gms | German Medical Science

32. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP)

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

24.09. - 27.09.2015, Oldenburg

Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Sexualhormonen und Parametern der Sprech- und Singstimme

Vortrag

Suche in Medline nach

  • author presenting/speaker Lasse Marten Jost - Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig, Deutschland
  • author Christoph Engel - Universitätsklinikum Leipzig, Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie, Leipzig, Deutschland
  • author Thomas Berger - Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde / Plastische Operationen, Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig, Deutschland
  • corresponding author Michael Fuchs - Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde / Plastische Operationen, Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 32. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Oldenburg, 24.-27.09.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc52

doi: 10.3205/15dgpp47, urn:nbn:de:0183-15dgpp477

Veröffentlicht: 7. September 2015

© 2015 Jost et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Hintergrund: Hormonelle Faktoren beeinflussen die menschliche Stimme. Ziel der vorliegenden Studie war es, in einem querschnittlichen Ansatz die Assoziation zwischen Sexualhormonspiegeln und Parametern der Sprech- und Singstimme in einer erwachsenen Normalbevölkerung zu untersuchen.

Material und Methoden: Im Rahmen der bevölkerungsbezogenen Studie für Erwachsene des Leipziger Forschungszentrums für Zivilisationserkrankungen (LIFE) wurde bei 1128 Probanden ein Sing- und Sprechstimmumfangsprofil (DIVAS Stimmanalyse von XION medical, Berlin) und folgende Hormone im Serum gemessen: luteinisierendes Hormon (LH), Follikel-stimulierendes Hormon (FSH), bioverfügbares Testosteron (BAT), Dehydroepiandrosteron-sulfat (DHEAS) und Estradiol. Das Sprechstimmprofil wurde in 4 Intensitätsstufen gemessen: Leiseste Stimme (I), Gesprächsstimme (II), Vortragsstimme (III), Rufstimme (IV). Die Singstimme wurde durch Minimum und Maximum der Frequenz und des Schalldruckpegels (SPL) sowie durch die maximale Phonationsdauer (MPT) charakterisiert. Die statistische Auswertung erfolgte mit Hilfe multivariater Varianzanalyse, wobei für das Alter der Probanden adjustiert wurde.

Ergebnisse: Es wurden insgesamt 586 weibliche und 542 männliche Probanden zwischen 40 und 79 Jahren untersucht. Höhere DHEAS-Spiegel waren bei männlichen Probanden signifikant mit einer niedrigeren minimalen Frequenz der Singstimme assoziiert. Für alle übrigen Hormone konnten weder bei Frauen noch bei Männern signifikante Zusammenhänge zu den Parametern der Sprech- und Singstimme gezeigt werden.

Diskussion: Es gibt nur wenige Studien, die bei Erwachsenen den Zusammenhang zwischen Hormonspiegeln und der Stimme untersuchen. Einige Studien zeigen eine Assoziation zwischen Testosteron und der Frequenz der Stimme bei Männern. Dies konnten wir in unserer Analyse trotz hoher Fallzahl nicht bestätigen. Assoziationen zum DHEAS-Spiegel wurden bislang nicht untersucht. Im Einklang mit unserer Studie konnten Celik et al. zeigen, dass es bei Frauen keinen Zusammenhang zwischen Hormonen und Stimmparametern gibt.


Text

Hintergrund

Hormonelle Faktoren beeinflussen die menschliche Stimme. Ziel der vorliegenden Studie war es, in einem querschnittlichen Ansatz die Assoziation zwischen Sexualhormonspiegeln und Parametern der Sprech- und Singstimme in einer erwachsenen Normalbevölkerung zu untersuchen. Bisherige Studien zeigten einen Zusammenhang zwischen hohem Testosteron und einer niedrigen Stimmfrequenz bei Männern [1], [2], eine weitere Studie konnte einen Zusammenhang zwischen niedrigen Östrogenkonzentrationen und einer hohen Sprechstimmfrequenz bei älteren Männern zeigen [3]. Für Frauen konnte gefunden werden, dass das menopausal bedingte Absinken der Frequenz durch eine Hormonersatztherapie wieder rückgängig machbar war [4], was auch hier auf einen Zusammenhang zwischen Stimmfrequenz und Sexualhormonen hinweisen könnte. Zu Zusammenhängen mit dem Schalldruckpegel ist unseres Wissens nach bisher noch nichts bekannt. Eine Studie zum Zusammenhang zwischen Stimmparametern und dem Menstruationszyklus konnte trotz subjektiv wahrgenommener Veränderungen der Stimme keine objektiven Veränderungen nachweisen [5].

