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4. Dreiländertagung D-A-CH
35. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP)

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

20.09. - 23.09.2018, Innsbruck, Österreich

Kontaktgranulome – eine retrospektive Studie

Vortrag

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Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. Sektion Phoniatrie der Österreichischen Gesellschaft für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie. Schweizerische Gesellschaft für Phoniatrie. 4. Dreiländertagung D-A-CH, 35. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Innsbruck, Österreich, 20.-23.09.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. DocV23

doi: 10.3205/18dgpp15, urn:nbn:de:0183-18dgpp152

Veröffentlicht: 14. September 2018

© 2018 Heyduck et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Hintergrund: Obwohl die Pathogenese von Kontaktgranulomen durch Mikroverletzung in Folge mechanischer Fehlbelastung oder durch Reflux mittlerweile gesichert ist, existieren bis dato nur heterogene Therapiemodalitäten, deren Wirksamkeit nicht abschließend erwiesen ist. Wir wollten die Remissionsrate abhängig von der Therapiemodalität bei Patienten mit Kontaktgranulomen untersuchen.

Material und Methoden: In einer retrospektiv explorativen Datenanalyse wurden konsekutive Patienten mit einem Kontaktgranulom, die sich im Zeitraum von 08.2011 - 01.2017 in der Sektion Phoniatrie und Pädaudiologie Ulm vorstellten, eingeschlossen. Neben personenbezogenen Daten wurden jeweils der Larynxbefund und die Therapieempfehlungen bei Erstvorstellung sowie bei der Erst-, Zweit- und Letztkontrolle erfasst. Das Remissionsansprechen wurde abhängig von den Therapiemodalitäten statistisch erfasst.

Ergebnisse: Es wurden insgesamt 79 Patienten, die sich im Mittel nach 4 Monaten zur Erstkontrolle und nach 10 Monaten zur Zweitkontrolle vorstellten, eingeschlossen. Zur Zweitkontrolle erschienen noch 49 Patienten. Im Mittel erfolgte die Nachsorgedauer über 13 Monate. Als Therapieempfehlung wurde bei der Erstvorstellung in 88,6% ein Räusperverbot, in 86,1% Antazida und in 62,0% eine Stimmtherapie verordnet. Bei 49,4% der Patienten erfolgte eine Tripeltherapie. Eine primäre operative Abtragung des Granuloms erfolgte in 11,4%, bei denen wir eine 2/3 eine Rezidivrate zeigen konnten. Bei der Erstkontrolle war das Granulom in 36,7% komplett verschwunden, bei der Zweitkontrolle bei 18,4% der Fälle. Eine Remission über den gesamten Nachsorgezeitraum bestand im Gesamtkollektiv bei 67,1%.

Diskussion: Die vorläufigen Ergebnisse zeigten, dass eine Remission der Erkrankung bei über 2/3 der Patienten erreicht werden kann. Keiner der empfohlenen Therapiemodalitäten konnte einen signifikanten Effekt auf die Remission zeigen.

Fazit: Folglich ist geplant, diese vorläufigen Ergebnisse an einem größeren Kollektiv zu verifizieren.


Text

Hintergrund

Kontaktgranulome entstehen durch Mikroverletzungen der Schleimhaut in Folge mechanischer Fehlbelastung z.B. aufgrund von stimmlicher Fehlkompensation, Räusperneigung oder Reflux bedingt [1]. Bis dato existieren nur heterogene Therapiemodalitäten, deren Wirksamkeit nicht abschließend erwiesen ist. Wir wollten die Remissionsrate sowie klinischen Symptome abhängig von den Therapiemodalitäten bei Patienten mit einem Kontaktgranulom untersuchen.

Material und Methoden

In einer retrospektiv explorativen Datenanalyse wurden 79 konsekutive Patienten mit einem Kontaktgranulom, die sich im Zeitraum von 08.2011 - 01.2017 in der Sektion für Phoniatrie und Pädaudiologie Ulm vorstellten, eingeschlossen. Neben personenbezogenen Daten wurden jeweils die Symptome und die Therapieempfehlungen bei Erstvorstellung sowie bei der Erst- und Zweitkontrolle und auch bei Letztkontrolle erfasst. Als Therapieverfahren standen je nach beklagten Symptomen eine Einfachtherapie (Räusperstopp, Antazidatherapie, Stimmtherapie), eine Doppeltherapie und eine Tripeltherapie bestehend aus allen 3 Verfahren zur Verfügung. Es wurde ein Gruppenvergleich zwischen den Patienten mit und ohne Remission angestellt und dazu mittels exaktem Fisher-Test und Cohen’s kappa die Wirksamkeit der Therapieverfahren überprüft.

Ergebnisse

Es konnten insgesamt 79 Patienten (74 männlich/5 weiblich; mittleres Alter 54 Jahre; Altersspanne 26–92 Jahre), die sich im Mittel nach 4 Monaten zur Erstkontrolle und nach 10 Monaten zur Zweitkontrolle vorstellten, eingeschlossen werden. Zur Zweitkontrolle erschienen 49 Patienten (44 männlich/5 weiblich; mittleres Alter 55 Jahre, Umfang 27–92 Jahre). Die Letztkontrolle erfolgte im Mittel nach 13 Monaten (Umfang 0–107 Monate) an 79 Patienten.

