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33. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP)

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

Regensburg, 22.09. - 25.09.2016

Phonochirurgie nach laserchirurgischer Larynxteilresektion

Vortrag

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Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 33. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Regensburg, 22.-25.09.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocV19

doi: 10.3205/16dgpp39, urn:nbn:de:0183-16dgpp394

Veröffentlicht: 8. September 2016

© 2016 Olthoff.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Hintergrund: Konservative Stimmtherapien bleiben nach tumorbedingten Teilresektionen frustran, wenn sich keine Phonationsebene etablieren kann. Gleichzeitig ist die phonochirurgische Rekonstruktion einer Phonationsebene durch endolaryngeale Vernarbungen erschwert.

Unter Verwendung der für Stimmlippenlähmungen etablierten Verfahren der Thyroplastik und Augmentation wurden Patienten mit ausgeprägten Dysphonien oder Aphonien nach Larynteilresektionen operiert. Die funktionellen Ergebnisse werden dargestellt.

Material und Methoden: Als Operationsverfahren kamen Augmentationen mit Hyaluronsäure und autologem Bauchfett sowie Thyroplastiken (Typ I nach Isshiki) mit autologem Knorpel zum Einsatz. Es wurden 10 Patienten (1 Frau, 9 Männer) operiert und die prä- und postoperativen Befunde wurden lupenlaryngoskopisch und videostroboskopisch dokumentiert. Die Beurteilungen der Stimmen erfolgten mit Hilfe des Göttinger Heiserkeitsdiagrammes (GHD), des Dysphonia Severity Idex (DSI) und des Voice Handicap Index (VHI).

Ergebnisse: Bei 6 Patienten lag vor dem phonochirurgischen Eingriff eine partielle bis totale Chordektomie vor und bei 4 Patienten eine zusätzliche supraglottische Resektion. Die Stimmen waren dementsprechend überwiegend hochgradig dysphon bis aphon. Es erfolgten 3 passagere Augmentationen mit Hyaluronsäure und 2 Augmentationen mit Eigenfett. In 1 Fall wurde eine alleinige Medianverlagerung mit Knorpel durchgeführt und in 4 Fällen wurde diese mit Eigenfett-Augmentationen kombiniert. Bei 4 Patienten wurde zwei Operationen durchgeführt, bei 6 Patienten nur ein Eingriff. Die 10 Patienten profitierten in sehr unterschiedlichem Ausmaß von dem Eingriff. Eine Verschlechterung trat bei keinem Patienten auf.

Diskussion: Die sehr unterschiedlichen Ergebnisse nach Phonochirurgie entsprechen den sehr uneinheitlichen Voraussetzungen der Patienten, welche aufgrund der vorherigen Tumorerkrankung und -therapie bestanden. Zwischen den Verfahren der Thyroplastik und Augmentation sowie ihrer Kombination muss individuell anhand des lupenlaryngoskopischen und videostroboskopischen Befundes gewählt werden.

Fazit: Die genannten Operationsverfahren sind grundsätzlich zur Phonochirurgie auch nach laserchirurgischen Larynxteilresektionen geeignet. Weitere Modifikationen sind in der Zukunft anzustreben.


Text

Einleitung

In der Tumorchirurgie entstehen als Folge der transoralen lasermikrochirurgischen Teilresektion Dysphonien unterschiedlicher Ausprägung. Die Ausprägung der Dysphonie ist vom Ausmaß der glottischen Resektion abhängig, welche von einer Arbeitsgruppe der „European Laryngological Society” klassifiziert wurde [1], [2].

Zur chirurgischen Rehabilitation der glottischen Phonationsebene sind unterschiedliche Verfahren der Rekonstruktion beschrieben, welche ursprünglich zur Phonochirurgie bei Stimmlippenlähmungen entwickelt wurden. So finden sich unter anderem Berichte über Eigenfettaugmentationen und über Medianverlagerungen mit autologem Knorpel (Thyroplastik Typ I nach Isshiki) [3], [4]. Des Weiteren sind in der Literatur neuere thyroplastische Operationen mit der Verlagerung äußerer Larynxmuskulatur unter die Kehlkopfschleimhaut zu finden [5]. Alle genannten Verfahren haben das Ziel, eine neue Phonationsebene im Larynx zu schaffen oder die ursprüngliche (glottische) Ebene zu stabilisieren bzw. zu re-etablieren.

Nach laserchirurgischen Larynxteilresektionen können in Abhängigkeit vom Ausgangsbefund Gewebeverluste und Vernarbungen sehr unterschiedlichen Ausmaßes vorliegen. Die Wahl des rekonstruktiven Verfahrens muss hieran orientiert getroffen werden.

Im Folgenden sollen die funktionellen Ergebnisse nach Thyroplastiken „Typ I“ und Eigenfettaugmentationen sowie Augmentationen mit Hyaluronsäure vorgestellt werden.

Patienten und Methoden

Die Stimmqualität und -leistung wurde vor und nach dem phonochirurgischen Eingriff mit Hilfe des Voice-Handicap-Index (VHI), des Göttinger-Heiserkeits-Diagramms (GHD) sowie des Dysphonia-Severity-Index (DSI) gemessen.

Bei vollständiger Datenlage konnten 10 Patienten (1 Frau, 9 Männer) eingeschlossen werden, bei denen die Tumoroperation mindestens ein Jahr zurück lag und welche frei von Rezidiven waren. Alle Patienten stellten sich in unserer Abteilung mit dem Wunsch nach einer verbesserten Stimmleistung und -qualität vor.

