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36. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP)

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

19.09. - 22.09.2019, Göttingen

Larynxpapillomatose – Eine retrospektive Datenanalyse

Vortrag

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Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 36. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Göttingen, 19.-22.09.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocV23

doi: 10.3205/19dgpp35, urn:nbn:de:0183-19dgpp352

Veröffentlicht: 13. September 2019

© 2019 Heyduck et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Hintergrund: In einer retrospektiven Studie untersuchten wir die Krankheitsverläufe von Patienten mit Larynxpapillomen. Neben den chirurgischen Eingriffen wurden die Effekte einer Gardasil®-Impfung oder lokalen Cidofovir®-Injektion berücksichtigt.

Material und Methoden: Es wurden Daten der Universitätskliniken Göttingen und Ulm analysiert. Neben Geschlecht, Alter bei Erstdiagnose, Vorerkrankungen, Anzahl und Intervalle der mikrochirurgischen Interventionen wurden Applikationen von Cidofovir® und Impfungen mit Gardasil® erfasst.

Ergebnisse: Es wurden 88 Patienten (51 aus Göttingen und 37 aus Ulm) mit der Diagnose einer Larynxpapillomatose inkludiert. Davon waren 74% Männer und 26% Frauen mit einem medianen Alter von 47,5 Jahren (Minimum 0 und Maximum 83). Die Patienten mussten sich durchschnittlich 4 Operationen (Minimum 0 und Maximum 45) unterziehen. Bei den Patienten, die der Nachsorge treu blieben, gab es im Mittel eine rezidivfreie Zeit von 14 Monaten. 16 Patienten erhielten eine Impfung mittels Gardasil®, 13 Patienten erhielten eine lokale Cidofovir®-Injektion. Bei 33 Patienten lag eine HPV-Typisierung vor (29 einen HPV Typ 6 und 4 HPV Typ 11). Drei Patienten wiesen auf dem Boden der Larynxpapillomatose ein Carcinoma in situ auf. Ein Einfluss der Impfung oder antiviralen Therapie ließ sich nicht belegen.

Diskussion: In unserer Studie zeigte sich sowohl eine Präferenz des männlichen Geschlechtes, als auch ein Überwiegen der HPV-Gruppen 6 und 11. Bemerkenswerterweise zeigten viele Patienten immunologische Defizite in ihrer Krankenhistorie. Ein Nutzen der Impfung mit Gardasil® ließ sich anhand unseres kleinen Kollektivs nicht belegen. Die Cidofovir® Anwendung schien in einzelnen Fällen verlängerte rezidivfreie Intervalle zu ermöglichen. Juvenile Papillomatosen waren eine Rarität.

Fazit: Ein sicherer Effekt adjuvanter Therapien (Impfung, Chemotherapie) war an unserem kleinen Kollektiv nicht zu belegen. Die aktuelle Empfehlung der S3-Leitlinie (AWMF 082/002) „Impfprävention HPV-assoziierter Neoplasien“ legt jedoch eine Impfung auch benigner Papillomatosen nahe.


Text

Hintergrund

Sowohl für die Immunisierung mit Gardasil® als auch für die lokale Injektion des Virostatikums Cidofovir® sind positive Effekte auf den Krankheitsverlauf der Larynxpapillomatose beschrieben [1], [2], [3]. Die derzeit in Überarbeitung befindliche S3-Leitlinie (AWMF 082/002) zu Neoplasien im Kopf-Hals-Bereich befürwortet eine HPV-Immunisierung auch bei der benignen Larynxpapillomatose [4]. Im Rahmen einer retrospektiven Studie sollte die Häufigkeit von Rezidiven bzw. lasermikrochirurgischen Interventionen unter Berücksichtigung dieser adjuvanten Therapien untersucht werden.