Material und Methoden

Im Rahmen der bevölkerungsbezogenen Studie für Erwachsene des Leipziger Forschungszentrums für Zivilisationserkrankungen (LIFE) wurde bei 1.128 Probanden ein Sing- und Sprechstimmumfangsprofil (DIVAS Stimmanalyse von XION medical, Berlin) und folgende Hormone im Serum gemessen: luteinisierendes Hormon (LH), Follikel-stimulierendes Hormon (FSH), bioverfügbares Testosteron (BAT) gemäß der Berechnung nach der Formel von Vermeulen [6], Dehydroepiandrosteron-Sulfat (DHEAS) und Estradiol. Das Sprechstimmprofil wurde in 4 Intensitätsstufen gemessen: Leiseste Stimme (I), Gesprächsstimme (II), Vortragsstimme (III), Rufstimme (IV). Die Singstimme wurde durch Minimum und Maximum der Frequenz und des Schalldruckpegels (SPL) sowie durch die maximale Phonationsdauer (MPT) charakterisiert. Die statistische Auswertung erfolgte mit Hilfe multivariater Varianzanalyse, wobei für das Alter der Probanden adjustiert wurde.

Ergebnisse

Es wurden insgesamt 586 weibliche und 542 männliche Probanden zwischen 40 und 79 Jahren untersucht. Höhere DHEAS-Spiegel waren bei männlichen Probanden signifikant mit einer niedrigeren minimalen Frequenz der Singstimme assoziiert. Für alle übrigen Hormone konnten weder bei Frauen noch bei Männern signifikante Zusammenhänge zu den Parametern der Sprech- und Singstimme gezeigt werden.

Diskussion

Bisher liegen nur wenige Studien vor, die einen Zusammenhang zwischen den Schwankungen in den Hormonspiegeln bei Erwachsenen und der Stimme untersuchen. Einige Studien zeigen einen Zusammenhang zwischen dem Testosteron und der Frequenz der Stimme bei Männern auf, diesen konnten wir nicht feststellen. Auswirkungen des DHEAS-Spiegels wurden bisher unseres Wissens nach nicht in Studien gezeigt. Nicht geklärt wird die Frage warum zwar DHEAS, nicht aber Testosteron einen Einfluss auf die Frequenz hat. Eine Studie von Celik konnte zeigen, dass es zwischen den Stimmparametern und den Hormonschwankungen der Frauen keinen Zusammenhang gab, dies geht auch aus unseren Daten hervor. Unseres Wissens ist dies die bislang größte Studie, in der querschnittlich der Zusammenhang zwischen aktuellen Spiegeln von Geschlechtshormonen und Parametern der Sing- und Sprechstimme untersucht wurde. Interessant ist insbesondere, dass trotz hoher Fallzahlen Zusammenhänge zwischen dem Testosteron und der Frequenz der Stimme weder für Frauen noch für Männer gezeigt werden konnten.


Literatur

1.
Dabbs Jr JM, Mallinger A. High testosterone levels predict low voice pitchamong men. Personality and Individual Differences. 1999;27(4):801-4. DOI: 10.1016/S0191-8869(98)00272-4 Externer Link
2.
Evans S, Neave N, Wakelin D, Hamilton C. The relationship between testosterone and vocal frequencies in human males. Physiol Behav. 2008;93(4-5):783–8. DOI: 10.1016/j.physbeh.2007.11.033 Externer Link
3.
Gugatschka M, Kiesler K, Obermayer-Pietsch B, Schoekler B, Schmid C, Groselj-Strele A, Friedrich G. Sex hormones and the elderly male voice. J Voice.2010;24(3):369-73. DOI: 10.1016/j.jvoice.2008.07.004 Externer Link
4.
D'haeseleer E, Depypere H, Claeys S, Baudonck N, van Lierde K. The impact of hormone therapy on vocal quality in postmenopausal women. J Voice. 2012;26(5):671.e1-7. DOI: 10.1016/j.jvoice.2011.11.011 Externer Link
5.
Celik O, Celik A, Atespare A, Boyaci Z, Celebi S, Gunduz T et al. Voice and speech changes in various phases of menstrual cycle. J Voice. 2013;27(5):622-6. DOI: 10.1016/j.jvoice.2013.02.006 Externer Link
6.
Vermeulen A, Verdonck L, Kaufman JM. A critical evaluation of simple methods for the estimation of free testosterone in serum. J Clin Endocrinol Metab. 1999 Oct;84(10):3666-72. DOI: 10.1210/jcem.84.10.6079 Externer Link