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32. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP)

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

24.09. - 27.09.2015, Oldenburg

Vergleich nichtsprachbasierter Intelligenztestverfahren bei Kindern mit AVWS

Meeting Abstract

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  • corresponding author presenting/speaker Karsten Plotz - Jade Hochschule, TGM / IHA, Oldenburg, Deutschland
  • Volker Lindner - ReBuz, Beratungsstelle Hören, Bremerhaven, Deutschland
  • Miriam Kropp - Jade Hochschule, TGM / IHA, Oldenburg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 32. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Oldenburg, 24.-27.09.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc57

doi: 10.3205/15dgpp57, urn:nbn:de:0183-15dgpp572

Veröffentlicht: 7. September 2015

© 2015 Plotz et al.
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Zusammenfassung

Hintergrund: Anfang 2013 wurde der Snijders-Oomen Nonverbaler Intelligenztest für Kinder® und Erwachsene im Alter von 6 bis 40 Jahre (kurz: SON-R) veröffentlicht. Dieser soll durch seinen spracharmen Aufbau gerade für Kinder und Erwachsene mit einer auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS) zu einem besseren Ergebnis führen als herkömmliche sprachbasierte Intelligenztests wie der Wechsler Intelligence Scale for Children-IV® (kurz: WISC-IV, ehemals HAWIK-IV).

In einer weiteren Studie soll folgend erfasst werden, in wie weit sich die Ergebnisse des SON-R mit denen der Wechsler Nonverbal Scale of Ability® (kurz WNV) decken oder ob auch hier signifikante Gruppenunterschiede auftreten. Der WNV ist seit 2014 erhältlich und zeichnet sich durch die Möglichkeit der vollständig sprachlosen Durchführung aus.

Material und Methoden: Um die Fragestellung zu überprüfen sollen erneut 60 Kinder bei gleicher Gruppenzusammenstellung mit beiden Verfahren getestet und die Ergebnisse anschließend verglichen werden.

Ergebnisse: In der Kontrollgruppe führte die Durchführung des WNV bei 12 von 20 Kindern zu einem besseren IQ-Punkte-Ergebnis. Die Differenz aller Ergebnisunterschiede liegt bei 44 IQ-Punkten, wobei der maximale Unterschied von 36 IQ-Punkten zugunsten des SON-R ausfällt. Der größte Unterschied bei besserem Ergebnis mittels WNV liegt hier bei 28 IQ-Punkten. Ein signifikanter Unterschied kann dabei nicht gezeigt werden.

Diskussion: Beim Vergleich der Aufgaben des SON-R zeigten sich trotz des spracharmen Vorgehens signifikante Unterschiede bei den Aufgabenstellungen „Analogien“ und „Kategorien“. Hierbei liegen die Ergebnisse der Gruppen SH und AVWS jeweils zu signifikant niedrigeren Ergebnissen zur Kontrollgruppe. Untereinander weisen sie jedoch keinen Unterschied auf. Die Punktedifferenz der Mediane liegt dabei um etwa 3 Punkte zwischen der Kontrollgruppe und den Gruppen SH und AVWS.

Dies kann mit dem Effekt des Bekanntseins der gesuchten Begrifflichkeiten zusammenhängen, welcher schon von Baving u. Schmidt (2000) angemerkt wird.

Die Aufgaben „Mosaiktest“ und „Zeichenmuster“ führten zu etwa gleichen Ergebnissen der Medianwerte aller drei Probandengruppen.

Fazit: Bei den Gruppen SH und AVWS läuft derzeit die Datenerhebung. Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass bei den Kindern mit einer Schwerhörigkeit 6 von 8 ein besseres Ergebnis bei Verwendung des SON-R zeigen, wobei die Differenz insgesamt bei 53 IQ-Punkten liegt.


Text

Anfang 2013 wurde der Snijders-Oomen Nonverbaler Intelligenztest für Kinder® und Erwachsene im Alter von 6 bis 40 Jahre (kurz: SON-R) veröffentlicht. Dieser soll durch seinen spracharmen Aufbau gerade für Kinder und Erwachsene mit einer auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS) zu einem besseren Ergebnis führen als herkömmliche sprachbasierte Intelligenztests wie der Wechsler Intelligence Scale for Children-IV® (kurz: WISC-IV, ehemals HAWIK-IV). Für normalhörende Kinder sollten die Ergebnisse beider Testverfahren hingegen keinen signifikanten Unterschied zeigen. Im Rahmen einer Bachelorarbeit sollten beide zuvor genannten Testverfahren bei einer etwa 60-köpfigen Probandengruppe durchgeführt werden. Diese setzte sich zu gleichen Teilen aus normalhörenden (NH, Kontrollgruppe), schwerhörigen (SH) und unter AVWS leidenden Kindern (AVWS) im Alter zwischen 6 Jahren und 10 Jahren zusammen. Die ermittelten Ergebnisse sollten folgend auf signifikante Unterschiede untersucht werden (Abbildung 1 [Abb. 1]).

Es zeigte sich, dass bei Durchführung des WISC-IV die Gruppe NH erwartungsgemäß ein signifikant besseres Ergebnis erzielen konnte. Der erreichte Medianwert liegt dabei um 103 IQ-Punkte, welches der durchschnittlichen Intelligenz entspricht. Die Ergebnisse der SH und AVWS liegen mit 83 bzw. 82 IQ-Punkten deutlich darunter. Untereinander weisen diese beiden Gruppen keinen signifikanten Unterschied auf. Bei Auswertung der SON-R konnten die normalhörenden Kinder erneut ein signifikant besseres Ergebnis erreichen und im Median einen Wert von etwa 100 IQ-Punkten erzielen. Die Gruppe SH und NH konnte zwar eine signifikant bessere Leistung zeigen, jedoch liegen die Ergebnisse weiterhin signifikant unter denen der Kontrollgruppe um 91 und 85 IQ-Punkte und somit deutlich unter dem Durchschnittswert von 100 IQ-Punkten.

