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36. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP)

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

19.09. - 22.09.2019, Göttingen

Tumornachsorge mit OncoFunction – ein Instrument zur Erfassung funktioneller Beeinträchtigungen nach Therapie von Kopf-Hals-Tumoren

Vortrag

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 36. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Göttingen, 19.-22.09.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocV46

doi: 10.3205/19dgpp66, urn:nbn:de:0183-19dgpp666

Veröffentlicht: 13. September 2019

© 2019 Zebralla et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Hintergrund: Funktionelle Einschränkungen durch Kopf-Hals-Tumoren (KHT) sowie deren Behandlung werden im Rahmen herkömmlicher Nachsorgekonzepte nicht standardisiert abgebildet. Deshalb erfolgte, gefördert von der Deutschen Krebshilfe, die Entwicklung eines Patient Reporting Outcome Measure (PROM) Instruments auf Basis des „Head and Neck core set“ der International Classification of Functioning (ICF) der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Das Instrument wurde 2013 von der Deutschen Krebshilfe für die Nachsorge von Kopf-Hals-Tumorpatienten empfohlen und wird seitdem unter dem Namen „OncoFunction“ (OF) an unserer Klinik eingesetzt und kontinuierlich weiterentwickelt.

Material und Methoden: Die Nutzung von OF erfolgt in unserer Klinik seit Juli 2013. Alle Patienten, welche die Tumornachsorgesprechstunde unserer Klinik wahrnahmen, sind aufgefordert OF zu nutzen. Anhand einer Visualisierung erfolgt die Gewichtung der Antworten und besonders schwerwiegende Probleme werden hervorgehoben. Weiterhin wurden neue Entwicklungen der Visualisierung umgesetzt, welche die Nutzung vereinfachen und neue Optionen in der Anwendung bieten.

Ergebnisse: Von Juli 2013 bis Februar 2019 haben 1033 Patienten (796 ♂, 237 ♀) OF im Rahmen der Tumornachsorge genutzt. Maximal vierzehn Konsultationen pro Patienten wurden registriert (3 Patienten). 825 Patienten haben einen bis sechs Fragebögen beantwortet. Die Anzahl aktuell ausgefüllter Fragebögen liegt bei insgesamt >4400 Patientenfragebögen.

Um die Ergebnisse übersichtlicher zu gestalten, wurde eine vereinfachte Darstellung mittels Smiley-Icons gewählt. Für den individuellen Patienten sind nun Verläufe der Beschwerden als auch gegebenenfalls erfolgte Interventionen sichtbar. Weiterhin können, mittels diverser Filter, Patienten in gleichartige Gruppen zusammengefasst werden und somit unterschiedliche Beschwerden bei der heterogenen Gruppe der KHT-Patienten entsprechend gewichtet werden.

Diskussion: Die Nutzung von OF in der Tumornachsorge unserer Klinik konnte erfolgreich etabliert werden. Mittels OF werden erstmals kontinuierlich untersucherunabhängige, vergleichbare und vollständige Daten zu KHT-Patienten in der Nachsorge erfasst.

Fazit: PROMs sind eine gute Möglichkeit, um Patientenbedürfnisse in der Nachsorge zu erfassen. Der erfolgreiche Einsatz von OF zeigt, dass auch in der Nachsorge von KHT-Patienten PROMs eingesetzt werden können.


Text

Hintergrund

Funktionelle Einschränkungen durch Kopf-Hals-Tumoren (KHT), wie zum Beispiel Schluckfunktion und Stimmfunktion, sowie deren Behandlung werden im Rahmen herkömmlicher Nachsorgekonzepte nicht standardisiert abgebildet. Bei anderen Tumorentitäten konnte ein positiver Benefit für die Patientenkommunikation und die gemeinsame Therapieentscheidung gezeigt werden, wenn Patient Reporting Outcome (PRO) Instrumente in der Nachsorge eingesetzt wurden [1], [2]. Basch et al. konnten 2017 in einer prospektiv randomisierten Untersuchung zeigen, dass Patienten im palliativen Setting ein signifikant verlängertes Überleben, bei Therapie mit zusätzlicher Nutzung eines PRO im Vergleich zur alleinigen Therapie ohne PRO-Instrument, hatten [3].

Gefördert von der Deutschen Krebshilfe, erfolgte die Entwicklung eines Patient Reporting Outcome Measure (PROM) Instruments auf Basis des „Head and Neck core set“ der International Classification of Functioning (ICF) der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Das Instrument wurde 2013 von der Deutschen Krebshilfe für die Nachsorge von Kopf-Hals-Tumorpatienten empfohlen und wird seitdem unter dem Namen „OncoFunction“ (OF) an unserer Klinik eingesetzt und kontinuierlich weiterentwickelt [4], [5].