Material und Methoden

Es wurde eine retrospektive Analyse der klinischen und histologischen Befunde bei Larynxpapillomatose an der Universitätsmedizin Göttingen und der Universitätsklinik Ulm durchgeführt. Neben Geschlecht, Alter bei Erstdiagnose, Begleiterkrankungen, Lokalisation der Papillome, Anzahl und Intervall der mikrochirurgischen Interventionen erfolgte die HPV-Typisierung der Papillomgewebe und es wurden adjuvante Maßnahmen einer Gardasil®-Impfung und Cidofovir®-Injektion erfasst.

Ergebnisse

Es wurden 94 Patienten (56 aus Göttingen und 38 aus Ulm) mit einer Larynxpapillomatose inkludiert. Davon waren 74% Männer und 26% Frauen mit einem medianen Alter von 48,7 Jahren (Minimum 2 Jahre und Maximum 83 Jahre). Bei 38 Patienten lag eine HPV-Typisierung vor (33 HPV-Typ 6 und 5 HPV-Typ 11). Die Patienten mussten sich durchschnittlich 5 Operationen (Minimum 0 und Maximum 45) unterziehen. 3 Patienten wiesen auf dem Boden der Larynxpapillomatose ein Carcinoma in situ auf und ein Patient eine mittelgradige Dysplasie. Von den Patienten, die der Nachsorge treu blieben, gab es im Mittel eine rezidivfreie Zeit von 17 Monaten. 46 Patienten hatten mehrfache Rezidive. 18 Patienten erhielten eine Impfung mittels Gardasil® und 8 Patienten eine intraläsionale Cidofovir®-Injektion. Ein Einfluss der adjuvanten Therapien hinsichtlich der Rezidivhäufigkeit ließ sich nicht belegen.

Abbildung 1 [Abb. 1]

Diskussion

In unserer Studie zeigte sich sowohl eine Präferenz des männlichen Geschlechts, als auch der alleinige Nachweis von „low-risk“-HPV-Typen (Typ 6 und Typ 11). Ein positiver Einfluss der Immunsierung mit Gardasil® bzw. der Cidofovir®-Injektion hinsichtlich der Rezidivhäufigkeit ließ sich anhand unserer Pilotstudie nicht nachweisen.

Fazit

Bei kurzer Nachbeobachtungszeit und geringer Anzahl der analysierten Fälle lässt sich die Wirksamkeit der adjuvanten Therapien mit Gardasil® bzw. Cidofovir® bei der Larynxpapillomatose nicht abschließend beurteilen.


Literatur

1.
Mauz PS, Schäfer FA, Iftner T, Gonser P. HPV vaccination as preventive approach for recurrent respiratory papillomatosis – a 22-year retrospective clinical analysis. BMC Infect Dis. 2018;18(1):343.
2.
Matsuzaki H, Makiyama K, Hirai R, Suzuki H, Asai R, Oshima T. Multi-Year Effect of Human Papillomavirus Vaccination on Recurrent Respiratory Papillomatosis. Laryngoscope. 2019 Apr 8. DOI: 10.1002/lary.27993 Externer Link
3.
Grasso M, Remacle M, Bachy V, Van Der Vorst S,·Lawson G. Use of cidofovir in HPV patients with recurrent respiratory papillomatosis. Eur Arch Otorhinolaryngol. 2014;271(11):2983-90.
4.
Gross G, Becker N, Brockmeyer NH, Esser S, Freitag U, Gebhardt M, Gissmann L, Hillemanns P, Grundhewer H, Ikenberg H, Jessen H, Kaufmann A, Klug S, Klußmann JP, Nast A, Pathirana D, Petry KU, Pfister H, Röllinghof U, Schneede P, Schneider A, Selka E, Singer S, Smola S, Sporbeck B, von Knebel Doeberitz M, Wutzler P. S3-Leitlinie zur Impfprävention HPV-assoziierter Neoplasien, 12/2013. Verfügbar unter: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/082-002l_Impfprävention_HPV_assoziierter_Neoplasien_2013-12-abgelaufen.pdf Externer Link