gms | German Medical Science

38. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP)

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

29.09. - 02.10.2022, Leipzig

Idiopathische ulzerative Laryngitis – eine seltene laryngeale Entität

Poster

Suche in Medline nach

  • corresponding author presenting/speaker Muhittin Demir - Universitätsmedizin Essen, Klinik für Hals- Nasen- und Ohrenheilkunde, Essen, Deutschland
  • author Kathrin Fischer - Universitätsmedizin Essen, Klinik für Hals- Nasen- und Ohrenheilkunde, Essen, Deutschland
  • author Sonja Dockter - Universitätsmedizin Essen, Klinik für Hals- Nasen- und Ohrenheilkunde, Essen, Deutschland
  • Stephan Lang - Universitätsmedizin Essen, Klinik für Hals- Nasen- und Ohrenheilkunde, Essen, Deutschland

38. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Leipzig, 29.09.-02.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocP5

doi: 10.3205/22dgpp18, urn:nbn:de:0183-22dgpp184

Veröffentlicht: 26. September 2022

© 2022 Demir et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Hintergrund: Bei der idiopathischen ulzerativen Laryngitis (IUL) handelt es sich um eine seltene Erkrankung, die durch eine bilaterale membranöse Stimmlippenulzeration im mittleren Drittel gekennzeichnet ist. Sowohl die Ätiologie als auch das therapeutische Management dieser Erkrankung sind nur unzureichend bekannt.

Material und Methoden: Es wird über eine 28-jährige Patientin berichtet, die sich in Folge eines grippalen Infektes mit ausgeprägter Heiserkeit und Reizhusten in unserer Klinik vorstellte. Dauermedikation bei bekanntem Asthma bronchiale: Acarizax 12 SQ, Montelukast 10 mg, Fluticason 17-propionat, Azelastin 0.05 mg, Budenosid und Formoterolhemifurat.

Ergebnisse: Laryngostroboskopisch zeigte sich zunächst eine einseitige, im Verlauf eine beidseitige membranöse Ulzeration im vorderen und mittleren Stimmlippendrittel. Antibiotische und logopädische Therapie sowie Therapie mit PPI brachten keine relevante Besserung. Die histologische Aufarbeitung nach Probeentnahme ergab eine chronische Entzündung mit atypiefreiem Plattenepithel. Mikrobiologich zeigten sich Keime der Standardflora. Eine TBC wurde ausgeschlossen. Die Verlaufskontrolle nach 51 Wochen zeigte eine Besserung des klinischen Befundes und der Heiserkeit.

Diskussion: Bei der IUL handelt es sich um eine laryngeale Entität, welche sich als eine ödematöse und hyperämische Schleimhautulzeration im Bereich der membranösen Teil der Stimmlippen manifestiert. Ein typisches Merkmal ist die lange Genesungsphase, welche Wochen bis mehrere Monate dauern kann. Patienten mit Asthma bronchiale zeigen eine Prädisposition für die IUL. Eine evidenzbasierte Therapie gibt es bisher nicht. Je nach vorherrschender Symptomatik werden die Patienten mit Steroiden, Antibiotika oder Antireflux-Medikation behandelt. Es wird zu engmaschiger Kontrolle angeraten, da Dysphonie und Husten den Alltag der Patienten stark einschränken. Die Erkrankung ist in der Regel selbstlimitierend. Spezifische und systemische Infektionen mit laryngealer Beteiligung sollten als mögliche Differentialdiagnosen ausgeschlossen werden.

Fazit: Bei der IUL handelt es sich um eine seltene laryngeale Erkrankung unbekannter Ätiologie. Therapeutisch werden eine Antireflux-Medikation, Antibiotika, orale Steroide sowie unspezifische Maßnahmen einschließlich Stimmschonung eingesetzt. Weitere Forschung ist erforderlich, um das Verständnis und die Therapie der IUL zu verbessern.


Text

Einleitung

Bei der idiopathischen ulzerativen Laryngitis (IUL) handelt es sich um eine seltene Erkrankung, die durch eine bilaterale membranöse Stimmlippenulzeration im mittleren Drittel gekennzeichnet ist [1]. Sowohl die Ätiologie als auch das therapeutische Management dieser Erkrankung sind nur unzureichend bekannt. Klinisch zeigt sich oft ein lang andauernder Infekt der oberen Atemwege mit Husten, gefolgt von einem langwierigen Heilungsverlauf.

