Artikel
Die Häufigkeit von funktionellen Nackenbeschwerden bei Patienten mit funktionellen und gutartigen organischen Stimmstörungen
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 30. August 2017 |
---|
Gliederung
Zusammenfassung
Hintergrund: Bei Stimmerkrankungen werden teilweise Behandlungskonzepte, welche die Spannung der Haltemuskulatur des Kehlkopfes und des Nackens regulieren, eingesetzt. Bisher ist jedoch nicht erwiesen, ob Stimmpatienten vermehrt unter Schmerzen oder funktionellen Einschränkungen im Nackenbereich leiden. Solche Beschwerden können valide und reliabel mit der deutschen Version des Neck Disability Index (NDI-G) erfasst werden. Diese Arbeit untersucht, wie viele Patienten mit funktionellen und gutartigen organischen Stimmerkrankungen klinisch relevante Nackenbeschwerden aufweisen, und ob ein Zusammenhang mit subjektiven stimmbezogenen Symptomen besteht.
Material und Methoden: In einer Querschnittstudie wurden 59 Frauen und 41 Männer im Alter von 50.01 Jahren (SD 16, Spanne 24–87), mit insgesamt je 50 Patienten pro Gruppe mit funktionellen und gutartigen organischen Stimmerkrankungen (u.a. Polypen, Stimmlippenknötchen) mittels Voice Handicap Index (VHI 9i) und Neck Disability Index (NDI-G) am UniversitätsSpital Zürich untersucht. Der Zusammenhang zwischen den Fragebögen, sowie der Einfluss der Erkrankung (funktionell vs. organisch) wurde mittels Spearman Rangkorrelation berechnet.
Ergebnisse: Für alle Patienten lag ein Gesamt VHI von 13.93 (SD 7.81, Spanne 0–31) und ein Gesamt NDI von 6.07 (SD 7.71, Spanne 0–43) vor. 36.5% (n=15) der Männer und 40.7% (n=24) der Frauen hatten milde bis moderate Nackenbeschwerden, zusätzlich hatten 5.1% (n=3) der Frauen eine starke bis vollständige Einschränkung. Zwischen beiden Fragebögen lag eine signifikante milde Korrelation vor (r=.220, p=02), welche stärker bei organischen (r=.297, p=.03) im Vergleich zu funktionellen (r=.148, p=.30) Stimmstörungen war.
Diskussion: Rund 40% aller Patienten mit funktionellen und benignen organischen Stimmerkrankungen wiesen Nackenbeschwerden auf. Diese hingen mild ausgeprägt mit stimmbezogenen Symptomen zusammen, wobei der Zusammenhang bei organischen Stimmerkrankungen stärker war. Eine Fehlspannung der Nackenmuskulatur mit nachweisbaren Beschwerden könnte zur Entstehung einer Stimmstörung beitragen oder mit einer Kompensation (Maladaptation) als Reaktion auf die Stimmstörung erklärt werden.
Fazit: Erstmals wurde nachgewiesen, dass ca. 40% aller Patienten mit funktionellen und gutartigen Stimmerkrankungen klinisch relevante Nackenbeschwerden aufweisen. Bei diesen kann eine weiterführende Diagnostik sowie Behandlung zum schnelleren und nachhaltigeren Therapieerfolg beitragen.
Text
Hintergrund
Bei Stimmerkrankungen werden teilweise Behandlungskonzepte eingesetzt, welche die Spannung der Haltemuskulatur des Kehlkopfes und des Nackens regulieren. Bisher ist jedoch nicht erwiesen, ob Stimmpatienten vermehrt unter Schmerzen oder funktionellen Einschränkungen im Nackenbereich leiden, oder ob diese mit stimmlichen Beschwerden zusammenhängen. Schmerzen und subjektive Einschränkungen der Nackenfunktion im Alltag können valide und reliabel mit der deutschen Version des Neck Disability Index (NDI-G) erfasst werden [1], [2], [3]. Diese Arbeit untersucht, wie viele Patienten mit funktionellen und gutartigen organischen Stimmerkrankungen klinisch relevante Nackenbeschwerden aufweisen, und ob ein Zusammenhang mit subjektiven stimmbezogenen Symptomen besteht.
