gms | German Medical Science

37. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP)

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

17.09. - 18.09.2021, digital

Vergleichbarkeit der Cochlea-Vermessung in CT- und MRT-Datensätzen mit OTOPLAN

Poster

37. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). sine loco [digital], 17.-18.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocP17

doi: 10.3205/21dgpp32, urn:nbn:de:0183-21dgpp320

Veröffentlicht: 28. Oktober 2021

© 2021 Otte et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Hintergrund: Für die individualisierte Planung einer CI-Operation steht OTOPLAN zur Verfügung, ein Tool zur Bestimmung der Länge des Ductus cochlearis aus einem DICOM-formatierten Datensatz eines Dünnschicht-CT-Felsenbeins. Dies ermöglicht die Auswahl eines geeigneten Elektrodenträgers der richtigen Länge. Allerdings stellt ein CT-Scan eine relevante Strahlenbelastung insbesondere für die Augenlinse des Patienten dar. Ziel dieser Studie war es, festzustellen, ob die Länge des Ductus cochlearis auch aus einem MRT bestimmt werden kann.

Material und Methoden: Von 44 Patienten wurde die Länge der Cochlea (CDL) sowohl basierend auf einem CT- als auch auf einem MRT-Datensatz unter Zuhilfenahme der Software OTOPLAN berechnet. Die Software arbeitet hiermit unter der elliptisch-zirkulären Approximationsmethode (ECA), die eine genaue Abschätzung der CDL ermöglicht.

Es wurden zuerst alle CT- und dann alle MRT-Datensätze ausgewertet, wobei die Reihenfolge der ausgewerteten Bildgebung zufällig und anonymisiert war.

Ergebnisse: Die mittlere CDL betrug 32,443 (±0,294) mm in den CT-Schichten und 32,591 (±0,2605) mm in den MRT-Daten. Die vergleichende Analyse zeigte keine Unterschiede der ermittelten CDL bei CT- und MRT-Datensätzen.

Diskussion: Wir konnten zeigen, dass eine präoperative CT hinsichtlich der Längenvermessung der Cochlea mit OTOPLAN keinen zusätzlichen Nutzen im Vergleich zum MRT bringt. Das MRT bietet im Gegensatz zur CT zusätzlich Informationen über den Hörnerv. Zudem kann durch den Verzicht auf eine präoperative CT-Diagnostik bei einer unauffälligen MRT-Untersuchung die Strahlenbelastung für den Patienten vermieden werden. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund möglicher postoperativer CT-Bildgebungen und vor allem bei Kindern besonders relevant. Allerdings erfordert die Beurteilung der MRT-Bilder mithilfe von OTOPLAN eine ausreichende dünne Schichtdicke und Erfahrung. Die Auswertung sollte daher dem erfahrenen Anwender vorbehalten sein. Weitere prospektive Vergleichsstudien sind anzustreben.

Fazit: Die Längenvermessung der Cochlea anhand von CT- und MRT-Bildern liefert vergleichbare Ergebnisse.


Text

Einleitung

Die individuelle präoperative Planung einer CI-Operation gewinnt hinsichtlich eines guten postoperativen Hörerfolges zunehmend an Bedeutung [1]. Hierfür wurde die Software OTOPLAN (CAScination AG Bern, Schweiz in Zusammenarbeit mit MED-EL Corporation Innsbruck, Österreich) entwickelt, mit deren Hilfe die Länge des Ductus cochlearis (CDL) aus einem DICOM-formatierten CT-Felsenbein-Datensatz ermittelt werden kann [1]. Allerdings liegt vor einer CI-Operation zumeist auch eine MRT vor, auf dem unter anderem cochleäre Dysplasien, das Syndrom des erweiterten vestibulären Aquädukts sowie der Nervus cochlearis gut beurteilt werden können [2], [3]. Die CT hingegen ist eine ergänzende Untersuchung, die mit einer Strahlenbelastung für die Patienten einhergeht. Mit dieser Studie sollte ermittelt werden, ob die Längenvermessung der Cochlea durch OTOPLAN auf Basis von MRT- und CT-Datensätzen vergleichbar ist.