Alle Patienten waren unter Einschluss der glottischen Ebene transoral lasermikrochirurgisch larynxteilreseziert.

Ergebnisse

Das mittlere Alter betrug zum Zeitpunkt der Operation 66 Jahre bei einer Altersspanne von 48 bis 82 Jahren. Bei zwei Patienten hatte der Vorbefund einer benignen Hyperkeratose, bei vier Patienten ein pT1-, bei einem Patienten ein pT2-, bei zwei Patienten ein pT3- und bei einem Patienten ein pT4-Larynxkarzinom vorgelegen. Eine postoperative Bestrahlung hatte bei einem Patienten und eine Neck-Dissection bei drei Patienten stattgefunden.

Bei einem Patienten führten wir eine alleinige Thyroplastik „Typ I“ und bei zwei Patienten eine alleinige Augmentation mit Eigenfett durch. Bei vier Patienten kamen beide Verfahren in einem zweizeitigen Vorgehen zum Einsatz. Augmentationen mit Hyaluronsäure wurden bei drei Patienten durchgeführt.

Die postoperativen Messungen fanden im Mittel 13 Monate nach dem phonochirurgischen Eingriff statt.

Die im GHD gemessene Irregularität (Jitter, Shimmer, Periodenkorrelation) lag vor dem phonchirurgischen Eingriff im Mittel bei 7,7 (±0,7) und postoperativ bei 7,0 (±0,8). Die Rauschkomponente (GNE) betrug vor dem Eingriff im Mittel 2,8 (±0,6) und danach 2,8 (±0,7). Der DSI lag präoperativ bei –3,7 und postoperativ bei –2,5. Der VHI fiel von einem präoperativen Mittelwert von 81 auf 48 ab (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]).

Als einzige postoperative Komplikation entwickelte sich bei einem Patienten, der initial strahlentherapiert war, eine Fistel, die nach 3 Monaten Sekundärheilung operativ verschlossen wurde.

Diskussion

Eine Verbesserung der stimmlichen Qualität und Leistung konnte nicht in allen Fällen dokumentiert werden. Der subjektive Gewinn im VHI fiel jedoch im Mittel deutlicher aus, als die Ergebnisse des GHD und DSI. Insbesondere bei Patienten mit großen Substanzdefekten waren die messbaren Erfolge des phonochirurgischen Eingriffs geringer. Die mittlere Besserung der Stimmen bewegte sich laut VHI von einer hochgradigen zu einer mittelgradigen Störung.

Wenn auch bei einigen Patienten der positive Effekt des phonochirurgischen Eingriffes nicht anhand der objektiven Analysen belegbar war, bestätigten die Werte des VHI die Indikation der Maßnahme. Insbesondere bei sehr irregulären Stimmen scheinen die objektiven Verfahren den Gewinn, der von den Patienten wahrgenommen wird, nicht abzubilden. Von unserem Patientengut wurde jedoch der postoperativ geminderten Sprechanstrengung sowie einer gebesserten Verständlichkeit trotz persistierender Dysphonie eine große Bedeutung beigemessen.

Ob neuere Verfahren der Thyroplastik mit Einbringen von äußerer Larynxmuskulatur bessere Ergebnisse ermöglichen, soll in der Zukunft geprüft werden.


Literatur

1.
Remacle M, Eckel HE, Antonelli A, Brasnu D, Chevalier D, Friedrich G, Olofsson J, Rudert HH, Thumfart W, de Vincentiis M, Wustrow TP. Endoscopic cordectomy. A proposal for a classification by the Working Committee, European Laryngological Society. Eur Arch Otorhinolaryngol. 2000;257(4):227-31. DOI: 10.1007/s004050050228 Externer Link
2.
Remacle M, Van Haverbeke C, Eckel H, Bradley P, Chevalier D, Djukic V, de Vicentiis M, Friedrich G, Olofsson J, Peretti G, Quer M, Werner J. Proposal for revision of the European Laryngological Society classification of endoscopic cordectomies. Eur Arch Otorhinolaryngol. 2007 May;264(5):499-504. DOI: 10.1007/s00405-007-0279-z. Erratum in: Eur Arch Otorhinolaryngol. 2007;264(6):709. Externer Link
3.
Cavanagh JP, Hart RD, Brown T, Trites JR, Brake M, Taylor SM. Laryngeal reconstruction following CO2 laser surgery for glottic cancer. Head Neck. 2009 Oct;31(10):1369-76. DOI: 10.1002/hed.21154 Externer Link
4.
Piazza C, Bolzoni Villaret A, Redaelli De Zinis LO, Cattaneo A, Cocco D, Peretti G. Phonosurgery after endoscopic cordectomies. II. Delayed medialization techniques for major glottic incompetence after total and extended resections. Eur Arch Otorhinolaryngol. 2007 Oct;264(10):1185-90. DOI: 10.1007/s00405-007-0330-0 Externer Link
5.
Su CY, Chuang HC, Tsai SS, Chiu JF. Bipedicled strap muscle transposition for vocal fold deficit after laser cordectomy in early glottic cancer patients. Laryngoscope. 2005 Mar;115(3):528-33. DOI: 10.1097/01.MLG.0000150091.55295.56 Externer Link