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37. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP)

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

17.09. - 18.09.2021, digital

Kommunikation mit dem betagten Menschen: Konstellation sprachlicher Missverständnisse: Ursachen, Symptome, Reflektion, Optimierung

Vortrag

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37. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). sine loco [digital], 17.-18.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocV22

doi: 10.3205/21dgpp46, urn:nbn:de:0183-21dgpp460

Veröffentlicht: 28. Oktober 2021

© 2021 Schwemmle et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Zusammenfassung

Hintergrund: Im Gegensatz zur „Jugendsprache“ existiert keine vergleichbare stereotypische „Alterssprache“. Sprache im Alter ist kein Soziolekt, d.h. kein Sprachsystem einer sozial definierten Gruppe, schließt aber nicht aus, dass es im Alter wiederkehrende sprachliche Verhaltensweisen gibt. Sie werden häufig durch den Kommunikationspartner mitbestimmt. Ältere Menschen passen ihr Gesprächsverhalten den Erwartungen an, die mit Älteren verbunden werden (langsames Sprechen, reduziertes Lexikon, überakzentuierte Betonung, unvollständige Syntax), jüngere Menschen zeigen gegenüber älteren reflektorisch einen vergleichbaren Sprachstil. Vor allem das Gespräch von Ärzten und Pflegenden mit älteren Patienten entspricht dann einer Kommunikation analog von Erwachsenen zu Klein(st)kindern, der „sekundären Babysprache“.

Material und Methoden: Eine voreingenommene Wahrnehmung impliziert Kommunikationsdefizite und -störungen im Dialog mit älteren Menschen und vollzieht sich meist unbewusst, aber auch vor dem Hintergrund eines sogenannten Ageismus:

1.
Erschwerte, realitätseingeschränkte Wahrnehmung der Lebenssituation des alten Menschen
2.
Schwierigkeiten, die Perspektive des alten Menschen einzunehmen
3.
Gefahr der latenten Aggression, Aversionen (z.B. Misshandlungen in Altenheimen)

Ergebnisse: Ein gelungener Dialog von Ärzten, Pflegepersonal mit dem alten Menschen erfordert Respekt, Empathie, Einfühlung und Zeit ohne Desinteresse und Geringschätzung. Patronisierende Kommunikationsstrategien mit ihren infantilisierenden Redewendungen, der Bagatellisierung von Situationen, dem Vorhalten von Gedächtnisproblemen und der allgemeinen Zurechtweisung sind aber häufig existent in der verbalen Kommunikation mit dem alten Menschen. Diese Wahrnehmung ist nicht selten durch Altersvoreingenommenheit stereotypisch beeinflusst. Die „patronisierende Kommunikation“ mit ihren infantilisierenden Gesprächsmerkmalen ist unangebracht und in der Gesprächssituation für den älteren Menschen demütigend und respektlos. Deshalb sind Konzepte, die diese Kommunikationssituation reflektieren und verändern, wichtiger Bestandteil.

Diskussion: Die Dialogfähigkeit alter Menschen hängt nicht nur von ihrem psychophysischen Potential ab, sondern auch davon, wie ihre Kommunikationspartner sie wahrnehmen. Deshalb ist der Kommunikationspartner verpflichtet, das eigene Kommunikationsverhalten kritisch anhand der verschiedenen Faktoren zu reflektieren.

Fazit:

  • Ärzte und Pflegepersonal in der Kommunikation mit dem alten Menschen müssen sich über ihre Kommunikationsstrategien bewusst sein und reflektieren können
  • Strikte Vermeidung Patronisierung
  • Positives Gesprächsverhalten mit aktivem Zuhören
  • Authentisches Interesse, Empathie, völlige (auch mentale) Präsenz in der Anamneseerhebung, Erklärung/Durchführung der Diagnostik, Erklärung und Empfehlung für weiteres Procedere

Text

Hintergrund

Im Gegensatz zur „Jugendsprache“ existiert keine vergleichbare stereotypische „Alterssprache“. Sprache im Alter ist kein Soziolekt, d.h. kein Sprachsystem einer sozial definierten Gruppe, schließt aber nicht aus, dass es im Alter wiederkehrende sprachliche Verhaltensweisen gibt. Sie werden häufig durch den Kommunikationspartner mitbestimmt. Ältere Menschen passen ihr Gesprächsverhalten den Erwartungen an, die mit Älteren verbunden werden (langsames Sprechen, reduziertes Lexikon, überakzentuierte Betonung, unvollständige Syntax), jüngere Menschen zeigen gegenüber älteren reflektorisch einen vergleichbaren Sprachstil. Vor allem das Gespräch von Ärzten und Pflegenden mit älteren Patienten entspricht dann einer Kommunikation analog von Erwachsenen zu Klein(st)kindern, der „sekundären Babysprache“.

Material und Methoden

Eine voreingenommene Wahrnehmung impliziert Kommunikationsdefizite und -störungen im Dialog mit älteren Menschen und vollzieht sich meist unbewusst, aber auch vor dem Hintergrund eines sogenannten Ageismus:

1.
Erschwerte, realitätseingeschränkte Wahrnehmung der Lebenssituation des alten Menschen
2.
Schwierigkeiten, die Perspektive des alten Menschen einzunehmen
3.
Gefahr der latenten Aggression, Aversionen (z.B. Misshandlungen in Altenheimen)

Ergebnisse

Ein gelungener Dialog von Ärzten, Pflegepersonal mit dem alten Menschen erfordert Respekt, Empathie, Einfühlung und Zeit ohne Desinteresse und Geringschätzung. Patronisierende Kommunikationsstrategien mit ihren infantilisierenden Redewendungen, der Bagatellisierung von Situationen, dem Vorhalten von Gedächtnisproblemen und der allgemeinen Zurechtweisung sind aber häufig existent in der verbalen Kommunikation mit dem alten Menschen. Diese Wahrnehmung ist nicht selten durch Altersvoreingenommenheit stereotypisch beeinflusst. Die „patronisierende Kommunikation“ mit ihren infantilisierenden Gesprächsmerkmalen ist unangebracht und in der Gesprächssituation für den älteren Menschen demütigend und respektlos. Deshalb sind Konzepte, die diese Kommunikationssituation reflektieren und verändern, wichtiger Bestandteil.

Diskussion

Die Dialogfähigkeit alter Menschen hängt nicht nur von ihrem psychophysischen Potential ab, sondern auch davon, wie ihre Kommunikationspartner sie wahrnehmen. Deshalb ist der Kommunikationspartner verpflichtet, das eigene Kommunikationsverhalten kritisch anhand der verschiedenen Faktoren zu reflektieren.

Fazit

  • Ärzte und Pflegepersonal in der Kommunikation mit dem alten Menschen müssen sich über ihre Kommunikationsstrategien bewusst sein und reflektieren können
  • Strikte Vermeidung Patronisierung
  • Positives Gesprächsverhalten mit aktivem Zuhören
  • Authentisches Interesse, Empathie, völlige (auch mentale) Präsenz in der Anamneseerhebung, Erklärung/Durchführung der Diagnostik, Erklärung und Empfehlung für weiteres Procedere