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Ernährungsrisiko von Kopf-Hals-Tumor-Patienten bei Erstdiagnose via Nutritional Risk Screening
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Veröffentlicht: | 13. September 2019 |
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Gliederung
Zusammenfassung
Hintergrund: Malnutrition in Folge einer Kopf-Hals-Tumor-Erkrankung bildet ein erhöhtes Risiko hinsichtlich Mortalität, prolongierter Krankenhausverweildauer und einem Verlust an Lebensqualität. Mit dem Nutritional Risk Screening (NRS) liegt ein valides und einfach zu handhabendes Instrument zur Erfassung des Ernährungsrisikos vor. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, das Ernährungsrisiko von Kopf-Hals-Tumor-Patienten bei Erstdiagnose vor Beginn der onkologischen Therapie zu erfassen und zu untersuchen, welche Faktoren das Ernährungsrisiko maßgeblich mitbeeinflussen.
Material und Methoden: Der NRS wurde von 2015–2019 bei 88 Kopf-Hals-Tumor-Patienten (75% männlich; 42–81 Jahre, Median 62, UICC-Stadium II–IV) erhoben. Als mögliche Einflussfaktoren wurden (1) Tumorlokalisation, (2) Tumorstadium nach UICC, (3) Alter und (4) Geschlecht der Patienten erfasst. Via FEES®-Diagnostik wurden (5) Penetration bzw. Aspiration (PAS) nach Rosenbek, (6) Grad der Oralisierungseinschränkung (FOIS) nach Crary sowie (7) therapierelevante Schluckstörung (TRS) auf Basis der beiden erstgenannten Skalen evaluiert.
Berechnet wurde der Zusammenhang zwischen NRS-Gesamtscore einerseits und allen o.g. Faktoren andererseits. Die Ermittlung der möglichen Einflussfaktoren auf den Ernährungsstatus erfolgte durch Spearman-Korrelationen, Kruskal-Wallis H- und Mann-Whitney U-Tests.
Ergebnisse: Ein Drittel (33%) der Patienten wies bereits vor Therapiebeginn ein erhöhtes Ernährungsrisiko nach NRS auf. Dabei korrelierte der NRS-Gesamtscore signifikant mit dem Patientenalter (ρ=0,403, p<0,001), FOIS (ρ=0,460, p<0,001) sowie TRS (ρ=0,345, p=0,001), nicht jedoch mit Tumorstadium und PAS. Ebenso war NRS nicht signifikant mit Geschlecht und Tumorlokalisation assoziiert.
Diskussion: Mit einem Drittel Betroffener bildet das Ernährungsrisiko einen wesentlichen Faktor, der in der onkologischen Therapie berücksichtigt werden sollte. Lediglich Alter und Ernährungseinschränkung zeigen einen mittelstarken Zusammenhang mit dem Vorliegen eines potenziellen Ernährungsrisikos bei Patienten mit einem Kopf-Hals-Tumor zum Zeitpunkt der onkologischen Diagnosestellung. Das Stadium bzw. die Lokalisation eines Kopf-Hals-Tumors bilden dabei interessanterweise ebenso wie PAS keine relevanten Faktoren.
Fazit: Die systematische Erfassung des Ernährungsrisikos sollte bei Patienten mit einem Kopf-Hals-Tumor bereits vor Einleitung der onkologischen Therapie beginnen, um einen individuell angepassten Ernährungsplan entlang des Verlaufs anbieten zu können.
Text
Hintergrund
Malnutrition in Folge einer Kopf-Hals-Tumor-Erkrankung bildet ein erhöhtes Risiko hinsichtlich Mortalität [1], prolongierter Krankenhausverweildauer [2] und einem Verlust an Lebensqualität [3]. Mit dem Nutritional Risk Screening (NRS) liegt ein valides und einfach zu handhabendes Instrument zur Erfassung des Ernährungsrisikos vor [4]. Insbesondere wird der Einsatz des NRS für stationäre Patienten unterschiedlicher Ätiologien empfohlen. Gerade Patienten mit einem Kopf-Hals-Tumor gelten hinsichtlich Malnutrition neben Patienten mit Tumor im gastrointestinalen Trakt, der Lunge und der Leber als besonders gefährdet. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, das Ernährungsrisiko von Kopf-Hals-Tumor-Patienten bei Erstdiagnose vor Beginn der onkologischen Therapie zu erfassen und zu untersuchen, welche Faktoren das Ernährungsrisiko maßgeblich mitbeeinflussen.
