gms | German Medical Science

Phoniatrisch-pädaudiologische Aspekte 2020

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

26.09.2020, digital

Welche Hör- und Sprachbefunde verbergen sich hinter der Verdachtsdiagnose AVS?

Meeting Abstract

  • corresponding author presenting/speaker Dennis Kruse - Universitätsklinikum Ulm, HNO-Klinik, Kopf- und Halschirurgie, Sektion Phoniatrie/Pädaudiologie, Ulm, Deutschland
  • Andrea Häge - Universitätsklinikum Ulm, HNO-Klinik, Kopf- und Halschirurgie, Sektion Phoniatrie/Pädaudiologie, Ulm, Deutschland
  • Cornelia Maier - Universitätsklinikum Ulm, HNO-Klinik, Kopf- und Halschirurgie, Sektion Phoniatrie/Pädaudiologie, Ulm, Deutschland
  • Rudolf Reiter - Universitätsklinikum Ulm, HNO-Klinik, Kopf- und Halschirurgie, Sektion Phoniatrie/Pädaudiologie, Ulm, Deutschland
  • Imke Mack - Universitätsklinikum Ulm, HNO-Klinik, Kopf- und Halschirurgie, Sektion Phoniatrie/Pädaudiologie, Ulm, Deutschland
  • Thomas Hoffmann - Universitätsklinikum Ulm, HNO-Klinik, Kopf- und Halschirurgie, Ulm, Deutschland
  • author Sibylle Brosch - Universitätsklinikum Ulm, HNO-Klinik, Kopf- und Halschirurgie, Sektion Phoniatrie/Pädaudiologie, Ulm, Deutschland

Phoniatrisch-pädaudiologische Aspekte 2020. sine loco [digital], 26.-26.09.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc16

doi: 10.3205/20dgpp16, urn:nbn:de:0183-20dgpp169

Veröffentlicht: 2. November 2020

© 2020 Kruse et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Zusammenfassung

Hintergrund: Die Häufigkeit und Symptomzusammensetzung von Kindern mit dem Verdacht auf eine auditive Verarbeitungsstörung sind nach wie vor unklar.

Material und Methoden: In der vorliegenden Arbeit wurden 106 Kinder (5–14 Jahre) mit der Überweisungsdiagnose „auditive Verarbeitungsstörung“ (AVS) nach den Vorgaben der aktuellen Leitlinie untersucht. Pathologien im Sinne umschriebener Entwicklungsstörungen des Sprechens und der Sprache, tiefgreifende Entwicklungsstörungen wie Autismusspektrumstörungen oder hyperkinetische Störungen sowie eine unterdurchschnittliche Intelligenz wurden vor Beginn der Testung ausgeschlossen.

Ergebnisse: Signifikant auffällige Testergebnisse zeigten sich der Häufigkeit nach vor allem in den Teilbereichen dichotische Signalverarbeitung (36,4%), Lautdifferenzierung (34,9%), phonologische Verarbeitung und Bewusstheit (22,8%) sowie der auditiven Merkspanne und Gedächtnis (22,6%). Defizite in den Teilleistungsgebieten auditive Reizfilterung (10,0%), Sprach- und Grammatikverständnis (7,4%), lautgetreues Schreiben (5,2%) und Wortschatzdefizit/Wortfindungsstörung (1,1%) waren demgegenüber deutlich seltener. Auffällig im Sinne der für die Diagnose AVS geforderten Testergebnisse waren 33 der untersuchten 106 Kinder (31,1%).

Diskussion: Bei 87,7% der Kinder im Gesamtkollektiv wurden Reste einer Sprachentwicklungsstörung gesehen, bei 54,7% wurde eine Legasthenie diagnostiziert. Zwei Drittel (66,6%) der 33 mit AVS diagnostizierten Kinder hatten Defizite in der phonologische Verarbeitung/Bewusstheit sowie der auditiven Merkspanne/Gedächtnis, etwa die Hälfte hatte Probleme mit der Lautdifferenzierung (54,5%) und der beidohrigen Signalverarbeitung (48,5%).

Fazit: Somit überwiegen bei einem Großteil der Kinder mit V.a. AVS sprachsystematische Probleme, die entsprechend aufzuarbeiten sind.


Text

Hintergrund

Die Häufigkeit und Symptomzusammensetzung von Kindern mit dem Verdacht auf eine auditive Verarbeitungsstörung sind nach wie vor unklar.

Material und Methoden

In der vorliegenden Arbeit wurden 106 Kinder (5–14 Jahre) mit der Überweisungsdiagnose „auditive Verarbeitungsstörung“ (AVS) nach den Vorgaben der aktuellen Leitlinie untersucht. Pathologien im Sinne umschriebener Entwicklungsstörungen des Sprechens und der Sprache, tiefgreifende Entwicklungsstörungen wie Autismusspektrumstörungen oder hyperkinetische Störungen sowie eine unterdurchschnittliche Intelligenz wurden vor Beginn der Testung ausgeschlossen.

Ergebnisse

Signifikant auffällige Testergebnisse zeigten sich der Häufigkeit nach vor allem in den Teilbereichen dichotische Signalverarbeitung (36,4%), Lautdifferenzierung (34,9%), phonologische Verarbeitung und Bewusstheit (22,8%) sowie der auditiven Merkspanne und Gedächtnis (22,6%). Defizite in den Teilleistungsgebieten auditive Reizfilterung (10,0%), Sprach- und Grammatikverständnis (7,4%), lautgetreues Schreiben (5,2%) und Wortschatzdefizit/Wortfindungsstörung (1,1%) waren demgegenüber deutlich seltener. Auffällig im Sinne der für die Diagnose AVS geforderten Testergebnisse waren 33 der untersuchten 106 Kinder (31,1%).

Diskussion

Bei 87,7% der Kinder im Gesamtkollektiv wurden Reste einer Sprachentwicklungsstörung gesehen, bei 54,7% wurde eine Legasthenie diagnostiziert. Zwei Drittel (66,6%) der 33 mit AVS diagnostizierten Kinder hatten Defizite in der phonologische Verarbeitung/Bewusstheit sowie der auditiven Merkspanne/Gedächtnis, etwa die Hälfte hatte Probleme mit der Lautdifferenzierung (54,5%) und der beidohrigen Signalverarbeitung (48,5%).

Fazit

Somit überwiegen bei einem Großteil der Kinder mit V.a. AVS sprachsystematische Probleme, die entsprechend aufzuarbeiten sind.