gms | German Medical Science

36. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP)

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

19.09. - 22.09.2019, Göttingen

Langzeitresultate der Behandlung von Schallleitungsstörung bei Kindern mit dem Knochenleitungshörgerät ADHEAR

Vortrag

  • corresponding author presenting/speaker Katrin Neumann - Abteilung für Phoniatrie und Pädaudiologie, Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie, Katholisches Klinikum Bochum, Ruhr-Universität Bochum, Bochum, Deutschland
  • author Benno Postert - MED-EL, Innsbruck, Deutschland
  • author Patrik Westerkull - Otorix AB, Askim, Schweden
  • author Stefan Dazert - Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie, Katholisches Klinikum Bochum, Ruhr-Universität Bochum, Bochum, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 36. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Göttingen, 19.-22.09.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocV12

doi: 10.3205/19dgpp17, urn:nbn:de:0183-19dgpp174

Veröffentlicht: 13. September 2019

© 2019 Neumann et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Hintergrund: Stirnbandintegrierte Knochenleitungshörgeräte (SBKL-HGs) erzielen bei Kindern mit permanenten Schallleitungsstörungen oder chronisch drainierenden Ohren wegen Kopfdrucks, Schwitzens oder kosmetischer Stigmata oft nur eine mäßige Trageakzeptanz. Eine Alternative bietet das Knochenleitungshörgerät ADHEAR mit einem Audioprozessor auf einem mastoidal aufgeklebten Pflaster. Eine Anwenderstudie evaluierte den audiologischen und klinischen Nutzen des Systems verglichen mit dem durch SBKL-HGs erreichten.

Material und Methoden: Zehn schallleitungsgestörte Kinder (0.7–9.7 Jahre) nutzen vergleichend das ADHEAR und SBKL-HGs. Die unverstärkten und verstärkten Ton- bzw. Reaktionsschwellen sowie das Sprachverstehen in Ruhe und Störschall wurden initial mit beiden Geräten und nach 8 Wochen allein mit dem ADHEAR gemessen. Fragebogenbasiert wurden Trageverhalten sowie Patienten- und Elternzufriedenheit bewertet. Mittlerweile liegen Langzeitergebnisse vor, und vier weitere Kinder wurden mit ADHEAR-Geräten versorgt.

Ergebnisse: Bereits bei der ersten Anwendung überstieg der funktionelle Gewinn mit dem ADHEAR, gemittelt über 0.5, 1, 2, und 4 kHz, den mit SBKL-HGs erreichten (34.7 dB ± 14.1 vs. 27.7 dB ± 14.7, p=.012, n=11 Ohren) (Neumann et al. 2019). Das Sprachverstehen in Ruhe und Störschall (n=8) verbesserte sich für beide Gerätetypen vergleichbar gegenüber der unversorgten Situation. Die Eltern von acht Kindern bewerteten das ADHEAR als nützlich. Nach durchschnittlich 13 Monaten Tragedauer (n=4) verbesserten sich der durchschnittliche funktionelle Gewinn mit dem ADHEAR, Pflasterhalt und Trageakzeptanz weiter. Acht Wochen nach Erstanpassung trugen sechs, ein Jahr später acht Kinder das ADHEAR dauerhaft, ebenso die vier weiteren Kinder.

Diskussion: Mittlerweile nutzen 12 von 14 Kindern das ADHEAR dauerhaft, darunter zwei mit Mehrfachbehinderung. Anfängliche Probleme bezüglich Tragekomforts, Pflasterhalts, Hautreaktionen und Rückkopplungspfeifen wurden weitgehend überwunden. Ein Kind erhielt ein Mittelohrimplantat, für ein weiteres läuft die Vorbereitung dafür.

Fazit: Das ADHEAR bietet damit eine gute Versorgungsoption für Kinder mit Schallleitungsstörungen oder chronisch drainierenden Ohren.


Text

Hintergrund

Stirnbandintegrierte Knochenleitungshörgeräte (SBHGs) erzielen bei Kindern mit permanenten Schallleitungsstörungen oder chronisch drainierenden Ohren wegen Kopfdrucks, Schwitzens oder kosmetischer Stigmata oft nur eine mäßige Trageakzeptanz. Eine Alternative bietet das Knochenleitungshörgerät ADHEAR mit einem Audioprozessor auf einem mastoidal aufgeklebten Pflaster. Eine Anwenderstudie evaluierte den audiologischen und klinischen Nutzen des Systems verglichen mit dem durch SBHGs erreichten.

Material und Methoden

Zehn schallleitungsgestörte Kinder (0.7–9.7 Jahre) nutzen vergleichend das ADHEAR und SBHGs. Die unverstärkten und verstärkten Ton- bzw. Reaktionsschwellen sowie das Sprachverstehen in Ruhe und Störschall wurden initial (T0) mit beiden Geräten und nach 8 Wochen (T1) allein mit dem ADHEAR gemessen. Fragebogenbasiert wurden Trageverhalten sowie Patienten- und Elternzufriedenheit bewertet. Mittlerweile liegen Langzeitergebnisse vor, und vier weitere Kinder wurden mit ADHEAR-Geräten versorgt.

Ergebnisse

Bereits bei der ersten Anwendung überstieg der funktionelle Gewinn mit dem ADHEAR, gemittelt über 0.5, 1, 2, und 4 kHz, den mit SBHGs erreichten (34.7 dB ± 14.1 vs. 27.7 dB ± 14.7, p=.012, n=11 Ohren). Das Sprachverstehen in Ruhe und Störschall (n=8) verbesserte sich für beide Gerätetypen vergleichbar gegenüber der unversorgten Situation. Die Eltern von acht Kindern bewerteten das ADHEAR als nützlich. Nach durchschnittlich 13 Monaten Tragedauer (n=4) verbesserten sich der durchschnittliche funktionelle Gewinn mit dem ADHEAR, Pflasterhalt und Trageakzeptanz weiter. Acht Wochen nach Erstanpassung trugen sechs, ein Jahr später acht Kinder das ADHEAR dauerhaft, ebenso die vier weiteren Kinder.

Diskussion

Mittlerweile nutzen 12 von 14 Kindern das ADHEAR dauerhaft, darunter zwei mit Mehrfachbehinderung. Gelegentliche Probleme bezüglich Tragekomforts, Pflasterhalts, Hautreaktionen und Rückkopplungspfeifen können wie in Tabelle 1 [Tab. 1] dargestellt überwunden werden. Ein Kind erhielt ein Mittelohrimplantat, für ein weiteres läuft die Vorbereitung dafür.

Fazit

Das ADHEAR bietet funktionell und kosmetisch eine gute Versorgungsoption für Kinder mit Schallleitungsstörungen oder chronisch drainierenden Ohren.


Literatur

1.
Neumann K, Thomas JP, Voelter C, Dazert S. A new adhesive bone conduction hearing system effectively treats conductive hearing loss in children. Int J Pediatr Otorhinolaryngol. 2019;122:117-25. DOI: 10.1016/j.ijporl.2019.03.014 Externer Link