkologischem Therapiebeginn miteinander verglichen.

Ergebnisse: Sowohl zwischen ursprünglichem Ernährungszustand und dem der Testsitzung 1 bzw. 2 als auch zwischen Testsitzungen 1 und 2 zeigte sich eine signifikante Reduktion des BMI und ein signifikanter Gewichtsverlust laut Wilcoxon-Tests. Nach WHO-Kriterien waren vor Erkrankung 2% der Patienten untergewichtig (BMI < 18,5), in der 1. Testsitzung 6%, in der 2. 10%. Das Körpergewicht ging von 81 ±15,8 kg (vor Erkrankungsbeginn) auf 77,8 ±16,7 kg prätherapeutisch und 72,8 ±14,8 kg 4 Wochen nach Therapiebeginn zurück. Der prozentuale Gewichtsverlust vom Ursprungsgewicht zu dem der 1. bzw. der 2. Testsitzung um im Schnitt 3,8% ±6,3 bzw. 9,7% ±7,2 erwies sich ebenfalls als signifikant. Zudem erhöhte sich der Anteil der Patienten mit Mangelernährungsrisiko (NRS-G ≥3) zwischen Testsitzung 1 und 2 von 27% auf 72%. Im NRS-E und NRS-G verschlechterten sich die Punktzahlen höchst signifikant.

Diskussion: Vor Beginn der onkologischen Therapie bestand bei einem Drittel der Kopf-Hals-Tumor-Patienten ein erhöhtes Mangelernährungsrisiko, vier Wochen nach Therapiebeginn bereits bei zwei Drittel. Auch wenn die niedrige Fallzahl keine Generalisierung der ersten Studienergebnisse erlaubt, so deckt die vorliegende Studie dennoch die Relevanz des hier präsentierten Themas auf.

Fazit: Bereits jetzt gilt die Empfehlung für eine systematische Erfassung des Ernährungsstatus vor und während der onkologischen Therapie von Kopf-Hals-Tumor-Patienten.


Text

Hintergrund

Bei Kopf-Hals-Tumor-Patienten besteht ein erhöhtes Risiko auf Mangelernährung [1], [2]. Die vorliegende Studie untersucht daher den Ernährungsstatus von Kopf-Hals-Tumor-Patienten anhand der Gewichtsänderung und des BMI vor Erkrankungsbeginn sowie vor und vier Wochen nach Beginn der onkologischen Therapie. Zudem wird das Risiko auf Mangelernährung mit dem Fragebogen „Nutritional Risk Screening“ (NRS [3]) ermittelt, das von der European Society for Clinical Nutrition and Metabolism (ESPEN) empfohlen wird [4].

Material und Methoden

Von 2015 bis 2022 wurden 67 Kopf-Hals-Tumor-Patienten (prätherapeutisches Alter M = 63,2 ±8,4 Jahre, 52 (78%) männlich, 15 (22%) weiblich) mit NRS vor (Testzeitpunkt 1) und 4 Wochen nach Therapiebeginn (Testzeitpunkt 2) untersucht. Eingeschlossen wurden Kopf-Hals-Tumor-Patienten mit UICC-Tumorstadien I bis IV, im Alter von mind. 18 Jahren und mit einer unterschriebenen Einverständniserklärung.

Zwischen dem Testzeitpunkt 1 und dem Therapiebeginn vergingen durchschnittlich 2,9 ±2,8 Wochen, zwischen dem Therapiebeginn und Testzeitpunkt 2 4,1 ±0,7 Wochen.

Änderung im Body-Mass-Index (BMI) und Körpergewicht zu den Zeitpunkten vor Erkrankungsbeginn, Testzeitpunkt 1 und 2 wurden mit Wilcoxon-Tests für gepaarte Stichproben statistisch geprüft. Zudem wurden der NRS-Untertest „Störung des Ernährungszustands“ (NRS-E) und NRS-Gesamtscore (NRS-G) vor und 4 Wochen nach onkologischem Therapiebeginn mit demselben Test miteinander verglichen.

Ergebnisse

Sowohl zwischen ursprünglichem Ernährungszustand und dem des Testzeitpunkts 1 bzw. 2 als auch zwischen Testzeitpunkten 1 und 2 zeigte sich eine signifikante Reduktion des BMI und ein signifikanter Gewichtsverlust laut Wilcoxon-Tests (s. Tabelle 1 [Tab. 1] und Tabelle 2 [Tab. 2]). Nach WHO-Kriterien waren vor Erkrankung 2% (1/67) der Patienten untergewichtig (BMI < 18,5), zum Testzeitpunkt 1 6% (4/67), zum Testzeitpunkt 2 10% (10/67). Der prozentuale Gewichtsverlust vom Ursprungsgewicht zu dem der 1. bzw. der 2. Testsitzung um im Schnitt 3,8% ±6,3 bzw. 9,7% ±7,2 erwies sich ebenfalls als signifikant.

Zudem erhöhte sich der Anteil der Patienten mit Mangelernährungsrisiko (NRS-G ≥3) zwischen Testzeitpunkten 1 und 2 von 27% (18/67) auf 72% (48/67). Sowohl im NRS-E als auch im NRS-G verschlechterten sich die Punktzahlen höchst signifikant (s. Tabelle 3 [Tab. 3]).

Diskussion

Vor Beginn der onkologischen Therapie bestand bei einem Drittel der Kopf-Hals-Tumor-Patienten ein erhöhtes Mangelernährungsrisiko, vier Wochen nach Therapiebeginn bereits bei zwei Dritteln. Der Ernährungsstatus verschlechterte sich signifikant innerhalb von vier Wochen nach Therapiebeginn. Auch wenn die niedrige Fallzahl keine Generalisierung der ersten Studienergebnisse erlaubt, so deckt die vorliegende Studie dennoch die Relevanz des hier präsentierten Themas auf.

Fazit

Bereits jetzt gilt die Empfehlung für eine systematische Erfassung des Ernährungsstatus vor und während der onkologischen Therapie von Kopf-Hals-Tumor-Patienten.


Literatur

1.
Ehrsson YT, Fransson P, Einarsson S. Mapping health-related quality of life, anxiety, and depression in patients with head and neck cancer diagnosed with malnutrition defined by GLIM. Nutrients. 2021;13(4):1167.
2.
Löser A, Abel J, Kutz LM, Krause L, Finger A, Greinert F, Sommer M, et al. Head and neck cancer patients under (chemo-) radiotherapy undergoing nutritional intervention: Results from the prospective randomized HEADNUT-trial. Radiother Oncol. 2021;159:82-90.
3.
Kondrup J, Rasmussen HH, Hamberg O, Stanga Z; Ad Hoc ESPEN Working Group. Nutritional risk screening (NRS 2002): A new method based on an analysis of controlled clinical trials. Clin Nutr. 2003;22(3):321-36.
4.
Kondrup J, Allison SP, Elia M, Vellas B, Plauth M; Educational and Clinical Practice Committee; European Society of Parenteral and Enteral Nutrition (ESPEN). ESPEN guidelines for nutrition screening 2002. Clin Nutr. 2003;22(4):415-21.