Material und Methoden
Der NRS wurde von 2015 bis 2019 bei 88 Kopf-Hals-Tumor-Patienten (75% männlich; 42–81 Jahre, Median 62, UICC-Stadium II–IV) erhoben. Als mögliche Einflussfaktoren wurden (1) Tumorlokalisation, (2) Tumorstadium nach UICC, (3) Alter und (4) Geschlecht der Patienten erfasst. Via FEES®-Diagnostik wurden (5) Penetration bzw. Aspiration (PAS) nach Rosenbek, (6) Grad der Oralisierungseinschränkung (FOIS) nach Crary sowie (7) therapierelevante Schluckstörung (TRS) auf Basis der beiden erstgenannten Skalen evaluiert.
Berechnet wurde der Zusammenhang zwischen NRS-Gesamtscore einerseits und allen o.g. Faktoren andererseits. Die Ermittlung der möglichen Einflussfaktoren auf den Ernährungsstatus erfolgte durch Spearman-Korrelationen (Tumorstadium, Alter, PAS, FOIS und TRS), Kruskal-Wallis H- (Tumorlokalisation) und Mann-Whitney U-Tests (Geschlecht).
Ergebnisse
Ein Drittel (33%; 28 von 88) der Patienten wies bereits vor Therapiebeginn ein erhöhtes Ernährungsrisiko nach NRS auf. Dabei korrelierte der NRS-Gesamtscore signifikant mit dem Patientenalter (ρ=0,40, p<0,001), FOIS (ρ=–0,46, p<0,001) sowie TRS (ρ=0,35, p=0,001), nicht jedoch mit Tumorstadium (ρ=0,15, p=0,891) und PAS (ρ=0,18, p=0,108). Ebenso war NRS nicht signifikant mit Geschlecht (Z=–0,18, p=0,857) und Tumorlokalisation (χ2(2)=3,73, p=0,115) assoziiert.
Diskussion
Mit einem Drittel Betroffener bildet das Ernährungsrisiko einen wesentlichen Faktor, der in der onkologischen Therapie berücksichtigt werden sollte. Lediglich Alter und Ernährungseinschränkung zeigen einen mittelstarken Zusammenhang mit dem Vorliegen eines potenziellen Ernährungsrisikos bei Patienten mit einem Kopf-Hals-Tumor zum Zeitpunkt der onkologischen Diagnosestellung. Das Stadium bzw. die Lokalisation eines Kopf-Hals-Tumors bilden dabei interessanterweise ebenso wie PAS keine relevanten Faktoren. Damit gelten insbesondere für die älteren Kopf-Hals-Tumor Erkrankten als auch die, die bereits in einem eingeschränkten Ernährungszustand sind, die ESPEN-Empfehlungen 1) Ernährungsscreening so früh wie möglich bei Tumordiagnosestellung, 2) erweitertes Ernährungsassessement u.a. unter Erfassung von Entzündungswerten, physischer Verfassung und Energieverbrauch, sowie 3) die Erstellung individueller Ernährungspläne anzuwenden [5].
Schlussfolgerungen
Die systematische Erfassung des Ernährungsrisikos sollte bei Patienten mit einem Kopf-Hals-Tumor bereits vor Einleitung der onkologischen Therapie beginnen, um einen individuell angepassten Ernährungsplan entlang des Verlaufs anbieten zu können, zur Vermeidung und Vorbeugung des Entstehens zusätzlicher inflammatorischer Prozesse und Folgen wie Fatiguesyndrom. Damit letzten Endes auch zur Erhaltung die Schluckfunktionen betreffende funktionelle therapeutische Optionen.
Literatur
- 1.
- Maasberg S, Knappe-Drzikova B, Vonderbeck D, Jann H, Weylandt KH, Grieser C, et al. Malnutrition predicts clinical outcome in patients with neuroendocrine neoplasias. Neuroendocrinology. 2017;104(1):11e25.
- 2.
- Pressoir M, Desne S, Berchery D, Rossignol G, Poiree B, Meslier M, et al. Prevalence, risk factors and clinical implications of malnutrition in French Comprehensive Cancer Centres. Br J Cancer. 2010;102(6):966e71.
- 3.
- Gellrich NC, Handschel J, Holtmann H, Kruskemper G. Oral cancer malnutrition impacts weight and quality of life. Nutrients. 2015;7(4):2145-60.
- 4.
- Schütz T, Valentini L, Plauth M. Screening auf Mangelernährung nach den ESPEN-Leitlinien 2002. Aktuel Ernaehr Med. 2005;30:99-103.
- 5.
- Arends J, Baracos V, Bertz H, et al. ESPEN expert group recommendations for action against cancer-related malnutrition. Clinical Nutrition. 2017;36(5):1187-96.