Methoden

Für die Studie wurden Datensätze von 44 Patienten verwendet, bei denen in Vorbereitung auf eine CI-Operation sowohl MRT-Innenohr- als auch hochauflösende CT-Felsenbein-Aufnahmen angefertigt wurden. Es wurden nur Daten von Patienten mit unauffälliger Anatomie und ohne Obliteration der Cochlea berücksichtigt.

Die hochauflösenden CT-Scans des Felsenbeins wurden mit einem Philips Brilliance 64-Slice-CT-Scanner (Philips Healthcare) erstellt (Schichtdicke 0,67 mm, Schrittweite 0,33 mm). Die MR-Bilder wurden mit einem 3,0-Tesla-Ganzkörpersystem (Philips Healthcare) mit einer speziellen Kopfspule aufgenommen (Turbo-Spin-Echo-Sequenz, Schichtdicke 5 mm und dreidimensionale T2-gewichtete TSE-Sequenz, Schichtdicke 1 mm). Die Datensätze wurden in eine tabletbasierte Software (OTOPLAN, Version 2) hochgeladen. Zur Messung der CDL identifiziert und markiert der Benutzer zunächst den Modiolus, das runde Fenster und die äußere Begrenzung der Cochlea gegenüber dem runden Fenster. Anschließend werden orthogonale Linien durch die Verbindungslinie zwischen diesen beiden Punkten und dem Modiolus gezogen (Abbildung 1 [Abb. 1]). Auf diese Weise wurden zuerst alle CT- und dann alle MRT-Datensätze ausgewertet, wobei die Datensätze anonymisiert und die Reihenfolge randomisiert waren. OTOPLAN berechnet die CDL nach der elliptisch-zirkulären Approximationsmethode, die im Vergleich zu anderen Methoden eine genauere Schätzung der CDL ermöglicht [4]. Die statistische Analyse wurde mit SPSS v. 24 (SPSS Inc., Chicago, USA) durchgeführt. Es wurde ein gepaarter t-Test durchgeführt, um den Unterschied zwischen den ermittelten Längen in CT- und MRT-Datensätzen zu untersuchen. Das Signifikanzniveau wurde auf p≤0,05 festgelegt.

Ergebnisse

Es wurden Datensätze von 44 CT- und MRT-Bildern der Cochlea verwendet. Die mittlere CDL betrug 32,443 (±0,294) bei den CT-Aufnahmen und 32,591 (±0,2605) in den MRT-Datensätzen.

Die ermittelten Längen der CDL waren in MRT- und CT-Datensätzen statistisch nicht unterschiedlich (t (43)=–,989; p=.328). Es bestand eine gute Korrelation zwischen den im MRT und CT ermittelten Längen (r=0,862, p<0,01) (Abbildung 2 [Abb. 2]).

Diskussion

Wir konnten mit dieser Studie zeigen, dass sich die mit OTOPLAN berechnete CDL nicht unterscheidet, wenn sie aus einem CT- oder einem MRT-Datensatz ermittelt wird. Während die Bildgebung der Cochlea und der Hörnerven mittels MRT routinemäßig vor einer Cochlea-Implantat-Operation erfolgt [5], ist eine CT nur bei spezieller Fragestellung notwendig und bietet dem Chirurgen in der Regel keinen zusätzlichen Nutzen [6]. Aus unseren Ergebnissen lässt sich schließen, dass diese zusätzliche Bildgebung nur für die Anwendung von OTOPLAN nicht notwendig ist. Durch den Verzicht auf eine CT können zum einen Kosten und Ressourcen eingespart werden [7], zum anderen kann die erhöhte Strahlenbelastung für den Patienten vermieden werden [8], [9]. Dies ist besonders kritisch, da sich viele Patienten auch post- oder intraoperativ einer weiteren CT-Untersuchung zur Lagekontrolle unterziehen [5]. Gerade bei Kindern ist die Einsparung von Strahlendosen aufgrund der Karzinogenität der CT-Strahlung besonders wichtig [10].

