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34. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP)
Dreiländertagung D-A-CH

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

Bern, 14.09. - 17.09.2017

Berufliche Belastungen und Beanspruchungen von Phoniatern und Pädaudiologen

Poster

  • corresponding author presenting/speaker Peter Matulat - Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, Universitätsklinikum Münster, Münster, Deutschland
  • author Antoinette am Zehnhoff-Dinnesen - Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, Universitätsklinikum Münster, Münster, Deutschland
  • author Dirk Deuster - Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, Universitätsklinikum Münster, Münster, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 34. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP), Dreiländertagung D-A-CH. Bern, Schweiz, 14.-17.09.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocP14

doi: 10.3205/17dgpp27, urn:nbn:de:0183-17dgpp275

Veröffentlicht: 30. August 2017

© 2017 Matulat et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Hintergrund: Bei der Beurteilung von Arbeitsbedingungen gemäß Arbeitsschutzgesetz kommt der Erhebung von psychischen Gefährdungspotentialen eine große Bedeutung zu (§5 ArbSchG, Abs. 3, Punkt 6). Die hier vorgestellte Untersuchung erfasst die psychischen Arbeitsbelastungen und -beanspruchungen von berufstätigen deutschsprachigen Ärztinnen und Ärzten mit einem phoniatrisch-pädaudiologischen Tätigkeitsschwerpunkt.

Da die Bestimmung von möglichen Handlungsfeldern und -bedarfen nur in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e.V. (DGPP / Präsident: Prof. Dr. Schade), dem Deutschen Berufsverband der Fachärzte für Phoniatrie und Pädaudiologie e.V. (DBVPP / Vorsitzende: Prof. Dr. Schmitz-Salue) und der Union of European Phoniatricians (UEP / Präsidentin: Prof. Dr. am Zehnhoff-Dinnesen) erfolgen kann, wurden diese von Beginn an als Kooperationspartner angesprochen.

Material und Methoden: Die anonyme Erfassung erfolgte mittels einer Onlineversion der deutschen Standardversion des Copenhagen Psychosocial Questionnaire (COPSOQ). Der COPSOQ ist ein validiertes Verfahren, welches die Anforderungen an die Messqualität als Screening-Instrument im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung (DIN EN ISO 10075-3) erfüllt.

In 28 Fragen werden primär quantitative und emotionale berufliche Anforderungen, Konflikte zwischen Arbeit und Privatleben, Einfluss- und Entwicklungsmöglichkeiten und das Erleben von sozialen Beziehungen und Führung in der Arbeitssituation erfragt sowie Folgen dieser Belastungen (z.B. auf Arbeitszufriedenheit, Lebenszufriedenheit, kognitive Stresssymptome und Gesundheit) erhoben.

Ergebnisse: Sowohl niedergelassene wie auch in anderen Organisationformen tätige Ärztinnen und Ärzte wurden einbezogen. 230 Ärztinnen und Ärzte konnten per Email zur Teilnahme eingeladen werden. Berufsspezifische Belastungs- und Beanspruchungswerte werden mit denen anderer Berufsgruppen verglichen.


Text

Hintergründe

Bei der Beurteilung von Arbeitsbedingungen kommt der Erhebung von psychischen Gefährdungspotentialen eine große Bedeutung zu (§5 Absatz 3 Nummer 6 ArbSchG) [1]. Die hier vorgestellte Untersuchung erfasst die psychischen Arbeitsbelastungen und -beanspruchungen von berufstätigen deutschsprachigen Ärztinnen und Ärzten mit einem phoniatrisch-pädaudiologischen Tätigkeitsschwerpunkt und vergleicht diese mit den Referenzwerten von Ärzten und Ärztinnen unterschiedlicher Fachrichtungen.

Methode

Die anonyme Messung psychosozialer Faktoren am Arbeitsplatz und die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen erfolgte mittels einer Onlineversion der deutschen Standardversion des Copenhagen Psychosocial Questionnaire (COPSOQ) [2], [3] unter Verwendung von Open-Source-Umfrage-Software [4].

Der COPSOQ ist ein validiertes Verfahren, welches die Anforderungen an die Messqualität als Screening-Instrument im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach DIN EN ISO 10075-3 [5] erfüllt.

In 28 Fragengruppen wurden quantitative und emotionale berufliche Anforderungen, Konflikte zwischen Arbeit und Privatleben, Einfluss- und Entwicklungsmöglichkeiten und das Erleben von sozialen Beziehungen und Führung in der Arbeitssituation erfragt sowie Folgen dieser Belastungen auf die Arbeitszufriedenheit, die Lebenszufriedenheit, kognitive Stresssymptome und die Gesundheit erhoben.

Sowohl niedergelassene wie auch in anderen Organisationformen tätige Ärztinnen und Ärzte wurden einbezogen. Insgesamt 226 berufstätige Personen wurden erfolgreich per E-Mail eingeladen und bis zu 4 Erinnerungen verschickt.

Die Auswertung der exportierten Antworten erfolgte gemäß publizierter Auswertungs- und Bewertungshinweise [3], [6], [7]. und unter Nutzung der durch die Freiburger Forschungsstelle für Arbeitswissenschaften GmbH (FFAW) veröffentlichten Referenzwerte aus der COPSOQ-Datenbank für die Gruppe der Ärzte aus dem Jahr 2016 [6].