Material und Methoden
In einer Querschnittstudie wurden 100 Patienten, hiervon 59 Frauen und 41 Männer im Alter von 50.01 Jahren (SD 16, Spanne 24–87 Jahre) untersucht. Je 50 Patienten mit funktionellen und 50 Patienten mit gutartigen strukturellen Stimmerkrankungen (u.a. Polypen, Stimmlippenknötchen) wurden mittels Voice Handicap Index (VHI-9i) und Neck Disability Index (NDI-G) am UniversitätsSpital Zürich untersucht. Ausschlusskriterien waren systemische Erkrankungen, Krebserkrankungen oder eine Intubation in den letzten 18 Monaten. Der Zusammenhang zwischen den Fragebögen VHI-9i und NDI-G, sowie der Einfluss der Erkrankung (funktionell vs. organisch) wurde mittels Spearman Rangkorrelation berechnet.
Ergebnisse
Für alle Patienten zusammen lag im Mittel ein VHI-9i von 13.93 (SD=7.81, Spanne=0–31) und ein NDI-G von 6.07 (SD 7.71, Spanne 0–43) vor. Patienten mit funktionellen Erkrankungen wiesen einen durchschnittlichen VHI-9i von 13.06 (SD 6.88) und einen NDI-G von 6.60 (SD 7.93) auf, und Patienten mit strukturellen Stimmerkrankungen einen VHI-9i von 14.80 (SD 8.61) und einen NDI-G von 5.54 (SD 7.53). 36.5% (n=15) der Männer und 40.7% (n=24) der Frauen hatten milde bis moderate Nackenbeschwerden. Zusätzlich wiesen 5.1% (n=3) der Frauen eine starke bis vollständige subjektive Einschränkung gemäss NDI-G auf. Zwischen beiden Fragebögen lag eine signifikante milde Korrelation [3] vor (r=.220, p=.02), welche stärker bei strukturellen (r=.297, p=.03) im Vergleich zu funktionellen (r=.148, p=.30) Stimmstörungen war.
Diskussion
Rund 40% aller Patienten mit funktionellen und benignen organischen Stimmerkrankungen wiesen milde bis starke subjektive Nackenbeschwerden gemäss NDI-G auf. Diese hingen in der ganzen Gruppe mild ausgeprägt mit stimmbezogenen Symptomen gemäss VHI-9i zusammen. Dieser Zusammenhang war bei Patienten mit organischen Stimmerkrankungen stärker ausgeprägt. Eine Fehlspannung der Nackenmuskulatur mit nachweisbaren Beschwerden könnte zur Entstehung einer Stimmstörung beitragen oder mit einer Kompensation (Maladaptation) als Reaktion auf die Stimmstörung erklärt werden. Eine weiterführende Diagnostik sowie die Zusammenarbeit mit spezialisierten Physiotherapeuten kann somit in geeigneten Fällen zum schnelleren und nachhaltigeren Therapieerfolg beitragen.
Fazit/Schlussfolgerung
Erstmals wurde nachgewiesen, dass ca. 40% aller Patienten mit funktionellen Stimmstörungen und benignen Veränderungen der Stimmlippen klinisch relevante Nackenbeschwerden gemäß Neck Disability Index (NDI-G) aufweisen. Bei diesen kann eine weiterführende Diagnostik sowie Behandlung zum schnelleren und nachhaltigeren Therapieerfolg beitragen.
Literatur
- 1.
- Swanenburg J, Humphreys K, Langenfeld A, Brunner F, Wirth B. Validity and reliability of a German version of the Neck Disability Index (NDI-G). Man Ther. 2014 Feb;19(1):52-8. DOI: 10.1016/j.math.2013.07.004
- 2.
- Vernon H. The Neck Disability Index: state-of-the-art, 1991-2008. J Manipulative Physiol Ther. 2008 Sep;31(7):491-502. DOI: 10.1016/j.jmpt.2008.08.006
- 3.
- Cohen J. A power primer. Psychol Bull. 1992 Jul;112(1):155-9.