Allerdings ist das Setzen der Messpunkte in OTOPLAN auf den MRT-Schichtbildern schwieriger als auf den CT-Bildern, auf denen die knöchernen Grenzen und das runde Fenster besser hervortreten (Abbildung 1 [Abb. 1]). Daher sollten die MRT-Aufnahmen so dünn wie möglich erhoben werden. Dennoch könnte die Verwendung von OTOPLAN mit MRT-Bildern allein für den unerfahrenen Untersucher schwieriger sein und zu falschen Messungen führen. Um dies zu untersuchen, sollten weitere prospektive Studien folgen, auch um die Vorhersagekraft der MRT-basierten OTOPLAN-Analyse für die Wahl der richtigen Elektrode zu bestimmen.


Literatur

1.
Dhanasingh A. Research software in cochlear duct length estimation, Greenwood frequency mapping and CI electrode array length simulation. World J Otorhinolaryngol Head Neck Surg. 2020;7(1):17-22. DOI: 10.1016/j.wjorl.2018.12.002 Externer Link
2.
Tanioka H, Shirakawa T, Machida T, Sasaki Y. Three-dimensional reconstructed MR imaging of the inner ear. Radiology. 1991;178(1):141-4. DOI: 10.1148/radiology.178.1.1984292 Externer Link
3.
Giesemann AM, Raab P, Lyutenski S, Dettmer S, Bültmann E, Frömke C, Lenarz T, Lanfermann H, Goetz F. Improved imaging of cochlear nerve hypoplasia using a 3-Tesla variable flip-angle turbo spin-echo sequence and a 7-cm surface coil. Laryngoscope. 2014;124(3):751-4. DOI: 10.1002/lary.24300 Externer Link
4.
Schurzig D, Timm ME, Batsoulis C, Salcher R, Sieber D, Jolly C, Lenarz T, Zoka-Assadi M. A Novel Method for Clinical Cochlear Duct Length Estimation toward Patient-Specific Cochlear Implant Selection. OTO Open. 2018;2(4):2473974X18800238. DOI: 10.1177/2473974X18800238 Externer Link
5.
Aschendorff A. Imaging in cochlear implant patients. GMS Curr Top Otorhinolaryngol Head Neck Surg. 2011;10:Doc07. DOI: 10.3205/cto000080 Externer Link
6.
Keidar E, Singh J, Santiago-Rivera OJ, Wilkerson B, Babu S. Utility and value of pre-operative CT and MRI for cochlear implantation in the elderly. Am J Otolaryngol. 2021;42(3):102853. DOI: 10.1016/j.amjoto.2020.102853 Externer Link
7.
Paul AB, Oklu R, Saini S, Prabhakar AM. How Much Is That Head CT? Price Transparency and Variability in Radiology. J Am Coll Radiol. 2015;12(5):453-7. DOI: 10.1016/j.jacr.2014.12.016 Externer Link
8.
Ellul S, Shelton C, Davidson HC, Harnsberger HR. Preoperative cochlear implant imaging: is magnetic resonance imaging enough? Am J Otol. 2000;21(4):528-33.
9.
Giacomuzzi SM, Torbica P, Rieger M, Lottersberger C, Peer S, Peer R, Perkmann R, Buchberger W, Bale R, Mallouhi A, Jaschke W. Untersuchungen zur Strahlenexposition bei der Einzelschicht- und Mehrschicht-Spiral-CT (eine Phantom-Studie) [Radiation exposure in single slice and multi-slice spiral CT (a phantom study)]. Rofo. 2001;173(7):643-9. DOI: 10.1055/s-2001-15831 Externer Link
10.
Joshi VM, Navlekar SK, Kishore GR, Reddy KJ, Kumar EC. CT and MR imaging of the inner ear and brain in children with congenital sensorineural hearing loss. Radiographics. 2012;32(3):683-98. DOI: 10.1148/rg.323115073 Externer Link