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32. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP)

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

24.09. - 27.09.2015, Oldenburg

Morphologie des unteren Vokaltraktes in Abhängigkeit von der Vokalbildung

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  • corresponding author presenting/speaker Alexander Mainka - Abteilung Phoniatrie und Audiologie, HNO-Klinik, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland
  • author Anton Poznyakovskiy - HNO-Klinik, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland
  • author Dirk Mürbe - Abteilung Phoniatrie und Audiologie, HNO-Klinik, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 32. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Oldenburg, 24.-27.09.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc33

doi: 10.3205/15dgpp17, urn:nbn:de:0183-15dgpp173

Veröffentlicht: 7. September 2015

© 2015 Mainka et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Hintergrund: Vokalbildung ist das Resultat artikulatorischer Einstellungen des Vokaltraktes (VT). Ausführlich beschrieben sind hierbei vokalabhängige Einstellungsvorgänge in Mundhöhle und Zungengrund. Die Morphologie des unteren VT hingegen, wurde bislang kaum in Zusammenhang mit Vokalbildung untersucht.

Material und Methoden: Dreizehn männliche Probanden (20–22 Jahre alt) - allesamt Gesangsstudenten der Hochschule für Musik „Carl Maria v. Weber“ Dresden wurden aufgefordert in einem 3T MR Tomograf (Fa. Siemens) einen Ton für ca. 10 Sekunden auszuhalten.

Dabei sollten die Vokale /a/, /e/, /i/, /o/ und /u/ auf der Tonhöhe A3 (220 Hz) ausgehalten werden.

Anschließend wurde anhand der MR-Daten der untere Vokaltrakt mittels Zentralpfad-gestützter Segmentierung dreidimensional rekonstruiert. Zum Vergleich der VT-Morphologie wurden jeweils ein standardisiertes Flächen- und Volumenmaß von Hypopharynx und Kehlkopfeingang sowie ein Längenmaß zur Bestimmung der Kehlkopfhöhe in Relation zur Halswirbelsäule herangezogen.

Mittels einer Varianzanalyse (ANOVA mit dem Innersubjektfaktor ‚Vokal‘) wurden dann die zwei Flächen- und Volumenmaße sowie der Larynxhöhe auf Vokalabhängigkeit untersucht.

Ergebnisse: Die untersuchten Flächen- und Volumenmaße zeigten eine signifikante Vokalabhängigkeit. Die statistische Analyse des Faktors ‚Vokal‘ als Innersubjektfaktor zeigte signifikante Effekte für die Querschnittsflächen von Kehlkopfeingang und Hypopharynx sowie für das Hypopharynxvolumen und die ermittelte Kehlkopfhöhe, jedoch nicht für des supraglottische Kehlkopfvolumen.

Diskussion: Entgegen bislang publizierter Daten zeigen sich beim Vergleich gehaltener Vokale vokalabhängige Einstellungsvorgänge auch für den unteren VT.

Fazit: Die Einstellungsvorgänge des VT bei der Vokalbildung sind komplex und beziehen auch untere Bereiche, in unmittelbarer Nähe zur Stimmquelle, wie Kehlkopfeingang und Hypopharynx ein. Durch strömungsmechanische Rückkopplungen ergeben sich Implikationen für die Phonation.


Text

Hintergrund

Vokalbildung ist das Resultat artikulatorischer Einstellungen des Vokaltraktes (VT). Ausführlich beschrieben sind hierbei vokalabhängige Einstellungsvorgänge in Mundhöhle und Zungengrund. Die Morphologie des unteren VT wurde in einer Studie von Takemoto als nicht vokalabhängig beschrieben [1]. Genauere Untersuchungen zur Vokalabhängigkeit der Morphologie des unteren Vokaltraktes sind bislang rar.

Methoden

Dreizehn männliche Probanden (Alter 20–22 Jahre) - allesamt Gesangsstudenten der Hochschule für Musik Carl Maria v. Weber Dresden wurden aufgefordert in einem 3T MR Tomograf (Fa. Siemens) einen Ton für ca. 10 Sekunden auszuhalten.

Dabei sollten die Vokale /a/, /e/, /i/, /o/ und /u/ auf der Tonhöhe A3 (220 Hz) in mittlerer Lautstärke ausgehalten werden. Anschließend wurde anhand der MR-Daten der untere Vokaltrakt dreidimensional rekonstruiert.

Zum Vergleich der VT-Morphologie wurden standardisiert je ein Flächen- und Volumenmaß von Hypopharynx und Kehlkopfeingang bestimmt: eine Kehlkopfeingangsfläche in Höhe der Aryhöcker, sowie ein Volumen von dieser Fläche abwärts bis zum unteren Rand der Taschenfalten als endolaryngeales Volumen (ELV), eine hypopharyngeale Querschnittsfläche ca. 1 cm oberhalb der Aryhöcker sowie ein hypopharyngeales Volumen (HPV) zwischen den beiden Flächen als Maß der Pharynxweite direkt oberhalb der Aryhöcker. Ferner wurde ein Längenmaß zur Bestimmung der Kehlkopfhöhe in Relation zur Halswirbelsäule ermittelt. Dabei wurde eine Hilfslinie vom Vorderrand des 1. Halswirbels bis zum vorderen oberen Rand des 7. Halswirbels gezogen und darauf das Lot in die Glottisebene gelegt. Als Larynxhöhe wurde dann der Abstand des Lotfusspunktes auf der Hilfslinie zum oberen, vorderen Rand des 7. Halswirbelkörpers gemessen.

Mittels einer Varianzanalyse (ANOVA mit dem Innersubjektfaktor „Vokal“ wurden die Flächen- und Volumenmaße sowie die Larynxhöhe auf Vokalabhängigkeit untersucht.

Ergebnisse

Die statistische Analyse des Faktors „Vokal“ als Innersubjektfaktor zeigte signifikante Effekte für die Querschnittsflächen von Kehlkopfeingang und Hypopharynx sowie für das Hypopharynxvolumen und die ermittelte Kehlkopfhöhe, jedoch nicht für das innere Kehlkopfvolumen (Abbildung 1 [Abb. 1], Abbildung 2 [Abb. 2]).

Diskussion

Entgegen bislang publizierter Daten zeigen sich beim Vergleich gehaltener Vokale vokalabhängige Einstellungsvorgänge auch für den unteren VT während der sängerischen Phonation.

Fazit

Die Einstellungsvorgänge des VT bei der Vokalbildung sind komplex und beziehen auch untere Bereiche in unmittelbarer Nähe zur Stimmquelle wie Kehlkopfeingang und Hypopharynx ein. Durch strömungsmechanische Rückkopplungen ergeben sich Implikationen für die Phonation [2]. Eine getrennte Betrachtungsweise von Artikulation und Phonation hat daher nur modellhaften Charakter.


Literatur

1.
Takemoto H, Adachi S, Kitamura T, Mokhtari P, Honda K. Acoustic roles of the laryngeal cavity in vocal tract resonance. J Acoust Soc Am. 2006;120(4):2228-38. DOI: 10.1121/1.2261270 Externer Link
2.
Mittal R, Erath BD, Plesniak MW. Fluid Dynamics of Human Phonation and Speech. Annu Rev Fluid Mech. 2013;45:437-67. DOI: 10.1146/annurev-fluid-011212-140636 Externer Link