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Stabilisierung der Stimmlippenschwingungen durch Nasalanz
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Veröffentlicht: | 13. September 2019 |
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Gliederung
Zusammenfassung
Hintergrund: Für professionelle Sänger stellt das Singen über den Frequenzbereich hinaus, an dem normalerweise Registeränderungen eintreten (Passaggio), eine Herausforderung dar. Diesbezüglich kann gezeigt werden, dass Sänger in dem Bereich des Passaggios für die Bühnenstimme (Stage Voice above the Passaggio, SVaP) deutlich regulärere Stimmlippenschwingungsmuster aufweisen als beim Registerübergang vom Modalregister zum Falsett. In der Literatur wird diskutiert, ob Nasalanz einen Mechanismus darstellen könnte, der von professionellen Sängern genutzt wird, um diese Stabilität zu erzeugen.
Material und Methoden: Acht professionelle Sänger wurden gebeten, ein Glissando von ca. 220Hz bis 440Hz auf dem Vokal /i/ einmal vom Modalregister mit Wechsel zum Falsett und ein andermal vom Modalregister zum SVaP zu singen. Simultan erfolgte eine Aufnahme mittels transnasaler Hochgeschwindigkeitsendoskopie mit 20.000 Bildern pro Sekunde sowie Audio-, elektroglottographischen (EGG)-, oralem und nasalem Luftstrom über eine Rothenbergmaske und Accelerometersignalen. Die Detektion des Registerübergangs bei Sequenzen zum Falsett wurde anhand der EGG Sample Entropy detektiert. Die Sequenzen wurden anhand der Grundfrequenz im Passaggio gematched.
Ergebnisse: Bei fast allen Probanden waren die Übergänge zu SVaP mit deutlich reguläreren Schwingungsmustern vergesellschaftet als beim Übergang zum Falsett. Bei 5 von 8 Probanden kam es zu einer Erhöhung der Nasalität für das Singen zu SVaP. Bei 4 Probanden hiervon war der Betrag in einer ähnlichen Größenordnung wie der Anstieg des Flächenfunktion-basierten Offenquotienten für den Übergang zum Falsett. Diese Linien liefen fast parallel, so dass davon auszugehen ist, dass wenn ein Anstieg des Offenquotienten zu vermeiden ist, die Nasalanz genutzt wird. Bei einem Probanden, der für SVaP keine Nasalanz nutzte, kam es zu einem gravierenden Anstieg des Offenquotienten.
Diskussion: Durch die Ergebnisse ist davon auszugehen, dass Nasalanz häufig genutzt wird, um Instabilitäten im Passaggio auszugleichen.
Text
Einleitung
Für professionelle Sänger stellt das Singen über den Frequenzbereich hinaus, an dem normalerweise Registeränderungen eintreten (Passaggio), eine Herausforderung dar. Diesbezüglich kann gezeigt werden, dass Sänger in dem Bereich des Passaggios für die Bühnenstimme (Stage Voice above the Passaggio, SVaP) deutlich regulärere Stimmlippenschwingungsmuster aufweisen als beim Registerübergang vom Modalregister zum Falsett [1]. Aktuell wird diskutiert, ob Nasalanz einen Mechanismus darstellen könnte, der von professionellen Sängern genutzt wird, um diese Stabilität zu erzeugen [2]. Es scheint, als dass die Hinzunahme der nasalen Resonanzräume die Inertanz des Vokaltraktes so steigert, dass sich die Schwingungsfunktion der Stimmlippen stabilisieren [2]. Auf der anderen Seite führt die Hinzunahme der nasalen Resonanzen zu einer Änderung der Resonanzeigenschaften des Vokaltraktes. Diesbezüglich konnte eine aktuelle Studie nachweisen, dass besonders Intensitäten von Teiltönen in dem Frequenzbereich des Sängerformantenclusters durch Öffnung des velopharyngealen Übergangs vermindert sind [3]. Da diese für die Tragfähigkeit besonders von männlichen professionellen Stimmen wichtig erscheinen, könnte dieser als negativ zu erachtende Effekt auf die Stimmfunktion zu einer Vermeidung einer Nasalanz führen.
Material und Methoden
Sechs professionelle Tenöre wurden gebeten, ein Glissando von ca. 220Hz bis 440Hz auf dem Vokal /i/ einmal vom Modalregister mit Wechsel zum Falsett und ein andermal vom Modalregister zum SVaP zu singen. Simultan erfolgte eine Aufnahme mittels transnasaler Hochgeschwindigkeitsvideoendoskopie (HSV) mit 20.000 Bildern pro Sekunde sowie Audio-, elektroglottographischen (EGG)-, oralem und nasalem Luftstrom über eine Rothenbergmaske und Accelerometersignalen. Aus den HSV Sequenzen wurde nach Rotation, Filterung mittels FFT-Filter, Reduktion der Bildgröße sowohl die Glottale Flächenfunktion als auch Phonovibrogramme mittels der Glottis Analysis Tools Software (Abteilung Phoniatrie und Pädaudiologie, Universitätsklinik Erlangen) bestimmt und der Offenquotient berechnet. Die Nasalanzbestimmung erfolgte anhand des DC nasalen bzw. oralen Flow. Alle Signale wurden in 25ms Zeitfenstern gerastert. Die Bestimmung des Registerübergangs (0-Fenster) bei Sequenzen zum Falsett wurde anhand der EGG Sample Entropy [4] detektiert. Die Sequenzen wurden anhand der Grundfrequenz im Passaggio gematched.
Ergebnisse
Bei 3 von 6 Tenören kam es zu einer Erhöhung der Nasalität für das Singen zu SVaP. Bei 2 Probanden hiervon war der Betrag in einer ähnlichen Größenordnung wie der Anstieg des Flächenfunktion-basierten Offenquotienten für den Übergang zum Falsett (Abbildung 1 [Abb. 1]). Diese Linien verliefen fast parallel, so dass davon auszugehen ist, dass wenn ein Anstieg des Offenquotienten zu vermeiden ist, die Nasalanz genutzt wird. Bei einem Probanden, der für SVaP keine Nasalanz nutze, kam es zu einem gravierenden Anstieg des Offenquotienten und starken Irregularitäten im Phonovibrogramm.
Diskussion
Die Hälfte der gemessenen Tenöre nutzte die Nasalanz im Bereich des Passaggios zur Aufrechterhaltung der Bühnenstimme, wobei eine deutliche Abhängigkeit zwischen Nasalanz und Verhinderung eines Anstiegs des Offenquotienten zu verzeichnen war. Wurde keine Nasalanz genutzt, kam es bei einem Tenor zu Irregularitäten im Passaggio.
Literatur
- 1.
- Echternach M, Burk F, Köberlein M, Herbst CT, Döllinger M, Burdumy M, Richter B. Oscillatory Characteristics of the Vocal Folds Across the Tenor Passaggio. J Voice. 2017;31(3):381.e5-381.e14. DOI: 10.1016/j.jvoice.2016.06.015
- 2.
- Sundberg J. Round table on nasal resonance in singing. In: Pan European Voice Conference. Firenze: Firenze University Press; 2015. p. 154.
- 3.
- Gill BP, Lee J, Lã FMB, Sundberg J. Spectrum Effects of a Velopharyngeal Opening in Singing. J Voice. 2018 Dec 23. pii: S0892-1997(18)30446-6.
- 4.
- Selamtzis A, Ternstrom S. Analysis of vibratory states in phonation using spectral features of the electroglottographic signal. J Acoust Soc Am. 2014;136:2773-83.