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Phonatorische Druckmessung nach Laryngektomie mit Stimmrehabilitation
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Veröffentlicht: | 14. September 2018 |
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Gliederung
Zusammenfassung
Hintergrund: Nach Laryngektomie (LE) ist die Stimmrehabilitation mit Hilfe von Ersatzstimmen (ES) etabliert. Am häufigsten kommen hierbei Stimmshuntventile (SV) zum Einsatz. Als Alternative hat sich die Laryngoplastik (LP) nach Hagen bewährt. In der postop. Stimmrehabilitation spielt der Anblasedruck der unterschiedlichen ES eine große Rolle. In der vorliegenden Studie werden erste Ergebnisse einer Vergleichsstudie von Patienten mit SV und LP vorgestellt.
Material und Methoden: Es wurden 16 Patienten im Alter von 51 bis 77 Jahren prospektiv eingeschlossen. Alle waren männlich und hatten ein Larynxkarzinom mit der Indikation zur LE. Zur Stimmrehabilitation wurde bei je 6 Patienten ein SV bzw eine LP angelegt. 10–14 Tage postop. wurde mit Hilfe eines digitalen Cuffdruckmessers unter Anwendung eines Stomapflasters der Anblasedruck bei minimal und maximal möglicher Lautstärke sowie in der Spontansprache gemessen als auch die mittlere Phonationszeit bestimmt. Zusätzlich konnten als Vergleichsparameter 4 Patienten nach einer Tracheotomie vor LE gemessen werden.
Ergebnisse: Bei allen Patienten wurde ab dem 10. postop. Tag eine ES angebahnt. Im „piano“ war den SV-Patienten bei 30 cmH2O/63 dB SPL, den LP-Patienten bei 31 cmH2O/67 dB SPL und den tracheotomierten Patienten bei 18 cmH2O/64 dB SPL eine Phonation möglich. Die Messung der maximalen Lautstärke ergab im Mittel bei den SV-Patienten 54 cmH2O/79 dB SPL, bei den LP-Patienten 51 cmH2O/77 dB SPL und bei den tracheotomierten Patienten 27 cmH2O/77 dB SPL. In der Spontansprache erreichten die SV-Patienten im Mittel 34 cmH2O/66 dB SPL, die LP-Patienten im Mittel 35 cmH2O/71 dB SPL und die tracheotomierten Patienten 21 cmH2O/66 dB SPL. Die mittlere Phonationszeit lag bei den SV-Patienten bei 6 s/48 cmH2O, bei den LP-Patienten bei 7 s/48 cmH2O und bei den tracheotomierten Patienten bei 7 s/29 cmH2O.
Diskussion: Bei allen Patienten war eine Stimmrehabilitation möglich. Bei den Druckmessungen in allen Kategorien ergaben sich keine Unterschiede. Die Daten der tracheotomierten Patienten lassen sich gut in die Daten von gesunden Probanden aus der Literatur einordnen. Für die Produktion einer Ersatzstimme nach LE ist ein höherer Anblasedruck notwendig.
Fazit: Im Rahmen der Stimmrehabilitation nach LE können die Daten der vorliegenden Studie als auch das Messverfahren für eine Biofeedbacktherapie zur Optimierung des Anblasedruckes verwendet werden. Der Messaufbau ist einfach und ohne technischen Aufwand realisierbar. Nach Stimmrehabilitation kann durch eine optimierte Atemtechnik eine gute Modulationsfähigkeit hergestellt werden.
Text
Einleitung
Nach Laryngektomie (LE) ist die Stimmrehabilitation mit Hilfe von „Ersatzstimmen“ etabliert. Am häufigsten kommen hierbei Stimmshuntventile (SV) zum Einsatz. Als Alternative hat sich die Laryngoplastik (LP) nach Hagen etabliert [1]. Bei beiden Verfahren entstehen Gewebeschwingungen im Segment des oberen Ösophagus bzw. Hypopharynx durch die bei der Ausatmung eingepresste Luft. In der postoperativen Stimmrehabilitationstherapie spielt daher der Anblasedruck der unterschiedlichen Ersatzstimmen eine große Rolle. In der Literatur sind bisher nur wenige aerodynamische Messungen nach Laryngektomie zu finden. Takeshita-Monaretti el al. haben durch Druckmessung bei laryngektomierten Patienten den intraösophagealen Druck während der Phonation mit einem Stimmshuntventil messen können [2]. Studien mit intratrachealen Druckmessungen bei Laryngekomierten sind in der Literatur nicht zu finden. In der vorliegenden Studie werden erste Ergebnisse einer Vergleichsstudie von Patienten mit intratrachealen Druckmessungen nach Stimmshuntanlage und Laryngoplastik vorgestellt. Petekkaya at al. berichteten 2017 in einer Studie mit gesunden Probanden einen subglottischen Druck bei Phonation von 8,8 bis 18,7 cmH2O [3].
Patienten und Methoden
Es wurden 16 Patienten im Alter von 51 bis 77 Jahren mit einem Durchschnittsalter von 63 Jahren prospektiv eingeschlossen. Alle waren männlich, 12 hatten ein Larynxkarzinom mit der Indikation zur LE. Zur Stimmrehabilitation wurde bei je 6 Patienten ein SV bzw eine LP nach Hagen angelegt. 4 Patienten mit einem Oropharynxkarzinom konnten nach präoperativer Tracheotomie vor der Tumortherapie als Vergleichsgruppe in die Studie eingeschlossen werden.