Material und Methoden

Wir berichten über eine 28-jährige Patientin, die sich mit einer seit Wochen bestehenden Heiserkeit und Husten in unserer Klinik vorstellte. Seit einem akuten Infekt der oberen Atemwege habe sich die Stimme nicht erholt. Des Weiteren klagte sie über einen starken Reizhusten. Anamnestisch wurde über ein Asthma bronchiale berichtet. Folgende Medikation wurde bei der Erstvorstellung angegeben: Acarizax 12 SQ, Montelukast 10 mg, Fluticason 17-propionat und Azelastin 0.05 mg, Budenosid und Formoterolhemifurat.

Ergebnisse

Die Spiegeluntersuchung zeigte einen unauffälligen Befund. Laryngostroboskopisch zeigte sich initial eine einseitige, dann beidseitige membranöse Ulzeration im vorderen und mittleren Stimmlippendrittel. Es erfolgten eine medikamentöse und logopädische Therapie sowie eine Stimmschonung. Die bisherige Medikation der Patientin wurde beibehalten. Die Verlaufskontrolle zeigte initial keine Besserung, sodass zum Ausschluss eines malignen Geschehens sowie Abklärung von Differentialdiagnosen eine Mikrolaryngoskopie mit Probenentnahme (Histologie und Mikrobiologie) erfolgte. Parallel erfolgte der Ausschluss einer Tuberkulose über den betreuenden Pulmonologen. Mikrobiologich zeigten sich Keime der Rachenflora ohne Anhalt für Sprosspilze oder anaerobe Bakterien. Histologisch lag eine chronische Entzündung mit atypiefreiem Plattenepithel vor. Erst eine Verlaufskontrolle ca. 51 Wochen nach Symptombeginn zeigte eine Besserung des klinischen Bildes und der Heiserkeit.

Diskussion

Granulome der Stimmlippen werden häufig im Bereich des Processus vocalis als Folge von anhaltender Schleimhautreizung durch hyperfunktionelle Dysphonie und laryngopharyngealen Reflux und als Folge überschießender Wundheilung nach laryngealen Eingriffen beobachtet [2]. Bei der IUL handelt es sich dagegen um eine Entität, welche sich als eine ödematöse und hyperämische Schleimhautulzeration im Bereich der membranösen Teil der Stimmlippen [3] manifestiert. Ein typisches Merkmal ist die lange Genesungsphase, welche von Beginn der ersten Symptome Wochen bis mehreren Monaten dauern kann [4]. Patienten mit Asthma bronchiale zeigen eine Prädisposition für die IUL [5].

Auch wenn Patienten mit Steroiden, Antibiotika und Antireflux-Medikation behandelt werden, existiert nach wie vor kein optimales therapeutisches Konzept. Auch eine unspezifische Therapie mit engmaschiger Kontrolle wird angeraten, da es sich hierbei, auch wenn die Dysphonie den Alltag der Patienten stark einschränkt, um eine selbstlimitierende Erkrankung handelt [4]. Spezifische und systemische Infektionen mit laryngealer Beteiligung sollten als mögliche Differentialdiagnosen (TBC, M. Wegener) ausgeschlossen werden.

Schlussfolgerung

Die IUL ist eine seltene Erkrankung unbekannter Ätiologie. Die Diagnostik erfolgt mit Hilfe einer Laryngostroboskopie und als Therapie kommen neben Antireflux-Medikation Antibiose und orale Steroide sowie unspezifische Maßnahmen einschließlich Stimmschonung in Frage. Weitere Forschung ist erforderlich, um das Verständnis und die Therapie der IUL zu verbessern.


Literatur

1.
Kim C, Badash I, Gao WZ, O'Dell K, Johns MM 3rd. Idiopathic Ulcerative Laryngitis: A National Survey of Academic Laryngologists. J Voice. 2021 Nov;35(6):892-900. DOI: 10.1016/j.jvoice.2020.04.009 Externer Link
2.
Martins RHG, Dias NH, Soares CSP, Gramuglia ACJ. Treatment of Laryngeal Granulomas. Int Arch Otorhinolaryngol. 2019 Jul;23(3):e322-e324. DOI: 10.1055/s-0039-1688456 Externer Link
3.
Spiegel JR, Sataloff RT, Hawkshaw M. Prolonged Ulcerative Laryngitis. Ear Nose Throat J. 2000;79(5):342. DOI:10.1177/014556130007900503 Externer Link
4.
Hsiao TY. Prolonged ulcerative laryngitis: a new disease entity. J Voice. 2011 Mar;25(2):230-5. DOI: 10.1016/j.jvoice.2009.09.008 Externer Link
5.
Rakel B, Spiegel JR, Sataloff RT. Prolonged ulcerative laryngitis. J Voice. 2002 Sep;16(3):433-8. DOI: 10.1016/s0892-1997(02)00116-9 Externer Link