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4. Dreiländertagung D-A-CH
35. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP)

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

20.09. - 23.09.2018, Innsbruck, Österreich

Entwicklung und Einsatz der 3D-Laryngostroboskopie in der ambulanten Kehlkopfdiagnostik und phonochirurgischen Therapie

Vortrag

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. Sektion Phoniatrie der Österreichischen Gesellschaft für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie. Schweizerische Gesellschaft für Phoniatrie. 4. Dreiländertagung D-A-CH, 35. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Innsbruck, Österreich, 20.-23.09.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. DocV5

doi: 10.3205/18dgpp06, urn:nbn:de:0183-18dgpp063

Veröffentlicht: 14. September 2018

© 2018 Caffier et al.
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Gliederung

Zusammenfassung

Hintergrund: Die 3D-Endoskopie stellt eine vielversprechende technische Neuentwicklung auf dem Gebiet der diagnostischen und interventionellen HNO-Heilkunde dar. Trotz offensichtlicher Vorteile bei der Verwendung von HD-3D-Endoskopen in der Endonasal-, Schädelbasis- und laparoskopischen Chirurgie wird die 3D-Technologie in der Laryngoskopie und Phonochirurgie bisher nicht eingesetzt. Ziel unseres Forschungsprojektes war es, eine 3D-Videolaryngostroboskopie (VLS) - Untersuchungseinheit zu entwickeln, die optische Wiedergabequalität mit etablierten 2D-Verfahren zu vergleichen, und über eine erste Fallserie zum Einsatz der indirekten 3D-VLS in der Diagnostik und Therapie laryngotrachealer Pathologien zu berichten.

Material und Methoden: Nach Untersuchungen im Biolabor mit sukzessiver Optimierung der neu entwickelten starren 3D-Endoskope und Realisierung einer flimmerfreien 3D-Stroboskopie wurde die diagnostische Eignung des neuen Systems an 100 Patienten (50 Männer, 50 Frauen) untersucht, die jeweils eine 2D-HD- und eine 3D-VLS erhielten. Zwei von ihnen unterzogen sich anschließend einer 3D-gestützten transoralen phonochirurgischen Intervention in LA.

Ergebnisse: Im Vergleich zur 2D-HD-VLS bot die 3D-Darstellung eine verbesserte Visualisierung der laryngotrachealen Anatomie mit qualitativ optimierter Tiefenwahrnehmung und räumlicher Repräsentation. Bei Patienten mit strukturellen Pathologien führte dies zu einer präziseren präoperativen Indikationsstellung, einer genaueren chirurgischen Planung, einer erleichterten ambulanten Durchführung endoskopischer Operationen, sowie zu einer besseren Bewertung prognostischer Faktoren für das Outcome phonochirurgischer Interventionen.

Fazit: Die 3D-VLS hat ein großes Potenzial im Hinblick auf die Verbesserung der diagnostischen Wertigkeit der Laryngoskopie, der chirurgischen Präzision laryngotrachealer Interventionen, des intraoperativen Erhalts gesunden Gewebes, sowie in der Lehre, Aus- und Weiterbildung.


Text

Hintergrund

Die 3D-Endoskopie stellt eine vielversprechende technische Neuentwicklung auf dem Gebiet der diagnostischen und interventionellen HNO-Heilkunde dar. Trotz offensichtlicher Vorteile bei der Verwendung von HD-3D-Endoskopen in der Endonasal-, Schädelbasis- und laparoskopischen Chirurgie wird die 3D-Technologie in der Laryngoskopie und Phonochirurgie bisher nicht eingesetzt. Daher war das Ziel unseres Forschungsprojektes, eine 3D-Videolaryngostroboskopie (VLS) Untersuchungseinheit zu entwickeln, die optische Wiedergabequalität mit etablierten 2D-Verfahren zu vergleichen, und über eine erste Fallserie zum Einsatz der indirekten 3D-VLS in der Diagnostik und Therapie laryngotrachealer Pathologien zu berichten.