Für die Messungen des intratrachealen Druckes wurde ein digitaler Cuffdruckmesser sowie ein Schallpegel- und Frequenzmesser verwendet. Die Daten wurden mit einem PC aufgezeichnet. Der Cuffdruckmesser (Maßeinheit cmH2O) wurde über einen Zwischenring mit „O2-Anschluss“ an ein Stomapflaster oder einen Stomabutton angeschlossen. Hierbei wurde auf eine komplette Abdichtung bei Phonation mit einem Sprechventil geachtet. Die Messung der 4 tracheotomierten Patienten erfolgte 1 Tag nach Einsetzen der Sprechkanüle. Bei den LE Patienten wurde der regelrechte Ösophagusbreischluck abgewartet und die Messung 10–14 Tage postoperativ durchgeführt. Es wurde der Anblasedruck bei minimal und maximal möglicher Lautstärke und bei einem Lesetext gemessen als auch die mittlere Phonationszeit bestimmt. Außerdem wurden jeweils die Phonationslautstärke in dB SPL (A) gemessen.
Ergebnisse
In der LP-Gruppe hatten 3 ein pT3 sowie 3 ein pT4a Larynxkarzinom. 2 Patienten wiesen eine pN1 cervicale Metastase auf, die anderen hatten keine locoregionären Metastasen. 4 der 6 Patienten erhielten intraoperativ eine Myotomie. Bei den Patienten in der SV-Gruppe hatten je 2 ein pT2, ein pT3 bzw. ein pT4a Larynxkarzinom. 3 hatten keine cervicalen Metastasen, ein Patient hatte eine pN2b und 2 Patienten ein pN3b Metastase. Auch in der SV-Gruppe erhielten 4 Patienten intraoperativ eine Myotomie.
Bei allen LE-Patienten konnte ab dem 10. postoperativen Tag eine Ersatzstimme angebahnt werden. Im „piano“ war den SV-Patienten bei 30 cmH2O /63 dB SPL (A), den LP-Patienten bei 31 cmH2O /67 dB SPL (A) und den tracheotomierten Patienten bei 18 cmH2O /64 dB SPL (A) eine Phonation möglich. Die Messung der maximalen Lautstärke ergab im Mittel bei den SV-Patienten 79 dB SPL (A) (54 cmH2O), bei den LP-Patienten 77 dB SPL (A) (51 cmH2O) und bei den tracheotomierten Patienten 77 dB SPL (A) (27 cmH2O). In der Spontansprache erreichten die SV-Patienten im Mittel 34 cmH2O /66 dB SPL (A), die LP Patienten im Mittel 35 cmH2O /71 dB SPL (A) und die tracheotomierten Patienten 21 cmH2O /66 dB SPL (A). Die mittlere Phonationszeit lag bei den die SV-Patienten bei 6 Sekunden/48 cmH2O, bei den LP-Patienten bei 7 Sekunden/48 cmH2O und bei den tracheotomierten Patienten bei 7 Sekunden/29 cmH2O (Abbildung 1 [Abb. 1]). Auffällig war, dass bei einem Anblasedruck über 80 cmH2O die Stimmqualität als auch die Belastungsfähigkeit deutlich nachließ.
Diskussion
Bei allen Patienten nach LE mit primärer Stimmrehabilitation konnte nach dem 10. postoperativen Tag eine Ersatzstimme angebahnt werden. Hierbei waren die Ergebnisse der Druckmessungen in allen Kategorien miteinander vergleichbar. Nach Umrechnung der von Takeshita-Monaretti et al. [2] publizierten Daten (mmHg) sind die Druckverhältnisse bei Phonation in der Trachea als auch im Ösophagus als äquivalent anzusehen. Die Daten der tracheotomierten Patienten lassen sich gut in die Daten von gesunden Probanden aus der Literatur einordnen [3]. Im Mittel liegen die Druckverhältnisse der tracheotomierten, an einem Karzinom erkrankten Patienten über den gesunden Probanden von Petekkaya et al. [3].
Für die Produktion einer Ersatzstimme nach LE ist ein höherer Anblasedruck notwendig. Die Druckverhältnisse beider Gruppen (Laryngoplastik und Stimmshuntventil) befinden sich dabei auf dem gleichen Niveau. Nach Stimmrehabilitation konnte durch eine angepasste Atemtechnik eine gute Modulationsfähigkeit hergestellt werden.
Fazit
Im Rahmen der Stimmrehabilitation nach LE können die Daten der vorliegenden Studie als auch das Messverfahren für eine Biofeedbacktherapie zur Optimierung des Anblasedruckes verwendet werden. Der Messaufbau ist einfach und ohne technischen Aufwand realisierbar. Ein zu hoher Anblasedruck führt bei der Ersatzstimme zu einer eingeschränkten Stimmgebung mit einer geringeren Modulationsfähigkeit.
Literatur
- 1.
- Hackenberg S, Kleinsasser N, Scherzad A, Kraus F, Hagen R. Mikrovaskuläre Kehlkopfrekonstruktion nach totaler Laryngektomie. Laryngo-Rhino-Otol. 2018; 97(02): 100-9. DOI: 10.1055/s-0043-122746
- 2.
- Takeshita-Monaretti et al. Correlation of maximum phonation time and vocal intensity with intraluminal esophageal and pharyngoesophageal pressure in total laryngectomees. Ann Otol Rhinol Laryngol. 2014 Nov;123(11):811-6. DOI: 10.1177/0003489414538766
- 3.
- Petekkaya E, Yücel AH, Sürmelioğlu Ö. Evaluation of the Supraglottic and Subglottic Activities Including Acoustic Assessment of the Opera-Chant Singers. J Voice. 2017 Dec 28. pii: S0892-1997(17)30309-0. DOI: 10.1016/j.jvoice.2017.10.023