Bei der Erstvorstellung berichteten 88,6% der Patienten von Halssensationen und/oder einem Hustenreiz; 87,3% von einer Räusperneigung; 72,2% von einer Heiserkeit und 64,5% von Symptomen eines laryngopharyngealen bzw. ösophagealen Reflux. Bei der Laryngostroboskopie zeigte sich in 75,8% ein Interarytenoidödem als Zeichen eines laryngopharyngealen Reflux und in 73,4% Zeichen einer hyperfunktionellen Fehlkompensation. Bei 6 Patienten lag eine einseitige Stimmlippenparese mit entsprechender Fehlkompensation vor. Als Therapieempfehlung wurde bei Erstvorstellung in 88,6% ein Räusperverbot ausgesprochen, bei 86,1% Antazida rezeptiert (davon bei 53,2% mittels einfacher Protonenpumpeninhibitor (PPI)-Dosis und bei 32,9% mittels doppelter PPI-Dosis über mindestens 8–12 Wochen) und bei 62,0% eine Stimmtherapie eingeleitet. Bei 49,4% der Patienten erfolgte eine Tripeltherapie bestehend aus allen drei Komponenten. Eine primäre operative Abtragung des Granuloms erfolgte bei 9% (bei 3 Patienten aufgrund eines Malignomverdachts und bei 6 Patienten, da das Granulom ein deutliches Phonationsdefizit darstellte).

Eine Remission bestand im Gesamtkollektiv bei 67,1% der Patienten im Mittel nach 5,3 Monaten (Umfang 2–40 Monate).

Bei der Erstkontrolle war das Granulom bei 36,7% komplett verschwunden, bei der Zweitkontrolle bei 18,4% der Patienten und bei der Letztkontrolle in 67,1%. Lag eine Remission bei Erstkontrolle vor, so wurde bei 37,9% eine Tripeltherapie durchgeführt. Die Symptome wie Halssensationen, Räusperneigung, Halssensationen und Heiserkeit waren auch in der Gruppe ohne Remission bei den Kontrolluntersuchungen im Vergleich zum Eingangsbefund reduziert (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]). Keines der gewählten Therapieverfahren erbrachte einen statistisch signifikanten Vorteil. Hier zeigte ein Räusperverbot einen p-Wert von 0,31, die logopädische Stimmtherapie einen p-Wert von 0,45 und die Antazidatherapie einen p-Wert von 0,13.

Diskussion

Die vorläufigen Ergebnisse zeigten, dass eine Remission der Erkrankung bei über 2/3 der Patienten erreicht werden kann, was im Einklang mit der Literatur steht [2]. Besteht das Kontaktgranulom in der Nachsorge fort, so sind zumindest die Symptome gemindert. Im Rahmen einer operativen Intervention haben wir eine Rezidivrate bei ca. 2/3 der Fälle beobachtet, sodass ein konservativer Therapieansatz zu präferieren ist [3], [4].Keiner der empfohlenen Therapiemodalitäten konnte entgegen anderer Studien einen signifikanten Effekt hinsichtlich der Remission in unserem Kollektiv zeigen [2], [3], [4]. Zudem zeigte sich an unserem Kollektiv, dass eine Stimmlippenparese ein Risikofaktor für ein Kontaktgranulom zu sein scheint.

Fazit

Wir planen diese vorläufigen Ergebnisse an einem größeren Kollektiv zu verifizieren. Insbesondere möchten wir die möglicherweise gesteigerte Wirksamkeit einer doppelten PPI-Standard-Dosis über einen längeren Zeitraum weiter verfolgen.


Literatur

1.
Storck C, Brockmann M, Zimmermann E, Nekahm-Heis D, Zorowka PG. Laryngeales Kontaktgranulom. Atiologie, Symptomatik, Diagnose und Therapie [Laryngeal granuloma. Aetiology, clinical signs, diagnostic procedures, and treatment]. HNO. 2009 Oct;57(10):1075-80. DOI: 10.1007/s00106-008-1778-y Externer Link
2.
Lee SW, Hong HJ, Choi SH, Sun DI, Park YH, Lee BJ, Kwon SK, Park IS, Lee SH, Son YI. Comparison of treatment modalities for contact granuloma: a nationwide multicenter study. Laryngoscope. 2014 May;124(5):1187-91. DOI: 10.1002/lary.24470 Externer Link
3.
Eckel EH, Glanz H, Hess M, Nawka T, Schultz-Coulon HJ. Phoniatrie und HNO-Heilkunde zum Thema: Diagnostische und therapeutische Probleme bei organischen Stimmstörungen [Phoniatry and ENT on: dagnostic and therapeutic problems with organic voice disorders]. Laryngorhinootologie. 2003 Nov;82(11):756-7. DOI: 10.1055/s-2003-44542 Externer Link
4.
Ylitalo R, Ramel S. Extraesophageal reflux in patients with contact granuloma: a prospective controlled study. Ann Otol Rhinol Laryngol. 2002 May;111(5 Pt 1):441-6. DOI: 10.1177/000348940211100509 Externer Link