Material und Methoden

Zunächst wurde ein stereoskopisches Laryngoskop mit zwei optischen Kanälen konstruiert (Fa. XION GmbH, Berlin, Deutschland). Abbildung 1 [Abb. 1] zeigt das Prinzip des 3D-Laryngoskopie-Systems. Die initialen Versuche umfassten grundlegende diagnostische Tests mit Vergleichsmessungen der Wiedergabequalität unter Erprobung verschiedener Endoskop-Spezifikationen (z.B. Positionierung der beiden optischen Kanäle in Bezug auf unterschiedliche Abstände und Winkel zueinander, Beleuchtung, Miniaturisierung etc.). Diese Untersuchungen zur sukzessiven Optimierung der neu entwickelten starren 3D-Endoskope wurden im Klinik-Biolabor an der Charité durchgeführt. Anschließend wurde die 3D-Stroboskopie als zusätzliches Feature entwickelt, um die funktionelle Bedeutung des 3D-basierten endoskopischen Verfahrens in der phoniatrischen Diagnostik zu erhöhen. Die Integration eines Stroboskopie-Systems stellte eine besondere Herausforderung dar, da die Belichtungszeiten sehr kurz sind und dadurch die Ausleuchtung und Sensorempfindlichkeit an ihre Grenzen stoßen können. Das 3D-Stroboskop verwendet LED-Lichtblitze, die Grundfrequenz-gekoppelt automatisch mit den Stimmlippenvibrationen bei einer um 1 Hz reduzierten Frequenz synchronisiert werden, sodass der Untersucher die Oszillationen während der Phonation in scheinbarer Zeitlupengeschwindigkeit beobachten kann. Nach Realisierung einer flimmerfreien 3D-Stroboskopie sollte die diagnostische Eignung des neuen Systems an 100 phoniatrischen Patienten untersucht werden, die jeweils direkt nacheinander eine 2D-HD- und eine 3D-VLS erhielten. Zwei von ihnen unterzogen sich anschließend einer 3D-gestützten transoralen phonochirurgischen Intervention in Lokalanästhesie.

Ergebnisse

Basierend auf den Testergebnissen wurden im Verlauf der initialen Experimente verschiedene technische Verbesserungen vorgenommen. Die in diesem iterativen Prozess durchgeführte Testung der 3D-Endoskope mit unterschiedlichen Spezifikationen führte letztendlich zu folgenden optimierten technischen Einstellungen: 50 bis 70 mm Arbeitsabstand (System ist fokussierbar, geeignet auch für andere Arbeitsabstände), 70° Blickwinkel (Prisma an der Spitze des Laryngoskops) , 8 mm Außendurchmesser des Laryngoskopschafts mit 2 integrierten optischen Kanälen, 3 mm Kanalabstand (Stereobasis, definiert Tiefenwahrnehmung), 38° Blickfeld (Apertur), 1,3-facher Digitalzoom (optionale Vergrößerung). Mit dieser Konfiguration resultierte bei Betrachtung des 3D-Monitors mit der Polarisationsbrille eine ausgezeichnete Bildqualität. Die automatisierte Videoverarbeitungskette umfasst Bildinterpolation, Messung und Regelung von Bildparametern, sowie Verfahren zur Optimierung der subjektiv wahrgenommenen Bildqualität. Der Vergleich der 3D-Wiedergabequalität ergab eine deutliche Verbesserung gegenüber den etablierten 2D-Verfahren aufgrund des zusätzlichen Tiefeneffekts mit realistischer räumlicher Darstellung. Die Entwicklung einer stabilen, zuverlässigen und flimmerfreien 3D-Stroboskopie war erfolgreich und ermöglichte die Integration einer suffizienten dreidimensionalen Evaluation der phonatorischen Stimmlippenbeweglichkeit mit 3D-Darstellung der Randkantenverschiebung. Anschließend wurde die 3D-VLS bei 100 Patienten (50 Frauen, 50 Männer, 47 ± 18 Jahre [mean ± SD]) durchgeführt. Die Gesamtpopulation bestand aus 10 Probanden mit normaler Kehlkopfanatomie sowie 90 Patienten mit organischer Dysphonie. Im Vergleich zur 2D-HD-VLS bot die 3D-Darstellung eine verbesserte Visualisierung der laryngotrachealen Anatomie mit qualitativ optimierter Tiefenwahrnehmung und räumlicher Repräsentation. Diese vorteilhaften Neuerungen erleichterten die endoskopischen Operationen durch den assoziierten positiven Einfluss auf die intraoperative Manövrierbarkeit und Kontrolle. Bei Patienten mit strukturellen Pathologien resultierten eine präzisere präoperative Indikationsstellung, eine genauere chirurgische Planung, eine erleichterte ambulante Durchführung endoskopischer Operationen, sowie eine bessere Bewertung prognostischer Faktoren für das Outcome phonochirurgischer Interventionen.

Fazit

Die 3D-VLS hat unseres Erachtens ein großes Potenzial im Hinblick auf die Verbesserung der diagnostischen Wertigkeit der Laryngoskopie, der chirurgischen Präzision laryngotrachealer Interventionen, des intraoperativen Erhalts gesunden Gewebes, sowie in der phoniatrischen und HNO-ärztlichen Lehre, Aus- und Weiterbildung.