Material und Methoden

Die Nutzung von OF erfolgt in unserer Klinik seit Juli 2013. Alle Patienten, welche die Tumornachsorgesprechstunde unserer Klinik wahrnahmen, sind aufgefordert das Fragebogentool OF zu nutzen. Die Daten aus den Antworten sind für den behandelnden Arzt in Echtzeit sichtbar und Problembereiche können direkt adressiert werden. Anhand einer Visualisierung erfolgt die Gewichtung der Antworten und besonders schwerwiegende Probleme werden hervorgehoben. Mittels der Erhebungsdaten möchten wir die Nutzbarkeit eines PROM in der Nachsorge von KHT-Patienten zeigen. Weiterhin wurden neue Entwicklungen der Visualisierung umgesetzt, welche die Nutzung vereinfachen und neue Optionen in der Anwendung bieten.

Ergebnisse

Von Juli 2013 bis Februar 2019 haben 1033 Patienten (796 ♂, 237 ♀) OF im Rahmen der Tumornachsorge genutzt. Maximal vierzehn Konsultationen pro Patienten wurden registriert (3 Patienten). 825 Patienten haben einen bis sechs Fragebögen beantwortet. Die Anzahl aktuell ausgefüllter Fragebögen liegt bei insgesamt >4400 Patientenfragebögen.

Um die Ergebnisse übersichtlicher zu gestalten, wurde Abstand von einer, wie im ursprünglichen Visualisierungskonzept vorgesehenen Ampelvisualisierung genommen, und eine vereinfachte Darstellung mittels Smiley-Icons gewählt (Abbildung 1 [Abb. 1]).

Für den individuellen Patienten sind nun Verläufe der Beschwerden als auch gegebenenfalls erfolgte Interventionen sichtbar. Weiterhin können, mittels diverser Filter, Patienten in gleichartige Gruppen zusammengefasst werden und somit unterschiedliche Beschwerden bei der heterogenen Gruppe der KHT-Patienten entsprechend gewichtet werden.

Diskussion

Die Nutzung von OF in der Tumornachsorge unserer Klinik konnte erfolgreich etabliert werden. Mittels OncoFunction werden erstmals kontinuierlich Untersucherunabhängige, vergleichbare und vollständige Daten zu KHT-Patienten in der Nachsorge erfasst. Vorliegende Literatur legt nahe, dass hierdurch auch Patientenzufriedenheit und die Arzt-Patientenbeziehung positiv beeinflusst wird. Weiterentwicklungen sind insbesondere auf Hardwareebene im Sinne einer Integration in das Krankenhausinformationssystem geplant, als auch inhaltlich und softwareseitig in der Weiterentwicklung des Fragebogens und der Möglichkeit neue Funktionen in das Programm (z.B. weitere Fragebögen spezifisch auf Lokalisation bezogen) einzufügen.

Fazit

PROMs sind eine gute Möglichkeit, um Patientenbedürfnisse in der Nachsorge zu erfassen. Der erfolgreiche Einsatz von OncoFunction zeigt, dass auch in der Nachsorge von KHT-Patienten PROMs eingesetzt werden können, um Funktionseinschränkungen zu erkennen und behandeln. Ob auch bei KHT-Patienten alle für andere Entitäten beschriebenen positiven Effekte einer PROM-Nutzung vorhanden sind, bedarf einer weiteren wissenschaftlichen Untersuchung.


Literatur

1.
Chen J, Ou L, Hollis SJ. A systematic review of the impact of routine collection of patient reported outcome measures on patients, providers and health organisations in an oncologic setting. BMC Health Serv Res. 2013;13:211.
2.
Detmar SB, Muller MJ, Schornagel JH, Wever LD, Aaronson NK. Health-related quality-of-life assessments and patient-physician communication: a randomized controlled trial. JAMA. 2002;288(23):3027-34.
3.
Basch E, Deal AM, Dueck AC, Scher HI, Kris MG, Hudis C, et al. Overall Survival Results of a Trial Assessing Patient-Reported Outcomes for Symptom Monitoring During Routine Cancer Treatment. JAMA. 2017;318(2):197-8. DOI: 10.1001/jama.2017.7156 Externer Link
4.
Tschiesner U, Stier-Jarmer M, Strieth S, Singer S, Dietz A, Fietkau R, et al. Development of an ICF-based clinical practice guideline for the assessment of function in head and neck cancer. Laryngorhinootologie. 2013;92(5):314-25.
5.
Zebralla V, Pohle N, Singer S, Neumuth T, Dietz A, Stier-Jarmer M, et al. Introduction of the Screening Tool OncoFunction for Functional Follow-up of Head and Neck Patients. Laryngorhinootologie. 2016;95(2):118-24. DOI: 10.1055/s-0035-1549858 Externer Link