Durch den direkten Vergleich beider Tests sollte zusätzlich überprüft werden, ob scheinbar gleiche Testaufgaben tatsächlich vergleichbar sind oder einen signifikanten Unterschied der altersspezifischen Referenzwerte aufzeigen. Große Ähnlichkeiten in der Aufgabenstellung weisen hierbei die Mosaikaufgaben beider Tests, der „Matrizen-Test“ des WISC-IV und die Aufgabe „Analogien“ des SON-R 6-40 sowie der Untertest „Bildkonzepte“ (WISC-IV) und „Kategorien“ (SON-R) auf. Hier stellte sich heraus, dass zwei Gruppen signifikante Unterschiede aufweisen. So zeigte sich beim ersten Aufgabenpaar bei den Kindern der Gruppe SH ein signifikanter Unterschied (Medianwert 8 bzw. 10 Punkte), wobei die Durchführung des SON-R ein im Schnitt besseres Ergebnis zeigte. Beim Vergleich des Aufgabenpaares Matrizen-Test und Analogien ergaben sich bei den Kindern der Gruppe NH signifikant unterschiedliche Ergebnisse. Hierbei lag der Medianwert bei Durchführung des WISC-IV bei 11,5 Punkten, bei Verwendung des SON-R erreichten 50% maximal 10 Punkte. In den anderen Vergleichskonstellationen zeigten sich keine signifikanten Unterschiede (Abbildung 2 [Abb. 2]).

Beim Vergleich der Aufgaben des SON-R zeigten sich trotz des spracharmen Vorgehens signifikante Unterschiede bei den Aufgabenstellungen „Analogien“ und „Kategorien“. Hierbei liegen die Ergebnisse der Gruppen SH und AVWS jeweils zu signifikant niedrigeren Ergebnissen zur Kontrollgruppe. Untereinander weisen sie jedoch keinen Unterschied auf. Die Punktedifferenz der Mediane liegt dabei um etwa 3 Punkte zwischen der Kontrollgruppe und den Gruppen SH und AVWS.

Dies kann mit dem Effekt des Bekanntseins der gesuchten Begrifflichkeiten zusammenhängen, welcher schon von Baving u. Schmidt [1] angemerkt wird.

Die Aufgaben „Mosaiktest“ und „Zeichenmuster“ führten zu etwa gleichen Ergebnissen der Medianwerte aller drei Probandengruppen.

In einer weiteren Studie soll folgend erfasst werden, in wie weit sich die Ergebnisse des SON-R mit denen der Wechsler Nonverbal Scale of Ability® (kurz WNV) decken oder ob auch hier signifikante Gruppenunterschiede auftreten. Der WNV ist seit 2014 erhältlich und zeichnet sich durch die Möglichkeit der vollständig sprachlosen Durchführung aus. Um die Fragestellung zu überprüfen sollen erneut 60 Kinder bei gleicher Gruppenzusammenstellung mit beiden Verfahren getestet und die Ergebnisse anschließend verglichen werden. In der Kontrollgruppe führte die Durchführung des WNV bei 12 von 20 Kindern zu einem besseren IQ-Punkte-Ergebnis. Die Differenz aller Ergebnisunterschiede liegt bei 44 IQ-Punkten, wobei der maximale Unterschied von 36 IQ-Punkten zugunsten des SON-R ausfällt. Der größte Unterschied bei besserem Ergebnis mittels WNV liegt hier bei 28 IQ-Punkten. Ein signifikanter Unterschied kann dabei nicht gezeigt werden.

Bei den Gruppen SH und AVWS läuft derzeit die Datenerhebung. Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass bei den Kindern mit einer Schwerhörigkeit 6 von 8 ein besseres Ergebnis bei Verwendung des SON-R zeigen, wobei die Differenz insgesamt bei 53 IQ-Punkten liegt. Der maximale Unterschied liegt hier bisher bei 21 IQ-Punkten bei Durchführung des SON-R; bei besserem Ergebnis mittels Durchführung des WNV liegt die Differenz bei 7 IQ-Punkten. Für die Kinder mit einer AVWS (zur Zeit 13 Messergebnisse) liegt die maximale Differenz bei 30 IQ-Punkten. Hier führte der WNV zum besseren Ergebnis und kann auch bisher eine Differenz von 44 IQ-Punkten im Vergleich zum SON-R verzeichnen. Jedoch profitiert nur etwa die Hälfte der Kinder von seiner Durchführung. Die andere erzielt bei Durchführung des WNV bessere Ergebnisse (maximale Differenz hier 9 IQ-Punkte).


Literatur

1.
Baving L, Schmidt MH. Testpsychologie zwischen Anspruch und Wirklichkeit am Beispiel der Intelligenzdiagnostik. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie. 2000;28(3):163-76.
2.
Kropp, M. Vergleich zweier Intelligenztestverfahren – Untersuchung der Testergebnisse des WISC-IV® und SON-R 6-40® bei Kindern mit Normalhörigkeit, Schallempfindungsschwerhörigkeit und auditiver Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS) auf signifikante Unterschiede. Jade Hochschule Oldenburg; 2014.
3.
Petermann F. Wechsler Nonverbal Scale of Ability. dt. Ausgabe. 2013.
4.
Tellegen P, Laros J, Petermann F. SON-R 6-40: Non-verbaler Intelligenztest: 1. Technisches Manual. 2012.