Ergebnisse

113 Personen nahmen an der Befragung teil. Dies entspricht einer Rücklaufquote von 50,0%.

61 waren weiblich (54,5%) und 51 (45,5%) männlich (N=112) und gehörten überwiegend den Altersgruppen 45 bis 54 Jahre (42,0%) oder älter als 54 (36,7%) (N=112) an. 74,7% (N=84) waren in Vollzeit beschäftigt.

Fachärzte mit leitender Funktion und niedergelassene selbständige Fachärzte stellten mit 69,5% (N=73) den größten Anteil der Antwortenden (N=105), während Fachärzte ohne leitende Funktion und Assistenzärzte auf einen Anteil von 30,5% (N=32) kamen.

Die überwiegende Anzahl arbeitete in einem Krankenhaus (67,0%/N=75) oder in einer Praxis (28,6%/N=28).

47 (42,3%) übten eine selbständige Tätigkeit aus, 64 (57,7) waren Teil einer Organisation (N=111). Primäre Arbeitsschwerpunkte (N=93) waren die Pädaudiologie (N=47/50,5%), gefolgt von der Phoniatrie mit 30 Nennungen (32,3%).

Die Beanspruchungen und Belastungen von Phoniater und Pädaudiologen im Vergleich zu den Referenzwerten für alle Ärzte werden als Differenz der Skalenmittelwerte und einer Bewertung in Tabelle 1 [Tab. 1] dargestellt.

Negative Abweichungen zwischen 3 und 6 Punkten (hier mit einem Minuszeichen gekennzeichnet) deuten einen mittleren Handlungsbedarf an. Positive Abweichungen ohne Handlungsbedarf wurden umgekehrt durch Pluszeichen dargestellt.

Diskussion

Phoniater und Pädaudiologen beurteilen die mit ihrer Arbeit verbundenen Beanspruchungen und Belastungen überwiegend positiver bis deutlich positiver als die Gesamtheit der Ärzte bei vergleichbaren emotionalen Anforderungen und ähnlichem Gemeinschaftsgefühl sowie wahrgenommener Rückmeldung über die ausgeübte Tätigkeit.

Vor allem die im Vergleich bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Beruf sowie das deutlich höhere Maß an Einfluss- und Entwicklungsmöglichkeiten könnte bei der Rekrutierung von fachärztlichem Nachwuchs ein Argument sein.

Dem stehen eine erlebte schlechtere Führungsqualität und geringere soziale Unterstützung am Arbeitsplatz mit mittlerem Handlungsbedarf gegenüber.

Da die Bestimmung von möglichen Handlungsfeldern nur in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e.V. (DGPP), dem Deutschen Berufsverband der Fachärzte für Phoniatrie und Pädaudiologie e.V. (DBVPP) und der Union of European Phoniatricians (UEP) erfolgen kann, wurden diese von Beginn an in die Planung der Erhebung einbezogen.

Die hier präsentierte Auswertung der Befragung bezieht sich ausschließlich auf einen Vergleich der Gesamtgruppe der Phoniater und Pädaudiologen mit den Referenzwerten für alle Ärzte. Weitere Analysen werden einen Vergleich mit Referenzwerten für alle Berufe und Vergleiche von Subgruppen der Antwortenden umfassen. Dies soll die Frage beantworten, ob psychosoziale Beanspruchungen und Belastungen abhängig vom Geschlecht, dem Alter, der Funktion und der Art der Arbeitsorganisation unterschiedlich erlebt werden.


Literatur

1.
Arbeitsschutzgesetz vom 7. August 1996 (BGBl. I S. 1246), das zuletzt durch Artikel 427 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
2.
Richter G. Toolbox Version 12 – Instrumente zur Erfassung psychischer Belastungen. 1. Auflage. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin; 2010.
3.
Nübling M, Stößel U, Hasselhorn HM, Michaelis M, Hofmann F. Methoden zur Erfassung psychischer Belastungen – Erprobung eines Messinstrumentes (COPSOQ). Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW; 2005. (Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin; Fb 1058). Verfügbar unter: https://www.copsoq.de/assets/pdf/BUCH-coposq-dt-baua-2005-Fb1058.pdf Externer Link
4.
LimeSurvey: An Open Source survey tool. Hamburg, Germany: LimeSurvey GmbH; 2017. Verfügbar unter: http://www.limesurvey.org Externer Link
5.
Ergonomische Grundlagen bezüglich psychischer Arbeitsbelastung – Teil 3: Grundsätze und Anforderungen an Verfahren zur Messung und Erfassung psychischer Arbeitsbelastung (ISO 10075-3:2004); Deutsche Fassung EN ISO 10075-3:2004. Berlin: Beuth; 2004.
6.
Freiburger Forschungsstelle für Arbeitswissenschaften GmbH (FFAW). Bericht zur Auswertung des COPSOQ Fragebogens, UKGM, Folien zur Betriebsversammlung in Marburg am Mittwoch den 27.04.2016.
7.
Neulich in Köln beim COPSOQ-Auswertungsworkshop. Info: GEW-Zeitung des Stadtverbandes Bonn und der Kreisverbände Euskirchen und Rhein-Sieg. 2017;1. Verfügbar unter: https://bonn.gew-nrw.de/fileadmin/user_upload/Untergliederungen/Bonn/INFOs_PDF/Info1701.pdf Externer Link